Der Bundestag hat den Kongo-Einsatz der Bundeswehr mit breiter Mehrheit beschlossen und schickt damit erstmals seit der Somalia-Mission vor zwölf Jahren wieder Bodentruppen nach Afrika. FDP und Linkspartei stimmten am Donnerstag gegen die Beteiligung an der EU-Mission zur Absicherung der seit vier Jahrzehnten ersten freien Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Kongo am 30. Juli. Ihrer Ansicht nach hätten statt Soldaten zunächst mehr zivile Helfer zum Aufbau demokratischer Strukturen in das Land geschickt werden müssen. Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Reinhold Robbe, mahnte in der ARD, die Bundeswehr sei nicht vorbereitet auf Afrika. Er habe noch bei keinem Auslandseinsatz so viel Ablehnung unter den Soldaten erlebt.
Deutschland beteiligt sich mit 780 Soldaten an der rund 2000 Mann starken EU-Truppe und übernimmt die Führung des Einsatzes. Etwa 300 der deutschen Soldaten sollen in der Hauptstadt Kinshasa, die anderen im Nachbarland Gabun stationiert werden. Die Bundeswehr ist für die mögliche Rettung von Wahlbeobachtern zuständig. Das Mandat wurde für vier Monate erteilt - der Einsatz wird laut Verteidigungsministerium aber mit Vor- und Nachbereitung im Land sieben Monate dauern.
Grüne unterstützen den Einsatz ausdrücklich
440 Parlamentarier stimmten für den Einsatz, 135 dagegen, sechs enthielten sich. Die oppositionellen Grünen unterstützen die Mission ausdrücklich. Fraktionschef Fritz Kuhn erinnerte an den Völkermord in Ruanda und das Scheitern der internationalen Staatengemeinschaft. Nun hätten die Vereinten Nationen (UN) die Europäische Union um Hilfe gebeten. Es sei keine Lösung, einen Einsatz abzulehnen und sich danach "wieder wortreich" an den Klagen über mögliches Scheitern westlicher Hilfe zu beteiligen. Kuhn kritisierte aber wie die FDP die Vorbereitung des Einsatzes durch Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU). Jung hatte mit unterschiedlichen Angaben zu Zahlen und Zielen der Bundeswehr für erhebliche Verwirrung gesorgt.
Der SPD-Verteidigungspolitiker Walter Kolbow sagte, der Einsatz sei ein militärisches Mittel zum Erreichen des politischen Ziels, das zentralafrikanische Land zu stabilisieren. Die EU-Politik sei, die Probleme am Ort anzugehen, "bevor die Probleme zu uns kommen". SPD und Union sind der Auffassung, dass Frieden im Kongo, der eine Schlüsselrolle habe, "Signalwirkung für ganz Afrika" hätte. Der CDU- Politiker Eckart von Klaeden sagte, der EU-Einsatz solle auch dazu beitragen, dass die im Kongo so zahlreich vorhandenen Rohstoffe in fairer Weise abgebaut und auch von Deutschland genutzt werden können.
Linksfraktion fordert Wahlbeobachter
Die Linksfraktion fordert, statt Soldaten "zahlreiche und hochrangige Wahlbeobachter" zu entsenden. Die Entwaffnung der Milizen und der Kampf gegen die Korruption müssten stärker gefördert werden. Der FDP-Außenpolitiker Werner Hoyer sagte, er bezweifele, dass der Einsatz die für den Kongo wichtige Nachwirkung haben werde. "Mit der Absicherung von Wahlen kann Stabilität allein nicht erreicht werden." Im Bundestag gehe das Prinzip verloren, dass der Einsatz der Streitkräfte das letzte Mittel sein soll. Seine Fraktionskollegin Birgit Homburger sagte, die Bundesregierung werde ihr Ziel, in der Sieben-Millionen-Stadt Kinshasa mit der Militärpräsenz für Abschreckung zu sorgen, mit ein paar Hundert Soldaten nicht erreichen.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker forderte, die Bundeswehr solle mit der kongolesischen Armee die Wahrung von Menschenrechten trainieren. "Viele kongolesische Soldaten haben Blut an ihren Händen." Trotzdem werde die Bundeswehr mit ihnen zusammen arbeiten müssen, um einen sicheren Verlauf der Wahlen zu garantieren. Das Kinderhilfswerk "Terre des hommes" begrüßte die Absicherung der Wahlen, warnte aber vor zu hohen Erwartungen an den Friedensprozess.