Arenen sind hip in diesen WM-Zeiten. Jeder, der etwas auf sich hält, hat eine. Mindestens. Hamburg etwa, oder München, Schalke ohnehin, Adidas hat sogar extra eine gebaut, eine Kopie des Berliner Olympiastadions, maßstab eins zu sieben, mitten auf der Wiese vor dem Reichstag. Klar, dass auch das Parlament da nicht zurückstehen kann - und so ist Bundestagspräsident Norbert Lammert am Dienstag in den Genuß gekommen, die erste deutsche Bundestagsarena vorzustellen. Ab Mittwoch soll sie vier Wochen lang vorbeiziehende Fan-Horden zu einer zwanglosen, erfrischenden Unterrichtseinheit in Sachen Demokratie einladen. Alle haben eine Arena, aber eine Arena für alle, eine Volksarena, gibt's nur hier - zwischen dem Paul-Löbe-Haus des Bundestags und Merkels Kanzleramt.
1500 Quadratmeter demokratische Platikfolie
Wie alles, was derzeit in Berlin an öffentlichen oder quasi-öffentlichen Gebäuden gebaut wird, ist das Ding durchsichtig. Es liegt ganz in der Nähe des neuen, verglasten Hauptbahnhofs und der gläsernen Kuppel auf dem Reichstag ist es nachempfunden - kleiner freilich mit seinen 22 Metern Höhe, ohne Unterbau, und statt echtem Glas haben die Bauherren auch lieber 1500 Quadratmeter einer durchsichtigen, 0,2 Millimeter dünnen Spezialfolie über und zwischen Stahlträger spannen lassen. Das reicht, um die Idee einer transparenten Demokratie den Besuchern nahezubringen. Nicht reichen dürfte diese demokratischen Plastikkonstruktion allerdings, um auch der Sonne Einhalt zu gebieten. Selbst an diesem Dienstag, an dem Gewitterwolken den Himmel über Berlin beherrschen, reicht es schon, dass die Sonne nur ein paar Minuten ungehindert hervorsticht, und schon erhitzt sich die Bundestagsarena binnen Minuten auf obere Gewächshaustemperaturen. Erfüllt das Wetter in den kommenden Wochen auch nur annähernd, was man sich von einem halbwegs ordentlichen WM-Frühsommer erwarten darf, wird es in der Bundestagsarena garantiert heiß zugehen.
Infos im Stundentakt
In seinem Inneren ist das Bundestags-Gewächshaus dem Parlamentsplenum nachempfunden. Für jede der fünf im Parlament vertretenen Fraktionen gibt es Bankreihen, von der Linkspartei ganz auf der Linken bis hin zur FDP ganz rechts. Insgesamt 550 Besucher finden hier Platz, es gibt ein Rednerpult und dahinter auch jenes Podium, von dem aus der Bundestagspräsident gemeinhin die Sitzungen leitet. Ab Mittwoch können Touristen hier im Stundentakt alles erfahren, was sie schon immer über die Arbeit des deutschen Parlaments wissen wollten. "Wir haben uns dafür entschieden, die Zeit dieses Großereignisses für eine besondere Anstrengung zu nutzen, um auch auf die Arbeit des Parlamentes in besonderer Weise aufmerksam zu machen," erläuterte Bundestagspräsident Norbert Lammert am Dienstag bei der Vorstellung der Arena.
Die Arena kann alles - außer Fußball
Es gibt Filmchen, Broschüren, den üblichen Info-Schnickschnack, aber darüber hinaus will die PR-Abteilung des Parlaments demokratiesüchtige Fußballfans auch mit anderen Angeboten locken. Einige Ausschüsse sollen hier ihre Sitzungen abhalten, es gibt Diskussion, Abgeordnete können hier ihre Besuchergruppen verarzten. Nur Fußballspiele, die gibt es hier nicht zu sehen. Dafür muss man sich dann schon - ausschließlich mit Karte - zur Adidas-Arena hinüberbequemen, oder auch zur Fanmeile auf der Straße des 17. Juni zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule.
"Es gibt einen Haufen Spekulationen"
Die gläserne Kuppel des Reichstags sei schon während normaler Zeiten ausgelastet, klagte Lammert. Dem Andrang der WM-Besucher könne sie nie und nimmer gerecht werden. Deshalb habe sich der Bundestag nun für dieses Zusatzangebot entschieden. Wie groß das Interesse daran allerdings tatsächlich sein werde, das lasse sich nur schwer abschätzen. "Wir lassen uns alle davon überraschen, in welchem Umfang die Fans von diesem Angebot Gebrauch machen werden", sagte der CDU-Politiker. "Da geht es uns wie vielen anderen - von der FIFA bis zu Hoteliers und Reiseveranstaltern: Es gibt jede Menge Hoffnungen, es gibt manche Befürchtungen. Vor allem gibt es einen Haufen Spekulationen. Wie das am Ende dann eingedenk der Spielergebnisse tatsächlich werden wird, wissen wir erst, wenn das Ereignis stattgefunden hat."
Kostenpunkt: 2,47 Millionen Euro
Was die PR-Aktion des Parlaments kostet, ist allerdings schon jetzt bekannt: Rund 2,47 Millionen Euro. Davon, so der ursprüngliche Plan, sollten 1,3 Millionen Euro über Sponsoren abgedeckt werden. Ursprünglich, denn laut Recherchen des "Münchner Merkur" gibt es bislang nur Zusagen für rund 370.000 Euro. Lammert hält das mangelnde Sponsoren-Ereignis allerdings für kein gravierendes Problem. Die Ausgaben könnten aus dem laufenden Etat des Parlaments gedeckt werden, sagte er am Dienstag. Dann müsse eben an anderer Stelle gespart werden. "Mit dem Entschluss, diese Arena zu errichten, haben wir nie die Erwartung verbunden, dies könne ein Beitrag zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes sein", sagte der Bundestagspräsident.