Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus hat Bundesumweltminister Norbert Röttgen in der Debatte um längere Laufzeiten für Atomkraftwerke erneut attackiert. Der CDU-Politiker hielt seinem Parteikollegen vor, seine Aufgabe beim Thema Energie wäre "gutes Politikmanagement im Namen der CDU" gewesen. "Mich stört, dass er das nicht getan hat", sagte Mappus der "Süddeutschen Zeitung" (Samstag). Zugleich warnte er davor, die Atomkonzerne abzukassieren.
Mappus plädierte dafür, dass zusätzliche Einnahmen aus einer Laufzeitverlängerung "eins zu eins in erneuerbare Energien" fließen. Wenn es wie Abkassieren aussehe, würden die Leute es nicht akzeptieren. "Ich will nicht, dass das Geld im Haushalt verschwindet, wie es bei der Brennelementesteuer der Fall wäre", sagte er.
Die neue Atomsteuer soll von 2011 an erhoben werden und bis 2014 insgesamt 9,2 Milliarden Euro einbringen. Sie soll nach Vorstellungen in der Koalition unabhängig von längeren Laufzeiten erhoben werden. Daneben sollen die Stromkonzerne eine zusätzliche Abgabe zahlen, mit der ein Großteil der Milliarden-Zusatzgewinne aus längeren Betriebszeiten abgeschöpft werden sollen. Damit soll der Ausbau der Öko-Energien gefördert werden.
SPD-Chef Sigmar Gabriel warnte ebenso wie der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck die Bundesregierung erneut davor, bei einer Laufzeitverlängerung den Bundesrat zu umgehen. Sollte die Länderkammer an der Entscheidung nicht beteiligt werden, werde man vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, bekräftigte Gabriel in der "Bild am Sonntag".
Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) blieb dagegen bei der Ansicht, dass der Bundesrat der Laufzeitverlängerung nicht zustimmen muss. "Das ist meine feste Überzeugung", sagte er den Dortmunder "Ruhr Nachrichten" (Samstag). Die Wirtschaftsflügel von Union und FDP wollen, dass Kernkraftwerke mindestens 15 Jahre länger am Netz bleiben dürfen - sein Parteifreund, Umweltminister Röttgen hält nur eine moderate Laufzeitverlängerung für vertretbar.
Das CDU/FDP-regierte Schleswig-Holstein hat einem Bericht des Magazins "Der Spiegel" zufolge die Teilnahme an einer Bund-Länder- Arbeitsgruppe aufgekündigt, in der darüber beraten wird, wie die Reaktoren im Falle längerer Laufzeiten nachgerüstet werden sollen. Das Ziel, übergeordnete Anforderungen zu definieren, sei "nicht erreicht worden", heiße es in einem Brief aus Kiel. Schleswig- Holsteins Regierungssprecher Knut Peters bestätigte dies am Samstag der Nachrichtenagentur dpa in Kiel.
Schleswig-Holstein fordere vom Bund ein "geschlossenes, anspruchsvolles" Konzept, hieß es im "Spiegel". Offenbar genüge es dem Bundesumweltministerium, ältere Reaktoren auf den Stand der jüngeren Anlagen zu bringen. Dagegen hält die Atomaufsicht in Kiel umfangreiche Nachrüstungen an alten Anlagen für notwendig.
Gabriel betonte, die SPD werde nicht zulassen, dass die Bundesregierung einen Kuhhandel mit der Atomwirtschaft betreibe. "Alte und störfallanfällige Atommeiler wie Biblis A weiterlaufen zu lassen, nur um im Gegenzug von der Atomwirtschaft Geld durch eine Brennelementesteuer zu bekommen, ist ein unverantwortlicher Deal. Das werden wir stoppen", sagte er. Auch Ministerpräsident Beck wandte sich in der "Rheinpfalz am Sonntag" gegen ein solches "Handelsgeschäft".

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RWE-Vorstandschef Jürgen Großmann sagte dem Magazin "Focus": "Wir halten es für sinnvoller, dass dieses Geld in einen Fonds für Erneuerbare Energie fließt allein schon um die hohen europarechtlichen Risiken einer Brennelementesteuer zu vermeiden."