Große Koalition Schröder sorgt für neuen Knatsch

Die große Koalition kommt nicht zur Ruhe: Jetzt hat Gerhard Schröder für neue Misstöne im Regierungsbündnis gesorgt. Der Altkanzler hatte Angela Merkel wegen ihres kritischen Umgangs mit der russischen Regierung kritisiert. Konter der Union: Schröder sei neidisch auf die Erfolge der Kanzlerin.

Die neuerliche Kritik von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) an der Außenpolitik seiner Nachfolgerin Angela Merkel (CDU) belastet nun zusätzlich das Klima in der großen Koalition. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) warf Schröder jetzt Neid vor, nachdem dieser laut Medienberichten zuvor der Kanzlerin mit Blick auf ihre DDR-Herkunft eine falsche Russland-Politik vorgehalten hatte. Der stellvertretende Unions-Fraktionschef Wolfgang Bosbach (CDU) nannte Schröders Aussagen stillos. Merkel selbst bezeichnete es nach ihrem Treffen mit dem italienischen Ministerpräsidenten Romano Prodi als "Binsenweisheit", dass Erfahrungen aus der Vergangenheit auch die Persönlichkeit prägen.

Schröder hatte Merkel laut "Handelsblatt" in einer Rede auf einer Veranstaltung der Quandt-Stiftung jüngst vorgehalten, sie lasse sich in der Außenpolitik zu sehr von Emotionen leiten, die ihre Ursache in dem früheren Leben in der DDR hätten.

Gefährlicher Weg für deutsch-russische Beziehungen

In dem der Nachrichtenagentur DPA vorliegenden Redemanuskript heißt es in der entsprechenden Passage mit Blick auf das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland: "Wenn man die Diskussionen der letzten Zeit verfolgt, gewinnt man den Eindruck, dass manche für eine Distanzierung, ja sogar eine Gegnerschaft zu Russland eintreten. Ich halte diesen Weg für falsch, geradezu für gefährlich. Wir dürfen nicht auf diejenigen hören, die wieder Mauern, diesmal rhetorische und ideologische, aufbauen wollen. Manche tun dies mit dem Verweis auf ihre Biografie, die Erfahrung mit Systemen wie der DDR. Ich habe Verständnis für manche Emotionalität. Aber die Frage ist, ob es klug ist, sich in der internationalen Politik davon leiten zu lassen. Ich bin davon überzeugt: Nein."

Aus Schröders Büro hieß es dazu, dass sich der Altkanzler auf einer Auslandsreise befinde. Er könne deshalb nicht befragt werden könne, ob die Aussagen tatsächlich so, wie im Manuskript wiedergegeben, gefallen seien.

Kauder sagte der DPA: "Dank Angela Merkel hat Deutschland nach Schröders Regierungsjahren endlich wieder Bedeutung und Gewicht. Schröder ist neidisch darauf, dass Angela Merkel erfolgreicher ist als er. Zu seinen Äußerungen gilt die alte Volksweisheit: Wes' Brot ich ess, des' Lied ich sing." Damit spielte Kauder darauf an, dass Schröder derzeit Aufsichtsratsvorsitzender der vom russischen Energieriesen Gasprom beherrschten Gesellschaft zum Bau der Ostseepipeline ist.

Bosbach sagte, für ihn seien die Aussagen unverständlich. Ihm sei eine Kanzlerin lieber, die mit Emotionen Außenpolitik betreibe, als ein Kanzler, der die Außenpolitik emotionslos an sich vorbei ziehen lasse. Der stellvertretende Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Hans-Ulrich Klose (SPD), sagte der Zeitschrift "Vanity Fair", irgendjemand solle Schröder erklären, was guter Stil sei. Der Altkanzler verletze den Grundsatz der nachwirkenden Solidarität: Die ehemalige Nummer eins äußere sich niemals zur amtierenden Nummer eins.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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"Gefühle des chinesischen Volkes verletzt

Bereits vor zwei Wochen hatte Schröder Merkel in Peking nach einem anderen Medienbericht wegen ihres Treffens mit dem Dalai Lama kritisiert. Er bedauere, dass "die Gefühle des chinesischen Volkes verletzt" worden seien, wurde Schröder damals von der Zeitung "China Daily" zitiert. Das chinesische Außenministerium hatte sich in seiner empörten Reaktion auf den ersten Empfang des tibetischen Religionsführers durch einen deutschen Regierungschef im September ebenso geäußert.

Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckart von Klaeden, warf Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zu große Nähe zum früheren Bundeskanzler Schröder vor. "Steinmeier muss sich von Schröder emanzipieren, besonders in der Russland- und China- Politik", sagte Klaeden dem "Tagesspiegel". Zuletzt sei der Eindruck entstanden, dass Steinmeier versuche, eine Politik umzusetzen, die konzeptionell von Schröder bestimmt werde. Schröder habe sich in Peking die Wortwahl der chinesischen Regierung zu eigen gemacht, sagte Klaeden. "Dem hätte Steinmeier widersprechen müssen", so der CDU-Politiker weiter. So aber sei Peking ermutigt worden, mit der Ausladung von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) weiter auf eine Verschärfung der Beziehungen zu setzen.

DPA
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