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"Hart aber fair" Söder oder Laschet – es gibt nur Verlierer

Bei "Hart aber fair" diskutiert Frank Plasberg mit seinen Gästen über das Duell Armin Laschet vs. Markus Söder
Bei "Hart aber fair" diskutiert Frank Plasberg mit seinen Gästen über das Thema: Showdown der Kandidaten – verstolpert die Union das Kanzleramt?
© WDR / Oliver Ziebe
Bei "Hart aber fair" ging es um die Kanzlerkandidatenfrage zwischen Söder und Laschet. Dabei sollten eigentlich andere Themen im Mittelpunkt stehen.
Von Andrea Zschocher

"Das ist ein ziemliches Drama, was da passiert in der Union", erklärte Journalistin Kristina Dunz. Ein "Führungsversagen in beiden Parteien" nannte es Publizist Albrecht von Lucke. Im Prinzip war damit alles gesagt. Weil eine Sendung "Hart aber fair" aber 75 Minuten dauert, wurde anschließend noch in die Tiefe das Sendungsthema "Showdown der Kandidaten – verstolpert die Union das Kanzleramt?" erörtert.

Zu Gast bei "Hart aber fair" waren:

  • Kristina Dunz, Journalistin, stellv. Leiterin des Hauptstadtbüros des Redaktionsnetzwerks Deutschland
  • Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen
  • Lars Klingbeil, SPD-Generalsekretär
  • Alexander Graf Lambsdorff (FDP), stellv. Fraktionsvorsitzender
  • Markus Blume, CSU-Generalsekretär
  • Albrecht von Lucke, Publizist, Jurist und Politikwissenschaftler

Selbstverständlich hielt die "Hart aber fair"-Sendung noch weitere orakelige Momente der anderen Gäste bereit. Lars Klingbeil vermutete, "es gibt jetzt Verlierer, einer wird danach Probleme haben, im Amt zu bleiben". Alexander Graf Lambsdorff warb eher behäbig darum, "ein bisschen auf die Perspektive zu sehen". Herbert Reul nutzte die Sendung, um Armin Laschet ins rechte Licht zu rücken, während Markus Blume das gleiche für Markus Söder versuchte.

Es gibt Wichtigeres als die Kandidatenfrage

Die VerliererInnen: Die BürgerInnen dieses Landes, die nun einem weitere Polittheater beiwohnen müssen, während es gerade wahrlich dringendere Dinge zu klären gäbe. Immerhin haben wir noch immer Pandemie, die Lage spitzt sich zu, Krankenhäuser stehen kurz vor der Überfüllung und Familien vor dem Burnout. Es gibt Wichtigeres, sehr viel Dringenderes zu besprechen, aber der Fokus wird von diesen Themen genommen, um ihn auf der Kanzlerkandidatenfrage zu bündeln.

Personalfrage soll in wenigen Tagen abgeschlossen sein

Die Union versichert, sie sei natürlich in der Lage ihre politische Verantwortung weiterhin zu tragen, das Regieren in der Koalition würde nicht überschattet von dieser Personalfrage. Aber wenn wir alle in den letzten Monaten eins gelernt haben, dann ja wohl, dass Multitasking keine gute Idee ist. Herbert Reul und Markus Blume versicherten beide, dass das Verfahren ja innerhalb weniger Tage abgeschlossen sei, das würde das Land eigentlich kaum tangieren. Nur stimmt das eben nicht, denn der Fokus der Medien liegt auf diesem Thema, statt auf so vielen anderen, die auch wichtig sind. Wie geht es Familien in dieser Zeit? Wieso verschiebt sich der Inzidenzwert, ab dem gehandelt werden muss, immer weiter nach oben? Was macht dieser monatelange Teil-Lockdown (denn mehr ist es ja an vielen Stellen nicht) mit Menschen? Das sind wichtige Themen, aber der Fokus wird von ihnen genommen, um Eitelkeiten zweier Männer zu bedienen, von denen einer sich immer besser darstellt, als er eigentlich ist, und der andere schon auch mit zweifelhaften Deals in Verbindung gebracht wird.

"Hart aber fair": Söder oder Laschet – es gibt nur Verlierer

Alphamänner brauchen die große Bühne

Wieso ist die Kanzlerfrage überhaupt jetzt ein Thema? Warum muss darüber öffentlich debattiert und gestritten werden? Hätten die Alphamännchen sich nicht im stillen Kämmerlein einigen können und einfach den aus ihren Augen geeignetsten Kandidaten benennen können? Warum braucht das alles immer die große Inszenierung? Auch der Zeitpunkt ist maximal irritierend. Dass die Bundestagswahl in diesem Jahr ansteht, das ist nicht erst seit gestern bekannt. Und der bayrische Ministerpräsident wird auch nicht aus einer Laune heraus am Wochenende beschlossen haben, sein Interesse zu bekunden. Dahinter steckt Kalkül und die Frage muss erlaubt sein, wieso nun jetzt dieses Thema aufgemacht wird.

Luxusproblem in der Union

Als "Luxusproblem" empfindet es der Generalsekretär der CSU, dass die Union zwischen zwei Kanzlerkandidaten wählen dürfe, und das sei auch kein Akt, der den politische Betrieb in Deutschland aufhalten würde. Dieses Luxusproblem bleibt aber ein Problem und es ist eines, dass in diesen Zeiten niemand braucht. Im Gespräch zwischen Reul und Blume wird die Spaltung der Union bereits innerhalb weniger Minuten deutlich. "Die Schwesterparteien werden in den Abgrund schauen, in den sie schon 2017 geschaut haben", erinnerte die Journalistin Kristina Dunz. Und auch Alexander Graf Lambsdorff sieht sich zu einer Metapher genötigt: Ihn erinnere die aktuelle Situation an 2018, als Delegationen von CDU und CSU sich trafen, "Nordkorea und Südkorea" wie er sagte. "Das will niemand mehr erleben."

Zukunftsweisende Politik

Die BürgerInnen wollen das auch deswegen nicht erleben, weil es ablenkt von dem, was in diesen Zeiten wichtig ist. Insofern ist fast zu erwarten, dass die WählerInnen diesen Machtkampf an der Wahlurne entsprechend quittieren und den dann designierten Kandidaten eben doch nicht zum Kanzler wählen. Denn Umfragewerte und Trends hin oder her, entschieden wird so eine Wahl immer noch an der Urne und nicht im Vorfeld.

"Krass" fand Alexander Graf Lambsdorff, dass Markus Söder zunächst erklärte, die Entscheidung der großen Schwester CDU zu akzeptieren, und es dann doch nicht zu tun. Das sei eine Art Revolution und durch diese populistische Vorgehensweise sei das Vertrauen dann beschädigt. Lars Klingbeil glaubt, der Streit wäre "vermeidbar gewesen" und mahnte, dass der alte Leitsatz: "Erst das Land, dann die Partei" bei der Union gerade eben leider nicht gelte.

Weitere Themenpunkte:

Wer hält dieses Jahr die Neujahrsansprache? Während Alexander Graf Lambsdorff, Herber Reul und Albrecht von Lucke an Armin Laschet als Kanzler glauben, setzte Lars Klingbeil naturgemäß auf Olaf Scholz. Aus der Reihe tanzte nur Journalistin Dunz, die glaubt, dass Angela Merkel am 31.12.21 noch einmal sprechen wird, weil sich die Koalitionsverhandlungen so lange hinziehen, dass sie übergangsweise einspringen muss.

Wie wichtig sind Umfragen? Während sie für Markus Söder ein Trumpf sind, den er konsequent ausspielt, weil seine Werte gut sind, halten die Anwesenden in der "Hart aber fair"-Runde sie für nur bedingt aussagekräftig. Denn Umfragen zeigen eben nur Momentaufnahmen.  Was die BürgerInnen jetzt brauchen ist kein Gegockel um Posten, sondern verlässliche Politik, die die aktuell angespannte Coronasituation in den Blick nimmt und zukunftsweisend agiert. Das betrifft aber die Zukunft des gesamten Landes und nicht das eigene politische Vorankommen. 

mad

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