Klagen gegen ESM und Fiskalpakt Karlsruhe verhandelt mündlich über Eurorettung

Im Rechtsstreit über die Eurorettung geht es Schlag auf Schlag: Am 10. Juli will das Verfassungsgericht über die Eilanträge gegen ESM und Fiskalpakt verhandeln - ungewöhnlicherweise mündlich.

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt am 10. Juli über die Eilanträge gegen den Eurorettungsschirm ESM und den europäischen Fiskalpakt. Das teilte das Gericht am Montag in Karlsruhe mit. Die Kläger wollen verhindern, dass Bundespräsident Joachim Gauck die Zustimmungsgesetze zu den Maßnahmen unterzeichnet, bevor das Gericht im Hauptsacheverfahren über deren Rechtmäßigkeit entschieden hat.

Der zweite Senat hat eine mündliche Verhandlung angesetzt. Der Schritt ist ungewöhnlich, denn üblicherweise treffen die Richter Entscheidungen über Eilanträge anhand der Schriftsätze. Um die Frage, ob ESM und Fiskalpakt gegen das Grundgesetz verstoßen, geht es dann noch nicht; dies bleibt der gründlichen Prüfung der Klagen vorbehalten. Vielmehr wägen die Richter zunächst nur ab, welche Rechtsfolgen für Kläger und Beklagte ein Urteil in die eine oder andere Richtung hätte. So wären die Unterschriften Gaucks nicht mehr rückgängig zu machen, auch wenn das Gericht am Ende den Einwänden der Kläger recht geben sollte.

Bei früheren Verfahren hatten die Richter allerdings öfter Hinweise gegeben, in welche Richtung ihre erste Einschätzung tendiert. Denn das Gericht wirft bei seiner Prüfung auch einen Blick auf die Gesetze selbst und schätzt kritische Punkte ab. Mit einer Entscheidung wird bis Ende Juli gerechnet.

"Dieser ESM ist ein Putsch gegen das Grundgesetz"

Direkt nach Verabschiedung der Gesetze in Bundestag und Bundesrat am Freitagabend waren die ersten Klagen in Karlsruhe eingegangen. Kläger sind unter anderem die Fraktion der Linken im Bundestag sowie der Verein "Mehr Demokratie", dessen Verfassungsbeschwerde sich nach Angaben des Gerichts mehr als 12.000 Bürger angeschlossen haben; die Beschwerde wird von der früheren Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) und dem Leipziger Staatsrechtler Christoph Degenhart vertreten.

Auch der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler und eine Gruppe von Klägern um den Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider haben Eilanträge gestellt. Die Freien Wähler haben mittlerweile angekündigt, sich der Schachtschneider-Klage anzuschließen. "Wir Freien Wähler sagen eindeutig, dieser ESM ist ein Putsch gegen das Grundgesetz", erklärte der Bundesvorsitzende Hubert Aiwanger am Montag in Berlin. In Karlsruhe liegen inzwischen weitere Klagen gegen die Eurobeschlüsse vor, über die aber nicht mündlich verhandelt wird.

Kritiker sehen Demokratieprinzip verletzt

Die Klagen richten sich gegen die Gesetze zum Vertrag zur Einrichtung des permanenten Eurorettungsschirms ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus), zum Europäischen Fiskalpakt sowie zur einer Änderung des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, mit dem die Einführung eines Stabilitätsmechanismus für Eurostaaten ermöglicht wird. Das Gericht hat Bundespräsident Gauck gebeten, bis zur Entscheidung über die Eilanträge mit der Unterschrift zu warten.

Die Kläger beanstanden im Wesentlichen eine Verletzung des Demokratieprinzips. Da der ESM-Vertrag zu einer unbegrenzten Haftung der Bundesrepublik führen könne, seien die eingegangenen Risiken nicht verantwortbar. Die EU werde zu einer Haftungs- und Transferunion. Der Fiskalpakt schränke mit seinen Regelungen zur Schuldenbegrenzung die Haushaltshoheit des Bundestags in unzulässiger Weise ein.

DPA · Reuters
mad/DPA/Reuters