An diesem Freitag berät der Bundestag erstmals über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Klimaschutzgesetzes, danach geht es in die parlamentarischen Beratungen. Der Entwurf der Bundesregierung sieht eine Abschaffung der bisher verpflichtenden jährlichen Ziele bei der Emissionsverringerung für einzelne Wirtschaftsbereiche wie Verkehr oder Gebäude vor. Stattdessen sollen Prognosen für das Erreichen der Klimaziele insgesamt in den Vordergrund rücken. Zielverfehlungen in einem Bereich können künftig mit Fortschritten in anderen Sektoren verrechnet werden.
Doch die Reform ist höchst umstritten. Umweltverbände laufen Sturm und auch die Opposition äußert scharfe Kritik. Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Was ist das Klimaschutzgesetz?
Mit dem Bundes-Klimaschutzgesetz wurden im Jahr 2019 die Klimaschutzziele in Deutschland erstmals verbindlich geregelt. Für einzelne Sektoren wie Industrie, Energiewirtschaft, Verkehr und Gebäude wurden bis 2030 zulässige Jahresemissionsmengen festgelegt. Kernpunkt ist folgender Mechanismus: wenn Sektoren Vorgaben verfehlen, müssen die zuständigen Ressorts der Bundesregierung in Form von Sofortprogrammen nachsteuern – um die Einhaltung der Emissionsmengen sicherzustellen.
Im vergangenen Jahr überschritten die Sektoren Gebäude und Verkehr die gesetzlichen Zielwerte. Die Regierung legte ein generelles Klimaschutzprogramm vor, damit eine "Klimalücke" beim Einsparen von Treibhausgasen kleiner wird – und sah damit die Pflicht zum Nachsteuern im Verkehr und bei Gebäuden als erfüllt an.
Wie lauten die deutschen Klimaziele?
Bis 2030 will Deutschland 65 Prozent an Treibhausgasen weniger ausstoßen als 1990. Zurzeit beträgt die Minderung laut Umweltbundesamt rund 41 Prozent. Bis 2045 will Deutschland laut selbst gestecktem Ziel klimaneutral sein, also nicht mehr Treibhausgase ausstoßen als auch wieder gebunden werden können.
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Wie entwickelt man Produkte, die in der Herstellung wenig Rohstoffe und Energie benötigen, in der Logistik die Umwelt gering belasten sowie gut recyclebar und langlebig sind? Das sind typische Fragen des Ecodesigners. Die Disziplin betrachtet den gesamten Lebenszyklus von Produkten. Von der Extraktion der Materialien, über die Weiterverarbeitung und Veredelung, die Logistik bin hin zur Nutzung und des Recyclings. Die Bachelor- und Masterstudiengänge laufen auch unter den Bezeichnungen Nachhaltiges Design und Ökodesign. Die älteste und immer noch einzige Akademie, die sich grundlegend und wissenschaftlich umfassend auf nachhaltiges Design spezialisiert hat ist die 1994 in Köln gegründete "ecosign". Seit 2022 kooperiert sie mit der Hochschule Fresenius. Hier geht es im Studium nicht ausschließlich um das schöne Äußere, es werden ebenso Nachhaltigkeit-Kompetenzen vermittelt. „Die beruflichen Perspektiven der Studierenden sind vielfältig. Die Nachfrage reicht von Design- oder Beratungsagenturen über wissenschaftliche Institutionen bis hin zur Industrie", sagt Professor Jörg Gätjens, zuständig für den Bereich des nachhaltigen Produktdesigns an der ecosign/Akademie für Gestaltung. Wie bei vielen privaten Hochschulen üblich, ist auch Ecosign nach eigenen Angaben sehr gut mit potenziellen Arbeitgebern vernetzt. Das BA-Studium kostet derzeit 685 Euro pro Monat bei einer Studienzeit von acht Semestern bis zum Bachelor. Darüber hinaus werden auch Masterstudiengänge sowie ein Studium des Nachhaltigen Design Managements angeboten. Hier werden Management-Kompetenzen vermittelt, um zum Beispiel in Unternehmen für die Einhaltung des neuen Lieferkettengesetzes zu sorgen oder EU-Richtlinien zur Nachhaltigkeit umzusetzen. Beispiele für gutes nachhaltiges Design gibt es auf der Homepage des "Bundespreises Ecodesign" zu sehen.
Was soll sich nun ändern?
Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung soll die Einhaltung der Klimaziele nicht mehr rückwirkend nach den verschiedenen Sektoren kontrolliert werden – sondern in die Zukunft gerichtet, mehrjährig und sektorübergreifend. Die Bundesregierung als Ganzes soll künftig entscheiden, in welchem Sektor und mit welchen Maßnahmen die zulässige CO2-Gesamtmenge bis 2030 erreicht werden soll – allerdings erst, wenn es zwei Jahre in Folge zu einer Zielverfehlung kommt.

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Vorgaben zur Emissionsminderung in den einzelnen konkreten Sektoren sollen damit abgeschafft werden. Hinsichtlich einer Überschreitung der Jahresemissionsgesamtmengen sollen künftig laut Gesetzentwurf Projektionsdaten zur Bewertung herangezogen werden, um eine "vorausschauende Betrachtung" vorzunehmen.
Die Ressorts, in deren Zuständigkeit Klimaziele verfehlt werden, hätten weiter eine "politische Verantwortung", sagte Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) im Juni bei der Vorlage der Pläne. Das bisherige Gesetz sehe auf dem Papier gut aus, habe in der Realität aber zu wenig bewirkt, sagte Habeck: "Keine Sau hat sich daran gehalten."
Sehen Sie im Video: Schadet die Letzte Generation dem Klimaschutz? Ein Aktivist streitet mit einer FDP-Politikerin über die Proteste.

Wie steht die Ampel-Koalition zur Reform?
Vor allem die FDP drängte bereits während der Koalitionsverhandlungen 2021 auf eine Reform des Klimaschutzgesetzes. Die Grünen setzten im Gegenzug durch, dass der Kohleausstieg um acht Jahre auf 2030 vorgezogen werden soll. Die FDP stellt mit Volker Wissing den Verkehrsminister, der Verkehr ist eines der Klima-Sorgenkinder.
FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner sagte im Juni, die Ambition der Regierung bleibe hoch, aber die Umsetzung erfolge marktwirtschaftlicher. Künftig könne und solle Klimaschutz dort beschleunigt werden, wo die Effizienz am größten ist. "So können wir unrealistische Vorgaben in Sektoren wie Mobilität und Gebäuden, die zu drastischen Eingriffen in den Alltag der Menschen führen müssten, abwenden."
Um Ziele im Verkehr einzuhalten, gibt es viele Vorschläge von Umweltverbänden: ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen, einen Abbau der steuerlichen Vorteile von Dienstwagen oder eine Umgestaltung der Pendlerpauschale – alles politisch sehr umstritten.
Warum laufen Umweltverbände dagegen Sturm?
Ein Bündnis von Umweltorganisationen hat die geplante Reform des Klimaschutzgesetzes scharf kritisiert – und vor einer Verwässerung der Ziele im Kampf gegen die Erderwärmung gewarnt. Die Bundesregierung wolle "die verbindlichen Sektorziele abschaffen und damit handlungsunwillige Minister von der Pflicht zur Nachsteuerung entlassen", erklärte die Klima-Allianz. Das Bündnis aus rund 150 Organisationen kritisiert die geplante Streichung der Sektorziele als "Abschwächung des zentralen und wegweisenden klimapolitischen Rahmengesetzes in Deutschland". Die Bundesregierung kaufe damit Verkehrsminister Wissing davon frei, "seinen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten", betonte die politische Geschäftsleiterin der Klima-Allianz Stefanie Langkamp. Dies geschehe "auf Kosten kommender Generationen und all jener, die schon heute unter der Klimakrise leiden".
Die Klimaschützer fordern stattdessen den Bundestag auf, das Gesetz so nachzuschärfen, dass künftige Regierungen die Klimaziele tatsächlich einhalten. In Zukunft müssten handfeste Mechanismen greifen, die eine Emissionsminderung auf den Weg bringen. "Nur so kann verhindert werden, dass Regierungen sich immer und immer wieder über das Gesetz hinwegsetzen", mahnte Langkamp.
Greenpeace-Sprecher Thilo Maack sagte: "Deutschland hängt beim Klimaschutz nachweislich hinterher und dieses Klimaschutzgesetz will das Tempo weiter drosseln – das darf nicht passieren." Die Klimakrise sei zu gefährlich, um die nötigen Maßnahmen mit langwierigen Überprüfungen weiter auszusitzen. Wenn das Haus brennt, braucht man kein Thermometer, man braucht dann einen Feuerlöscher."
Wer äußert noch Kritik?
Kritik kommt auch aus der Opposition. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Andreas Jung (CDU), hat die Pläne der Ampel-Koalition zur Reform des Klimaschutzgesetzes scharf kritisiert. "Das ist ein Rückschritt für den Klimaschutz", sagte Jung der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". Die Ampel entkerne das Klimaschutzgesetz und stelle so die Verlässlichkeit des Wegs zur Klimaneutralität 2045 in Frage.
"Die Bundesregierung verstößt seit letztem Jahr gegen das Klimaschutzgesetz", sagte Jung. "Anstatt es endlich einzuhalten, wird es jetzt geschliffen." Das Vorhaben sei der "klimapolitische Offenbarungseid der Ampel". Jung äußerte Unverständnis darüber, dass die Grünen die Reform mittragen. "Wäre das ein CDU-Gesetz, die Grünen würden auf allen Marktplätzen der Republik demonstrieren", sagte er.
Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie sieht die Reform skeptisch. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Holger Lösch sagte, die Bundesregierung bestätige mit der Novelle des Gesetzes erneut die "sehr ehrgeizigen" Klimaziele Deutschlands. "Unklar bleibt jedoch weiterhin, wie diese Ziele erreicht werden sollen." Die hohen Energiekosten seien eine enorme Belastung für die Industrie. "Die Bundesregierung muss schnell abgestimmte Antworten finden, um die drohenden Verlagerungen von Investitionen und Produktion ins Ausland zu verhindern."