Die Union macht sich nach dem wochenlangen Steuerstreit für einen Neuanfang der schwarz-gelben Koalition stark. Nach dem Dreikönigstreffen der FDP sei nun die "Gelegenheit zum Neustart" des Regierungsbündnisses, sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) am Donnerstag bei der Klausur der CSU-Landesgruppe in Wildbad Kreuth. CSU-Chef Horst Seehofer schloss sich dem an: Solch ein Neustart "wäre wünschenswert", erklärte der bayerische Ministerpräsident. Seit dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen habe es einen vielstimmigen Chor in der Koalition mit etlichen Interviewäußerungen gegeben. "Das könnte unterbleiben, aber das gilt für meine Partei auch."
"Die Kopfpauschale ist nicht vereinbart"
Seehofer will keine Zusage für die Höhe der Steuersenkungen machen und wies zurück, dass er den Koalitionsvertrag infrage stellt. "Da gibt's keinen Schwenk, da gibt's keine Neuinterpretationen, da gibt's keine Verabschiedung." Zuvor hatte der CSU-Chef gesagt, er halte die vereinbarte Entlastung von bis zu 24 Milliarden Euro möglichst 2011 für unrealistisch.
CDU-Vize Rüttgers wollte sich ebenfalls nicht auf eine bestimmte Entlastungssumme festlegen. Im Koalitionsvertrag sei festgelegt, dass alle fiskalpolitischen Maßnahmen unter Finanzierungsvorbehalt stünden, sagte er. Deshalb müssten die weitere wirtschaftliche Entwicklung und die Steuerschätzung im Mai abgewartet werden. Derzeit seien die Wachstumsprognosen noch zu ungenau. Zugleich attackierte Rüttgers die FDP. Die Partei müsse auch erklären, wie sie künftige Ausgaben finanzieren wolle und nicht nur bedingungslos auf Steuersenkungen beharren.
Auch Seehofer rasselte in Richtung FDP mit den Säbeln: Für das geplante Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel und FDP-Chef Guido Westerwelle kündigte er seinen Widerstand gegen die liberalen Pläne für eine Kopfpauschale in der gesetzlichen Krankenversicherung an. "Die Kopfpauschale ist nicht vereinbart", sagte der CSU-Chef. "Und wenn sie immer wieder ins Gespräch gebracht wird, dann muss man etwas sagen."
Gröhe stellt sich hinter Steinbach
Im Streit über Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach rief die CDU die FDP zu einem Kompromiss auf: "Alle Beteiligten müssen die jetzt gemachten Vorschläge konstruktiv und mit aller Fairness prüfen", forderte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe. "Für die Union will ich hinzufügen: Wir werden dies mit Wohlwollen tun und dem klaren Ziel vor Augen, zu einer Verständigung zu kommen."
Westerwelle lehnt die Berufung Steinbachs in den Stiftungsrat der Vertriebenen-Gedenkstätte bisher ab und droht mit einem Veto. Gröhe stellte sich hinter die CDU-Bundestagsabgeordnete Steinbach. Sie verlangt unter anderem, dass die Regierung auf ihren Einfluss bei der endgültigen Besetzung des 13-köpfigen Stiftungsrates verzichtet.
Merkel, Westerwelle und Seehofer wollen noch im Januar bei einem Abendessen im Kanzleramt über die Streitthemen beraten. Seehofer sprach am Rande der CSU-Klausur von einem "reinen Routinetreffen". "Das Jahr hat neu begonnen, und da setzt man sich halt einmal zusammen", sagte er. Das Treffen sei "überhaupt nichts Spektakuläres".