In aufgeheizter Atmosphäre hat die Polizei am Dienstag mit der Entfernung von Barrikaden auf dem Zufahrtsgelände zum von Klimaaktivisten besetzten Dorf Lützerath begonnen. Die Räumung des Dorfes selbst werde am Dienstag aber noch nicht beginnen, betonte die Polizei in Lautsprecherdurchsagen vor Ort.
"Die Polizei fordert Sie noch einmal auf, Ihre Blockaden sofort zu verlassen", gaben die Einsatzkräfte über Lautsprecher durch. Andernfalls müsse man die Blockaden "mittels Zwang" abräumen. In unübersichtlicher Formation hatten mehrere Hundert Aktivisten Menschenketten gebildet und eine Sitzblockade errichtet, bei der sich einige Beteiligte etwa einen halben Meter tief in die Erde eingegraben hatten. "Es geht darum, dass wir die Zufahrt zu Lützi versperren", sagte eine Aktivistin der Deutschen Presse-Agentur.
Polizei dürfte Lützerath laut Verfügung schon am Dienstag räumen
Die Aktivisten riefen unter anderem "Haut ab!", "Schämt euch!", "Auf die Barrikaden!" und "Klimaschützen ist kein Verbrechen!". Der Ton gegenüber der Polizei war teils aggressiv. Die meisten Aktivisten waren vermummt.
Der Energiekonzern RWE will die unter Lützerath liegende Kohle abbaggern – dafür soll der Weiler auf dem Gebiet der Stadt Erkelenz abgerissen werden. Seit diesem Dienstag hat die Polizei aufgrund einer Allgemeinverfügung des Kreises Heinsberg die Möglichkeit zur Räumung des Dorfes. Allerdings will der Heinsberger Landrat Stephan Pusch (CDU) am Nachmittag zunächst noch über die Räumung und den damit verbundenen Polizeieinsatz informieren.
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Aktivistin Luisa Neubauer kritisiert Polizeieinsatz
Klimaaktivistin Luisa Neubauer hat die Polizeistrategie vor dem Räumungseinsatz in Lützerath als nicht besonders friedlich beschrieben. Von der Politik sei zwar eine friedliche Räumung angekündigt worden, was sich vor Ort abspiele, sei aber "ziemlich genau das Gegenteil davon", sagte Neubauer am Dienstag im Deutschlandfunk. "Über Nacht sind gerade verschiedene Hundertschaften in das Dorf reingekommen, aus dem ganzen Land werden eben die Einsatzkräfte hinmobilisiert und offensichtlich hat man politisch gar keinen richtigen Plan, als immer mehr Polizeikräfte da hinzuholen."
Ziel der Aktivisten sei zunächst, die Räumung hinauszuzögern und politisch sehr teuer werden zu lassen. "Das ist auch ganz wichtig, denn mit dieser Entscheidung, dass man Lützerath an RWE gibt, stellt sich die Bundesregierung gegen das Pariser Klimaschutzabkommen." Dabei wird die Kohle unter dem Dorf laut Neubauer nicht mehr für die Energieversorgung in Deutschland gebraucht. Sie erwarte daher von der Bundesregierung, "dass sie in diesem Augenblick mal pausieren und checken, auf welcher Grundlage sie die da diese riesengroßen, weitreichen Entscheidungen fällen."