Über die Regierungsbildung in Schleswig-Holstein ist unmittelbar nach der Landtagswahl ein Parteienstreit entbrannt: Während SPD, Grüne und der SSW ihre "Dänen-Ampel" mit einer hauchdünnen Ein-Stimmen-Mehrheit vorbereiten, beharrt die CDU als stärkste Partei auf der Regierungsbildung. Sie will anderen Parteien Gespräche anbieten. CDU-Spitzenkandidat Jost de Jager bekräftigte in Berlin zusammen mit der Bundesvorsitzenden, Kanzlerin Angela Merkel, den Anspruch, die künftige Regierung in Kiel zu führen.
SPD, Grüne und SSW wollen am Donnerstag Sondierungsgespräche für die "Dänen-Ampel" aufnehmen. SPD-Spitzenkandidat Torsten Albig sagte in Berlin: "Wir werden einen Koalitionsvertrag zimmern, der fünf Jahre hält." Auch mit einer Stimme Mehrheit sei ausgezeichnete Politik möglich. Dagegen forderte de Jager stabile Verhältnisse angesichts der notwendigen Haushaltskonsolidierung. Eine "Dänen-Ampel" werde "mit Sicherheit keine tragfähigen inhaltlichen Ergebnisse für Schleswig-Holstein hinbekommen. Er erinnerte an die gescheiterte Ministerpräsidentenwahl von Heide Simonis (SPD) im Landtag 2005. Damals hatten SPD, Grüne und SSW Simonis unterstützt, am Ende gab es keine Mehrheit.
Rechnerisch möglich wären auch eine große Koalition von CDU/SPD, ein "Jamaika"-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP oder eine Ampel von SPD, Grünen und FDP. Die Piraten, die erstmals im Landtag mit sechs Abgeordneten im Landtag sitzen werden, haben signalisiert, sie seien zu Gesprächen über die Tolerierung einer Dänen-Ampel bereit.
Ampel-Koalition ist unwahrscheinlich
Der FDP-Landesvorsitzende Heiner Garg antwortete in Berlin auf die Frage, ob seine Partei Gespräche über eine Koalition mit SPD und Grünen führen würde, mit einem knappen "Nein". Der langjährige FDP-Landesvorsitzende Jürgen Koppelin ergänzte: "Solange der Stegner mit dabei ist, kann ich mir eine Ampel nicht vorstellen." Damit bezog er sich auf SPD-Fraktions- und Landeschef Ralf Stegner - für die FDP ein rotes Tuch. Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck wiederum äußerte Bedenken gegen die Liberalen: "Die FDP ist der letzte Koalitionspartner, über den wir nachdenken."
De Jager will in jedem Fall CDU-Landesvorsitzender bleiben und Gespräche mit anderen Parteien über eine Regierungsbildung führen. Merkel betonte, de Jager werde nun in Schleswig-Holstein gebraucht. Er hatte bei der Wahl keinen Parlamentssitz erhalten, weil er auf einen eigenen Wahlkreis verzichtete und nur über die Landesliste abgesichert war. Da die CDU aber bereits mit 22 Direktmandaten so viele Mandate erzielte, wie ihr nach dem Stimmenanteil zustehen, kam die Landesliste nicht zum Zuge.
Die Grünen wollen das SPD-Angebot zu ersten Gesprächen annehmen. "Aber wir können auch Opposition", sagte die Landesvorsitzende Eka von Kalben nach Beratungen von Fraktion und Landesvorstand. "Bei uns gehen Inhalte vor Macht." Auf die Frage nach Knackpunkten verwies sie darauf, dass die Grünen als einzige der drei Parteien gegen bestimmte Infrastrukturprojekte sind. Zweites schwieriges Thema sei die Einhaltung der Schuldenbremse. SSW-Spitzenkandidatin Anke Spoorendonk betonte: "Wir stehen in der Pflicht, das ernst zu nehmen, was wir vor der Wahl gesagt haben."
Albig sagte, CDU und FDP seien klar abgewählt worden, sie hätten 227.000 Stimmen weniger bekommen als noch 2009. "Deutlicher kann man als Wähler nicht sagen, Schwarz-Gelb wollen wir nicht."