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Landesverrat-Affäre Ermittlungen gegen Netzpolitik.org eingestellt

Die Ermittlungen wegen Landesverrats gegen das Internetblog Netzpolitik.org sind eingestellt worden. Der Generalbundesanwalt gehe nicht von der Veröffentlichung eines Staatsgeheimnisses aus.

Das Verfahren hat einen Eklat ausgelöst, das Portal Netzpolitik.org bundesweit bekannt gemacht und einem Spitzenjuristen den Job gekostet - jetzt ist es eingestellt. Der derzeit amtierende Generalbundesanwalt Gerhard Altvater teilte am Montag mit, dass die Landesverrats-Ermittlungen gegen Netzpolitik.org-Chef Markus Beckedahl und seinen Mitarbeiter André Meister eingestellt werden. Beckedahl sieht die Affäre damit aber nicht beendet und fordert weitere Aufklärung.

Der Generalbundesanwalt gehe in Übereinstimmung mit dem Bundesjustizministerium davon aus, "dass es sich bei den veröffentlichten Inhalten nicht um ein Staatsgeheimnis" im Sinne des Strafgesetzbuches handele, hieß es in einer Erklärung der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Die Ermittlungen gegen bislang unbekannte Berufsgeheimnisträger, die Dienstgeheimnisse an Journalisten weitergegeben haben könnten, seien an die dafür zuständige Staatsanwaltschaft abgegeben worden.

"Hanebüchene rechtliche Konstruktion"

"Es überrascht uns nicht, dass die Ermittlungen eingestellt wurden, weil es sich um eine hanebüchene rechtliche Konstruktion handelte", sagte Beckedahl der Nachrichtenagentur AFP. "Wir fordern Transparenz darüber, ob wir im Zuge der Ermittlungen Opfer von Überwachungsmaßnahmen geworden sind." Es gebe noch viele weitere Unklarheiten. "Wir wollen wissen, wie es zu den Ermittlungen gekommen ist", sagte der Netzpolitik-Chefredakteur. "Wir wollen zudem erfahren, wer die Hintermänner in der Bundesregierung sind."

Der im Zuge der Affäre inzwischen in den Ruhestand versetzte Generalbundesanwalt Harald Range hatte nach einer Anzeige von Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen Ermittlungen wegen Landesverrats gegen Beckedahl und Meister eingeleitet, weil sie aus internen Dokumenten des Verfassungsschutzes zitiert hatten.

Dies löste eine Welle der Empörung aus, Kritiker sprachen von einem Angriff auf die Pressefreiheit. Range und Maaßen machten sich in der Affäre gegenseitig Vorwürfe, die Karriere kostete es aber den Generalbundesanwalt. Justizminister Heiko Maas (CDU) hatte am Dienstagabend angekündigt, den 67-jährigen Range in den Ruhestand zu versetzen, weil sein Vertrauen in dessen Amtsführung "nachhaltig gestört" sei. Maas reagierte damit auf heftige Anschuldigungen des Juristen.

Maas wies Ranges Vorwurf zurück

Range hatte dem Minister vorgeworfen, Einfluss auf die Ermittlungen zu nehmen und damit in die Unabhängigkeit der Justiz einzugreifen. Das Justizministerium habe ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten zur möglichen Einstufung der von Netzpolitik.org veröffentlichten Unterlagen als Staatsgeheimnis gestoppt, sagte Range. Maas wies diesen Vorwurf zurück.

Die Affäre hatte das Portal Netzpolitik.org bundesweit bekannt gemacht. Die Redaktion erhielt darauf nach Angaben Beckedahls zahlreiche Geldspenden. Mehr als 30 Autoren um Beckedahl schreiben regelmäßig auf Netzpolitik.org "über politische, gesellschaftliche, technische und kulturelle Fragestellungen auf dem Weg in eine digitale Gesellschaft". Die Betreiber sehen ihren Blog als "Plattform für digitale Freiheitsrechte". Klassische Themen sind etwa die Vorratsdatenspeicherung, Überwachung im Netz, digitale Bürgerrechte oder Datenschutz.

fin AFP

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