Gewinne für die AfD, Verluste für die Parteien der Großen Koalition, SPD und CDU, bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg. Dennoch wird es auf Regierungen ohne die rechtspopulistische AfD in beiden Bundesländern hinauslaufen.
Obwohl in Brandenburg die rot-rote Regierung von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) abgewählt wurde, könnte er mit knapper Stimmenmehrheit in einer rot-grün-roten Koalition weiterregieren. Nach dem vorläufigen Ergebnis wäre rechnerisch auch ein Bündnis der SPD mit CDU und Freien Wählern oder mit CDU und Grünen möglich. In Sachsen, wo bisher die CDU unter Ministerpräsident Michael Kretschmer mit der SPD regierte, ist das wahrscheinlichste Bündnis eine Kenia-Koalition beider Parteien mit den Grünen.
Die Ergebnisse für Brandenburg können Sie hier nachlesen, für Sachsen hier.
So kommentiert die internationale Presse die Landtagswahlen
Das starke Abschneiden der AfD sowie die vergleichsweise schlechte Performance der SPD und CDU in den beiden Bundesländern beschäftigt auch die Zeitungen im Ausland. Die Pressestimmen.
"Der Standard", Österreich: "Das hat sie (die AfD) im Wahlkampf geschickt getan, indem sie suggerierte, es sei - 30 Jahre nach 1989 - eine neuerliche Wende nötig, um sich aus dem Joch von CDU und SPD zu befreien. Zudem verspricht die AfD, sie sei erstens die wahre Vertreterin des Volkes. Auch verspricht die AfD an der Seite jener zu stehen, die noch mehr Veränderungen scheuen. Und das sind im Osten viele Menschen, deren Biografien sich nach 1989 durch die neuen Verhältnisse sehr stark geändert haben - nicht immer zum Positiven. Viele verloren nicht nur ihren Arbeitsplatz, sondern bekamen auch vermittelt, dass viele ihrer Werte nichts mehr gelten."
"Neue Zürcher Zeitung", Schweiz: "Dieser Wahlsonntag macht einmal mehr deutlich, dass die AfD so schnell nicht wieder verschwindet. Eine Wahlparole wie 'Vollende die Wende', dreißig Jahre nach dem Mauerfall, mag auf die meisten Deutschen verstörend wirken. Im Osten trifft die Partei damit das Empfinden einer großen Bevölkerungsschicht. In Sachsen fehlt der AfD allenfalls noch die Tradition, um sich Volkspartei nennen zu können. Insgesamt hat in Sachsen und Brandenburg ein Rechtsrutsch stattgefunden. Der Aufschwung der Grünen kann die Verluste der SPD und der Linkspartei nicht kompensieren. (...)
Die AfD spreche aus, was in den anderen Parteien nicht gesagt werden dürfe - davon sind laut einer Umfrage 99 Prozent der AfD-Wähler in Brandenburg überzeugt; und selbst über 50 Prozent der übrigen Wähler. Es ist ein Schlüssel zum Erfolg dieser Partei - und zu ihrer Bekämpfung. Wenn CDU und SPD den Leuten nicht das Gefühl geben, Probleme offen ansprechen zu können, werden sie weiter an Boden verlieren."
"Tages-Anzeiger", Schweiz: "Die AfD erreicht mit den jüngsten Erfolgen eine neue Stufe in ihrer Entwicklung: Sie hat die Hülle einer reinen Protestpartei abgestreift und sich zumindest im Osten als neue Volkspartei etabliert. Vielen Ostdeutschen gibt die AfD eine neue politische Heimat. Jenen Bürgern etwa, die sich von ihren Regierungen jahrelang enttäuscht sahen, jenen, die sich als Ostdeutsche vernachlässigt fühlen, jenen, die Deutschland den Deutschen vorbehalten wollen und Solidarität nur den Einheimischen gönnen, jenen, die überhaupt mit der liberalen Demokratie fremdeln. Ihnen allen - es sind doppelt so viele Männer wie Frauen - verleiht die AfD eine Stimme."
"Berlingske", Dänemark: "Bei der CDU werden die schlechten Ergebnisse - die schlechtesten in Brandenburg und Sachsen - eine Debatte über die Parteivorsitzende auslösen: Ist Annegret Kramp-Karrenbauer, die im Dezember 2018 Angela Merkel als Parteivorsitzende abgelöst hat, die Richtige, um die Partei zu führen? Und sollte sie schließlich die Spitzenkandidatin der Partei werden? (…) Zu guter Letzt wird der Niedergang der SPD eine direkte Rolle in der Frage spielen, wer der oder die neue Vorsitzende der Partei sein und ob die Partei in Merkels Koalition weiter mitregieren soll."
"The Telegraph", Großbritannien: "Es war am Sonntag eine Erleichterung für Angela Merkel, als es der nationalistischen Partei Alternative für Deutschland nicht gelang, den weithin vorausgesagten Durchbruch bei wichtigen Landtagswahlen zu schaffen. Die AfD hat zwar bei den Wahlen in zwei Bundesländern im einst kommunistischen Osten erhebliche Zugewinne gemacht, kam jedoch angesichts eines späten Aufbäumens der etablierten Parteien nicht auf den ersten Platz. (...) Das Ergebnis wird den unmittelbaren Druck auf Merkel und ihre Nachfolgerin als CDU-Vorsitzende, Annegret Kramp-Karrenbauer, die bislang ein schwieriges erstes Jahr im Amt durchgemacht hat, etwas verringern. Jedoch hat die CDU in ihrer früheren Hochburg Sachsen ihr schlechtestes Ergebnis eingefahren und steht dort nun vor der schwierigen Aufgabe, in einem gespaltenen Landtag eine neue Koalition zu formen."
"The Guardian", Großbritannien: "Die einwanderungsfeindliche Alternative für Deutschland hat am Sonntag bei zwei wichtigen Landtagswahlen starke Zugewinne erreicht und ihre Unterstützung erheblich ausgeweitet, die etablierten Parteien jedoch nicht gestürzt. Aber der scharfe Rechtsruck in Sachsen und Brandenburg - die AfD wurde in beiden Bundesländern zweitstärkste Kraft - ist ein Schlag für Angela Merkels Koalition aus Christdemokraten und Sozialdemokraten. Beide Parteien haben Tausende von Wählern an die AfD verloren. Zudem war die AfD in der Lage, Hunderttausende zu mobilisieren, die zuvor nie zur Wahlen gingen, wie erste Analysen zeigen."
"De Standaard", Belgien: "Die AfD wurde lange Zeit als merkwürdige Randerscheinung gesehen. Ein irrationales Ventil für eine Gruppe frustrierter Radikaler, die sich außerhalb der Tradition des biederen deutschen Konservatismus aufstellen. Aber des Wahlergebnis verdeutlicht, dass die Partei dabei ist, zu einem festen Bestandteil der deutschen Politik zu werden. (...) Die Frage ist, was das für Zukunft des größten Mitgliedsstaates der EU bedeutet. Während Frankreich, Großbritannien und Italien politische Erdrutsche durchmachten, blieb Deutschland bislang ein Vorbild für Stabilität - für ruhige Beständigkeit, wie es ein Christdemokrat ausdrücken würde. Politische Turbulenzen sind aus diesem Grund wohl unterwünscht. Aber ebenso unerwünscht ist die Aufrechterhaltung des Status quo gegen den Willen der Wähler."