Steuerhinterziehung Uli Hoeneß sei Dank

  • von Hans Peter Schütz
Das Hoeneß'sche Vergehen ist ein Glücksfall: Steuerhinterziehung ist in aller Munde. Europa sollte auf breiter Front gegen Steuersünder vorgehen - die USA machen uns vor, wie's geht.

Ob Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble jetzt endlich begreift, dass er das Steuerabkommen mit der Schweiz miserabel ausgehandelt hat? Es wäre reichlich spät. Und wenn, dann nur dank Uli Hoeneß! Beinahe wäre dieser prominente Steuersünder wegen Schäubles Plänen zu einer maßvollen Nachzahlung von hinterzogenen Steuern in den Genuss einer anonymen Amnestie gekommen. Hoeneß hätte weiterhin den moralpolitischen Musterbürger spielen können.

Nun sollte Schäuble klar werden, dass ihm die Schweiz eine neue Chance bietet, ein besseres Abkommen auszuhandeln. Sein erster Versuch ist völlig zu recht an der rot-grünen Opposition im Bundesrat gescheitert. Wenn die sich nicht quergelegt hätte, wäre Hoeneß die Flucht in die Rolle des Saubermanns, den er früher so leidenschaftlich gab, geglückt. Wäre er nicht als Steuersünder enttarnt worden. Und hätte sich von seinen Schwarzgeld-Sünden heimlich, still und leise freikaufen können.

Zweierlei Standards

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dies offenbar schneller als ihr Finanzminister begriffen. Denn sie hat angeregt, die Finanzartisten der CDU/CSU sollten doch noch einmal prüfen, ob sich Steuerhinterzieher bei Selbstanzeige tatsächlich straffrei davonschleichen dürfen. Und dann sogar noch mit weniger Nachzahlung dafür belohnt werden, als wenn sie das Finanzamt ehrlich bedient hätten. Es war ja schließlich der im Schäuble-Abkommen angebotene anonyme Ablasshandel, den Hoeneß zur Selbstanzeige nutzen wollte. Pech für ihn, dass Rot-Grün ihn dann doch stoppte.

Besser als FDP und Union hat es auch unser Bundespräsident realisiert, dass es die geplante Form des Freikaufs für Steuerbetrüger nicht geben darf. Wer Steuern hinterziehe, so Gauck im stern, "verhält sich verantwortungslos oder gar asozial." Und er verweist glasklar auf den Punkt, um den sich der Spitzenjurist Schäuble bislang herummogeln wollte: Dass es in moralischen und rechtlichen Fragen nicht zweierlei Standards geben darf; einen für Schwache und einen für Starke.

Uneingeschränkter Informationsaustausch

Auf 180 Milliarden Euro wird die Summe des Schwarzgeldes geschätzt, die noch bei Schweizer Banken versteckt werden. Das sollten die Regierungsparteien bedenken, wenn sie in neue Gespräche mit der Schweiz gehen. Um diesem Geld auf die Spur zu kommen, muss es auch in Zukunft erlaubt sein, Steuer-CDs dubioser Herkunft aufzukaufen. Wer diese Methode verbietet, erleichtert den von Gauck als "asozial" Betitelten nur das Geschäft.

Dass die Schweiz nun über ihren Außenminister ihre neue Gesprächsbereitschaft als großzügiges Angebot in Richtung Bundesrepublik verkauft, muss als fragwürdige Form der Hochnäsigkeit bezeichnet werden. Ihre Banken machen nun einmal fleißig Geschäfte mit Schwarzgeldern aus Deutschland. Es darf daher keine Einschränkung beim zu vereinbarenden Informationsaustauch geben, der die Steuersünder weiterhin schützt. Sonst hilft vielleicht nur noch, was Peer Steinbrück einmal überaus undiplomatisch vorschlug hat: die Kavallerie.

Einheitliche EU-Front ist nötig

Wirkungsvoller als dieses Gerede wäre vielleicht, wenn die SPD die Schweizer energisch darauf hinweist, wie viel Schweizer Exporte in die Bundesrepublik und in die EU fließen. Eine einheitliche EU-Front müsste auf Dauer ohnehin das Ziel sein. Kein Europäer darf sein Schwarzgeld mehr in der Schweiz verstecken können.

Den USA müssen es die Schweizer Banken – Bankgeheimnis hin oder her – automatisch melden, wenn ein US-Bürger ein Konto bei ihnen eröffnet. Schärfer noch: Alle gewünschten Anfragen müssen beantwortet werden. Erreicht wurde das durch die Drohung mit dem Ausschluss vom amerikanischen Kapitalmarkt. Mit derselben Drohung könnten gewiss auch die Europäer erfolgreich sein. Dann ginge es garantiert auch ohne Kavallerie und schwarz-gelbe Schönrednerei à la Schäuble.