Steuerreform Machtkampf zwischen Koch und Merkel

Im unionsinternen Streit um die Zustimmung zur vorgezogenen Steuerreform, bleibt Hessens Ministerpräsident Koch weiter bei seiner ablehnenden Haltung - und damit auf Konfrontationskurs mit der Parteispitze.

Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber hat die Haltung des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) im Unions-internen Streit über die Steuerreform kritisiert.

Stoiber erwartet geschlossene Haltung

"Wenn in unserer gemeinsamen Fraktion eine Entscheidung gefallen ist, das Vorziehen der Steuerreform unter bestimmten Voraussetzungen zu ermöglichen, dann erwarte ich eine geschlossene Haltung dazu", sagte der bayerische Ministerpräsident der Tageszeitung "Die Welt" (Montagausgabe). Wer das missachte, stärke nicht das Ansehen der Union.

Die Bedingungen von CDU und CSU für eine Zustimmung zur Steuerreform seien bereits Ende Juni abgesprochen worden. Koch lehnt die Bereitschaft von Stoiber und CDU-Chefin Angela Merkel ab, mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) über die Bedingungen für ein Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform um ein Jahr auf 2004 zu sprechen. Dies wird in der Union als Spitze gegen Merkel gewertet. Koch und Merkel gelten als Rivalen um die Kanzlerkandidatur der Union 2006.

Koch weist Machtkampf-Berichte zurück

Roland Koch hat die Berichte über einen Machtkampf innerhalb der CDU-Spitze zurückgewiesen. "Es gibt keinen Anlass, aus einer Diskussion in der Sache eine Personaldiskussion zu machen", sagte Koch am Montag vor Beginn einer CDU-Präsidiumssitzung in Berlin. Der saarländische CDU- Ministerpräsident Peter Müller forderte die rot-grüne Bundesregierung auf, die Bedingungen für eine vorgezogene Steuerreform zu nennen.

Merkel hatte die Union am Wochenende mehrfach zur Disziplin aufgefordert. Das CDU-Präsidium will sich am Montag mit dem Streit über das Vorziehen der Steuerreform befassen. Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Christoph Böhr forderte Geschlossenheit der Partei. "Es gibt klare Beschlüsse des Bundesparteivorstandes und der Bundestagsfraktion - jetzt müssen sich alle hinter diese Beschlüsse stellen", sagte Böhr der "Rheinischen Post" aus Düsseldorf.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Laurenz Meyer: es gibt keinen Machtkampf

CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer widersprach erneut dem Eindruck, in der Union gebe es einen Machtkampf. Niemand spreche von einem Machtkampf zwischen Merkel und dem sachsen-anhaltischen Ministerpräsidenten Wolfgang Böhmer (CDU), der in der Steuerdebatte die selbe Position wie Koch vertrete. Man tue Koch Unrecht, "wenn man ihm so viel Unprofessionalität unterstellt", sagte Meyer im ZDF. Dem hessischen Regierungschef gehe es darum, dass die Steuersenkungen nicht auf Pump finanziert würden.

Merkel will einheitliche Linie bei Steuerreform durchsetzen

Angesichts der weiterhin unterschiedlichen Haltungen in der Union zum Vorziehen der Steuerreform will die CDU-Vorsitzende Angela Merkel das Parteipräsidium an diesem Montag auf eine einheitliche Linie bringen. Bei der turnusmäßigen Sitzung in Berlin gehe es aber nicht um ein Machtwort, sagte sie am Sonntag. "Es geht darum, wie wir gemeinsam Beschlüsse nach außen vertreten." Zuletzt waren Hessens Ministerpräsident Roland Koch und andere CDU- Regierungschefs von der beschlossenen "Ja, aber"-Haltung des Vorstandes abgewichen und hatten das Vorziehen der Steuerreform abgelehnt.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Wolfgang Bosbach (CDU) forderte seine Partei zur Geschlossenheit auf. "Hier werden derzeit Machtfragen mit Sachfragen verwechselt", rügte er im "Hamburger Abendblatt" (Montag). Eine Debatte um die Frage der Kanzlerkandidatur "ist das Letzte, was wir jetzt gebrauchen können".

Christian Wulff: Chefin im Ring ist Angela Merkel

Auch der stellvertretende Parteichef und niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff sagte am Sonntag im ZDF: "Chefin im Ring - das ist allen klar - ist Angela Merkel." Die Frage der Kanzlerkandidatur werde erst 2005/2006 entschieden.

In der Sache lehnte Sachsen-Anhalts CDU-Ministerpräsident Wolfgang Böhmer pauschale Subventionskürzungen zur Finanzierung der Steuerreform erneut ab. "Die Vereinbarung zum Aufbau Ost darf nicht angetastet werden", sagte er dem "Handelsblatt" (Montag). Zugleich wandte er sich auch gegen die Aufnahme neuer Schulden. Das sei "nicht nur sachlich falsch, sondern für unser Bundesland auch nicht zumutbar."

Peter Müller hält unterschiedliches Abstimmungsverhalten im Bundesrat für möglich

Von den anderen CDU-Ministerpräsidenten äußerte sich auch der sächsische Regierungschef Georg Milbradt skeptisch zu den rot-grünen Plänen. Sein Thüringer Kollege Dieter Althaus dagegen unterstützte das Vorhaben. Der Saarländer Peter Müller hielt ein unterschiedliches Abstimmungsverhalten der unionsgeführten Länder im Bundesrat für möglich.

Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber hatte am Sonntag bei der Bundesregierung Bewegung ausgemacht. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte gesagt, eine Entlastung der Bürger "in der rechten Tasche" durch eine Belastung "in der linken Tasche" dürfe es nicht geben. Zugleich beharrte er aber auf dem bekannten Finanzierungsmix aus Subventionsabbau, Privatisierung von Staatsvermögen und Schuldenaufnahme. Stoiber sagte der Zeitung "Die Welt" (Montag), mit der Absage an höhere Abgaben für die Bürger sei Schröder auf die erste der drei Bedingungen der Union eingegangen. Zweitens dürfe es "keine Steuerentlastung im Wesentlichen auf Pump" geben. Nötig sei drittens "ein angemessener Ausgleich für die Steuerausfälle in den Kommunen und Ländern". Dann könne die Union dem Vorziehen der Steuerreform zustimmen.

Stoiber fordert konkrete Vorschläge zu Steuerentlastungen

Er forderte die Bundesregierung erneut auf, ihre Vorstellungen zu den Steuerentlastungen zu konkretisieren. Bei einer vernünftigen Finanzierung seien die Unionsparteien bereit, der vorgezogenen Steuerreform zuzustimmen, sagte Stoiber am Montag vor Beginn der CSU- Vorstandssitzung in München. Abweichende Meinungen in der CDU bezeichnete er als "lediglich unterschiedliche Nuancierung der Positionen".