Streit um Rot-Rot-Grün Union droht mit Ende der Koalition

Die SPD-Debatte über eine Zusammenarbeit mit der Linken in Hessen belastet zunehmend die Große Koalition in Berlin. Unionspolitiker drohen mit ernsten Konsequenzen bis hin zum Bruch der Koalition, für den Fall, dass sich Andrea Ypsilanti mithilfe der Linken zur Ministerpräsidentin wählen ließe.

Die Gedankenspiele in der SPD, Andrea Ypsilanti mit Hilfe der Linken zur hessischen Ministerpräsidentin wählen zu lassen, belasten zunehmend die Große Koalition in Berlin. Nach Informationen der "Bild"-Zeitung verständigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch in einem vertraulichen Gespräch mit Unionsfraktionschef Volker Kauder auf ein Ende der "Friedenspflicht", sollte die SPD in Hessen mit der Linkspartei zusammenarbeiten. In einem solchen Fall könne die SPD von der Union kein Entgegenkommen mehr in Sachfragen erwarten.

"Spiel mit dem Feuer"

Der CSU-Vorsitzende Erwin Huber warnte offen vor unabsehbaren Folgen für die Große Koalition, sollte sich Ypsilanti mit Stimmen der Linken wählen lassen. "Ein Pakt mit der kommunistischen Linken wäre eine schwere Belastung für die Große Koalition", sagte Huber dem Blatt und warf der SPD ein "Spiel mit dem Feuer" vor. Niedersachsens Regierungschef Christian Wulff sagte, man könne mit einem Partner nicht erfolgreich zusammenarbeiten, wenn er Wähler derart täusche. CSU-Präsidiumsmitglied Markus Ferber forderte sogar, in diesem Fall das Bündnis mit der SPD im Bund aufzukündigen. Nach einem solchen Wählerbetrug gäbe es keine Grundlage für eine Zusammenarbeit mehr, sagte er der Zeitung. "Dann sollte die Kanzlerin die SPD-Minister entlassen und Neuwahlen ansteuern."

Klare Konsequenzen verlangte auch der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz. "Ich halte es für unvorstellbar, dass wir in Berlin mit Herrn Beck und der SPD nach einer solchen Regierungsbildung so tun, als wenn nichts gewesen wäre, und die Koalition fröhlich weiter fortsetzen", schrieb Merz nach "Bild"-Informationen in einer E-Mail an die CDU-Mitglieder seines Wahlkreises Hochsauerland. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Laurenz Meyer (CDU), sagte dem Blatt, die Vertrauensbasis für eine Zusammenarbeit in Berlin werde zerstört, wenn die SPD in dieser Frage Wortbruch begehe.

SPD-Vorstand Scheer: Es ist kein Wortbruch

Bei den Sozialdemokraten gibt es darüber andere Ansichten. SPD-Bundesvorstandsmitglied Hermann Scheer hat sich offen dafür ausgesprochen, die hessische Landesvorsitzende Andrea Ypsilanti mit Stimmen der Linkspartei zur Ministerpräsidentin an die Spitze einer rot-grünen Minderheitsregierung wählen zu lassen. Es sei kein Wortbruch, wenn SPD und Grüne als Minderheitsregierung ohne inhaltliche Absprachen mit der Linkspartei anträten, sagte Scheer, der Superminister für Wirtschaft und Umwelt in einer Regierung Ypsilanti werden soll, der "Bild am Sonntag". "Es ist der Appell an das Parlament, die eigentliche Wahlsiegerin Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin zu wählen", unterstrich Scheer, der auch Träger des Alternativen Nobelpreises ist und als ausgewiesener Energieexperte gilt. "Ein Nichtantreten von Andrea Ypsilanti käme der Selbstaufgabe der SPD als gestaltende Kraft gleich." Die ganze Diskussion darum sei pharisäerhaft und trage gespenstische Züge.

Auswirkungen hatte der Streit auch auf den Wahlkampf in Hamburg. Dort prägte die Debatte über den Umgang der SPD mit der Linken den Endspurt der Parteien vor der Bürgerschaftswahl in Hamburg an diesem Sonntag. SPD-Spitzenkandidat Michael Naumann beteuerte, im Gegensatz zu Überlegungen für Hessen würde er sich nicht von den Linken zum Bürgermeister wählen lassen. Amtsinhaber Ole von Beust (CDU) konterte, er glaube zwar Naumann, aber nicht der SPD. Bei Sozialdemokraten in der Hansestadt löste die von Parteichef Kurt Beck ausgelöste Diskussion Verärgerung aus.

AP
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