UN-Libanon-Truppe Welche Soldaten sollen nach Nahost?

Noch müssen einige Widerstände überwunden werden, aber im Prinzip ist sich die Bundesregierung darüber einig, dass die Bundeswehr am UN-Einsatz im Libanon teilnehmen wird. Bleibt die Frage: Wie viele und welche Soldaten sollen nach Nahost?

Die Bundeswehr hat den Marschbefehl Richtung Nahost im Tornister. Noch ist es zwar nicht offiziell, aber die Grundsatzentscheidung über eine deutsche Beteiligung zur Sicherung eines noch brüchigen Waffenstillstands und für einen wahrscheinlich in weiter Ferne liegenden dauerhaften Frieden ist im Prinzip gefallen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der SPD-Vorsitzende Kurt Beck und Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) müssen auf einem Geheimtreffen außerhalb Berlins allerdings noch Überzeugungsarbeit leisten: Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber sowie die mächtige CSU-Landesgruppe als Teil der gemeinsamen Unionsfraktion lehnen eine Beteiligung deutscher Kampftruppen an der UN-Mission strikt ab. "Für mich ist die Zustimmung zu einer Beteiligung deutscher Soldaten an einer kämpfenden Truppe nicht denkbar", sagte CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer. Das ist auch Stoibers von der CDU mit einiger Verwunderung registrierte kategorische Position.

Es deutete sich an, dass deutsche Soldaten auf gar keinen Fall in eine Situation gebracht werden sollen, die in eine direkte Konfrontation mit israelischen Militärs münden könnte. Ein Mandat, was dies - und sei es auch nur theoretisch - möglich machen würde, fände wohl nur schwerlich eine Mehrheit im Bundestag. Kenntnisreiche Mitglieder der Koalition machen keinen Hehl daraus, dass der Bundeswehr - in welcher Form auch immer - der wahrscheinlich schwierigste Auftrag seit ihrer Gründung ins Haus steht. Als sicher gilt, dass er auch weit über den August 2007 hinaus gehen wird.

Israel will weiter deutsche Soldaten im Libanon

Israel hatte sich in der Vergangenheit für einen Bundeswehreinsatz ausgesprochen und tut dies auch weiterhin. Die Frage nach einem Kampfeinsatz, in dem womöglich deutsche auf israelische Soldaten schießen müssen, stellt sich für die israelische Regierung nicht. Wie stern.de aus Diplomatenkreisen erfahren hat, sollen die UN-Truppen nach israelischer Lesart den Libanon vor der Hisbollah beschützen. "Von daher wird es keine kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen UN- oder sogar deutschen Truppen mit der israelischen Armee geben", so ein mit der Sache Betrauter.

Was bleibt als Alternative und was kann die Bundeswehr? Das Augenmerk der Militärexperten richtete sich sofort auf die deutsche Marine. Sie kreuzt bereits mit mehreren Schiffen innerhalb der Nato-Mission "Active Endeavour" im Mittelmeer. Diese Einheiten könnten relativ schnell ergänzt oder erweitert werden, um Waffenlieferungen über das Meer an die radikal-islamische Hisbollah-Miliz oder andere Störenfriede der Waffenruhe zu verhindern. Dabei wird im Zweifelsfall mit großkalibriger Munition auf Schiffe anderer Nationen geschossen werden müssen.

Möglicherweise wird zunächst eine Fregatte aus Wilhelmshaven Richtung Nahost auslaufen. Je nach Zuordnung in Schiffsklassen haben die Fregatten eine Besatzung von zwischen 204 und 255 Soldaten. Die Bewaffnung reicht von Torpedos über Harpoon-Raketen bis zu mächtigen 22-Millimeter-Geschützen. An Bord sind in der Regel auch zwei Hubschrauber. Sie könnten das Einsatzgebiet in 12 bis 14 Tagen erreichen.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Denkbar ist auch die Beteiligung von wendigen Schnellbooten, deren Geschwader sich hauptsächlich in Warnemünde befinden. Diese Schiffe haben eine Besatzung von zwischen 30 und 40 Seeleuten und verfügen über weit reichende Überwachungsradarsysteme. Die Marine könnte als Ergänzung auch Seeüberwachungsflugzeuge vom Typ der betagten "Breguet Atlantic" einsetzen, die über sensible Magnetsonden für Unterwasserortung und Akustikanlagen verfügen.

Im Zweifel schießen

Schwieriger wird es bei einem möglichen Einsatz von Pionieren im Rahmen des gewünschten "robusten Mandats". Dies heißt letztlich nichts anderes als: Es darf - im Zweifelsfall muss - auf den Waffenstillstand nicht respektierende Gegner geschossen werden. So ein Fall könnte nach Überzeugung von Militärexperten eintreten, wenn beispielsweise zerstörte Brücken wieder passierbar gemacht werden. Außerdem würde der Transport von schwerem Pioniergerät - 45 Tonnen schwere Brückenlegepanzer oder 55 Tonnen schwere Bergepanzer - womöglich Wochen dauern.

Aber noch ist nichts entschieden: Es gibt noch keine präzise Definition der UN-Mission und noch keine genauen Wünsche für einen deutschen Beitrag. Zumal es der Bundeswehr schwer fallen dürfte, weitere Soldaten für den Auslandseinsatz abzustellen. Rund 7500 Männer und Frauen sind derzeit an vielen Orten der Welt im Einsatz, und "eigentlich haben wir für den Libanon keine mehr übrig", heißt es bei der Armee.

nk mit DPA