Verhandlungen Bundesregierung intensiviert Diplomatie

Kurz vor dem Besuch von US-Außenminister Colin Powell in Brüssel verstärkt die Bundesregierung die diplomatischen Kontakte zu Gegnern und Befürwortern des Krieges. Gleichzeitig kündigte Außenminister Joschka Fischer an, eine gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik notfalls auch mit einer kleinen Staatengruppe zu beginnen.

Kurz vor dem ersten Besuch von US-Außenminister Colin Powell in Brüssel seit Beginn des Irak-Krieges intensiviert die Bundesregierung die diplomatischen Kontakte zu Gegnern und Befürwortern der Militäraktion. Außenminister Joschka Fischer traf sich in Berlin mit dem britischen Außenminister Jack Straw. In einem Interview betonte Fischer, "dass bei der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsunion niemand ausgeschlossen werden darf - auch und vor allem nicht die Briten".

Straw bekundet Hoffnung

Straw gab in Berlin seine Hoffnung auf europäische Gemeinsamkeit nach dem Krieg beim Wiederaufbau im Irak zum Ausdruck. Großbritannien ist engster Verbündete der USA im Irak-Krieg, Deutschland hält den Waffengang nach wie vor für falsch. Heute gibt Bundeskanzler Gerhard Schröder im Bundestag eine Regierungserklärung zum Irak-Konflikt und zur Europapolitik ab.

Vor dem vertraulichen Gespräch mit Fischer sagte Straw in Berlin auf die Frage, ob es einen gemeinsamen europäischen Ansatz für die Entwicklung des Irak nach dem Krieg geben könne: "Ich bin optimistisch." Fischer sagte, er hoffe auf ein möglichst schnelles Ende des Krieges. Derzeit sei vor allem die humanitäre Hilfe wichtig.

Größere Verteidigungsanstrengungen

Im "Handelsblatt" sprach sich Fischer dafür aus, eine gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik auch mit einer kleineren Gruppe von Staaten zu beginnen. Die Bundesregierung werde sich zwar vorrangig im Europäischen Verfassungskonvent um eine Einigung bemühen. Wenn dies aber "nicht innerhalb der Verträge möglich ist, dann muss wie beim Schengen-Abkommen eben notfalls eine Gruppe von Ländern vorangehen". Es gebe "eine alte Grundregel in der EU: Keiner muss wollen. Aber die, die wollen, müssen auch dürfen."

Damit Europa international eine stärkere Rolle spielen könne, müsse man auch über größere Verteidigungsanstrengungen nachdenken. Die Verteidigungsstrukturen müssten angeglichen werden. "Nichts steht auf dem Index", sagte der Grünen-Politiker mit Blick auf die Diskussion über eine mögliche Erhöhung des deutschen Verteidigungsetats.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Iwanow in Paris erwartet

Powell wird zu Gesprächen mit Außenministern der NATO und der Europäischen Union in Brüssel erwartet. Auch der russische Außenminister Igor Iwanow will daran teilnehmen. Die EU ist wegen des US-geführten Kriegs gegen den Irak gespalten. Fischer will in Brüssel auch andere Amtskollegen zu Einzelgesprächen treffen. Ob auch eine Unterredung mit Powell geplant war, blieb zunächst unklar. Offen blieb nach Angaben des Außenministeriums zunächst auch, ob Fischer an der Bundestagsdebatte über Schröders Regierungserklärung teilnimmt.

Nach Angaben des russischen Außenministeriums will Iwanow am Freitag in Paris Fischer und de Villepin treffen. Die drei Länder sind sich einig im Widerstand gegen den Krieg im Irak. Möglicherweise trifft sich das Trio aber auch schon heute in Brüssel.

Die USA wollen mit der NATO intensiv über eine Rolle des Bündnisses bei der Friedenssicherung im Irak nach dem Krieg sprechen. Das hatte der amerikanische Botschafter bei der Allianz, Nicholas Burns, am Dienstag in Washington angekündigt.

Als Konsequenz aus dem Scheitern der Diplomatie vor dem Irak- Krieg fordert CDU-Chefin Angela Merkel eine Neuausrichtung der Außenpolitik. Vor der außenpolitischen Debatte im Bundestag sagte sie in Berlin, das Bekenntnis zur europäischen Einigung und zur transatlantischen Partnerschaft müsse zwar bestehen bleiben. Angesichts der neuen Bedrohungen in der Welt solle aber über die Strukturen der Vereinten Nationen und über die europäische Zusammenarbeit in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik neu nachgedacht werden.

DPA