Vermittlungsausschuss Mittags geht der Poker weiter

Nachdem die laufenden Gespräche Mittwoch Abend ohne eine Annäherung bei der Steuerreform vertagt wurden, geht der Streit um zentrale Fragen der Reformpolitik ab heute Mittag weiter.

Die gestern begonnenen Gespräche waren am Abend nach einer elfstündigen Sitzung des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat ohne Annäherung bei der Steuerreform vertagt worden. Bei SPD und Union hieß es übereinstimmend, dass mit einem Durchbruch nicht vor Sonntag zu rechnen sei. Auch über den Umfang eines Kompromisses herrscht angesichts des weiter bestehenden Streits in zentralen Fragen Unsicherheit. "Wir werden ein Gesamtpaket bekommen. Ich kann im Moment nur nicht überblicken, was drin ist", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Wilhelm Schmidt. Besonders bei Tarifrecht und Kündigungsschutz habe es "außerordentlich gegensätzliche Positionen gegeben". Baden-Württembergs Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) sagte dagegen, die vorgezogene Steuerreform müsse zwingend mit einem Umbau des Arbeitsmarktes verbunden werden. "Die beiden Fragen gehören absolut zusammen", sagte Stratthaus.

Jetzt kommt Sitzungsmarathon

Die Verhandlungen sollen am (heutigen) Donnerstag zunächst getrennt und um 16.00 Uhr erneut in großer Runde fortgesetzt werden. Außerdem will der Ausschuss am Freitag um 10.30 Uhr und am Sonntag um 17.00 Uhr zusammenkommen. Eine Einigung muss bis spätestens am Dienstag gelingen, damit Bundestag und Bundesrat am 19. Dezember das Reformpaket billigen und die Gesetze im Januar 2004 in Kraft treten können.

Entscheidung wird für Montg erwartet

Die SPD lehnte vor allem die von der Union geforderte Verknüpfung der Steuerreform mit Lockerungen im Tarifrecht ab. Ein Grund, die Gespräche abzubrechen, sei dies aber nicht, sagte Schmidt. Man werde am Ende ein Gesamtpaket bekommen. Die Entscheidung darüber wird für Montag erwartet. Offen blieb weiter, ob es zu einem Spitzengespräch von Bundeskanzler Gerhard Schröder mit den Chefs von CDU und CSU, Angela Merkel sowie Edmund Stoiber, kommt. Als möglicher Termin dafür galt der Sonntag.

Keine "taktischen Spielchen"

Der baden-württembergische Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) verteidigte die Verknüpfung von Steuerreform und Tarifautonomie als wichtig für das Wachstum. Schmidts Vorwurf, dies seien "taktische Spielchen", wies er zurück.

Sachliches Gesprächsklima

Trotz der Differenzen wurde das Verhandlungsklima als "sachlich und ergebnisorientiert" beschrieben. Schmidt lobte, bei der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe hätten die 32 Unterhändler sich mehr angenähert als zu erwarten war. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement hatte dazu ein überarbeitetes Konzept vorgelegt. Die wichtige Gemeindefinanzreform sei noch nicht behandelt worden, sagte Schmidt.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Bei Handwerksordnung kurz vor Einigung

In Einzelpunkten wie der Handwerksordnung zeichnete sich eine Einigung ab. Die Koalition signalisierte, sie werde den Zwang zum Meisterbrief in mehr Berufen akzeptieren, als ursprünglich geplant.

Finanzierung der Steuerreform später verhandelt

Das umstrittene Vorziehen der Steuerreform von 2005 auf 2004 und dessen Finanzierung sollte erst später erörtert werden. Die Bayerische Staatskanzlei dementierte einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstag), wonach Stoiber dem Vorziehen zustimmen wolle und nicht mehr fordere, die Entlastung nur zu maximal 25 Prozent über neue Schulden zu finanzieren.

DPA