Noch vor dem Spitzentreffen mit der Opposition will die Bundesregierung das Wirtschaftswachstum mit einem Konjunkturpaket ankurbeln. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) kündigte am Mittwoch bei der Eröffnung der weltgrößten Computermesse CeBit in Hannover an: "Mit zusätzlichen Maßnahmen werden wir die Wachstumsdynamik verbessern." Die konkreten Vorschläge hierzu werde er am Donnerstag kommender Woche dem Bundestag vorlegen. Danach werde er mit den Vorsitzenden von CDU und CSU, Angela Merkel und Edmund Stoiber, die Maßnahmen in einem Spitzentreffen erörtern.
"Robuster Wachstumspfad"
"Der Wachstumspfad, auf dem sich unser Land befindet, ist robust. Aber wir können und wir müssen besser werden", sagte der Kanzler laut vorab verbreitetem Redemanuskript. Es gehe darum, den Reformkurs der Agenda 2010 konsequent fortzusetzen. Nähere Angaben machte Schröder nicht. Ein klassisches, kreditfinanziertes Konjunkturprogramm hatte die Bundesregierung zuletzt mehrfach ausgeschlossen. Es wird erwartet, dass unter anderem die Kommunen zu mehr Investitionen ermuntert werden. Möglich ist auch die Neuauflage eines KfW-Sonderfonds für kommunale Investitionen.
Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) sagte, er rechne bis 2010 mit "Vollbeschäftigung" in Deutschland. "Dies bedeutet eine Arbeitslosenquote zwischen drei und fünf Prozent", sagte der Minister am Mittwoch in Berlin. Clement forderte außerdem, die wirtschaftliche Lage in Deutschland nicht "schlecht zu reden". "Die Agenda 2010 hat dazu beigetragen, dass wir heute die wettbewerbsfähigste Volkswirtschaft sind", sagte Clement.
41 Prozent gegen eine große Koalition
Die jüngsten Meinungsverschiedenheiten zwischen Clement und Finanzminister Hans Eichel (SPD) über eine Reform der Unternehmenssteuern waren nach Aussage von Regierungssprecher Béla Anda am Mittwoch auch Thema bei der Kabinettssitzung. Schröder habe dabei aber nicht "auf den Tisch gehauen". "Er hat aber darum gebeten, ein Maß an Argumentationsdisziplin walten zu lassen", sagte Anda.
"Job-Gipfel" ins Kanzleramt
Gemeinsame Maßnahmen gegen die Rekordarbeitslosigkeit wollen Schröder sowie die Unionsspitzen nach der Regierungserklärung am 17. März erörtern. Eine entsprechende Einladung Schröders zu dem "Job-Gipfel" ins Kanzleramt nahmen Merkel und Stoiber an. An dem Treffen am Donnerstagabend nimmt auch Außenminister Joschka Fischer (Grüne) als Vizekanzler teil. Weitere Teilnehmer werde es nicht geben, sagte Anda. FDP-Chef Guido Westerwelle habe kein Gesprächangebot per Brief unterbreitet. Westerwelle selbst erklärte, "entscheidend ist, was hinten rauskommt". SPD und Grünen wollen ihre Position am Vorabend im Koalitionsausschuss abstimmen.
"Es wird sich zeigen, ob die Opposition bereit ist, ihren Teil der Verantwortung zu übernehmen", sagte Schröder. Laut Anda soll "über alle wichtigen Themen" gesprochen werden. In seiner Regierungserklärung werde der Kanzler eine Zwischenbilanz zu der vor zwei Jahren gestarteten Agenda 2010 ziehen und einen Ausblick geben.
Zehn-Punkte-Programm der Union
Merkel und Stoiber hatten dem Kanzler in einem offenen Brief Zusammenarbeit im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit angeboten. Die Union hatte dafür erneut ihr Zehn-Punkte-Programm vorgelegt, das bei der rot-grünen Koalition in wesentlichen Teilen aber auf Widerstand stößt. Der "Pakt für Deutschland" wird voraussichtlich auch an diesem Donnerstag im Bundestag von der Koalitionsmehrheit abgelehnt. Im Vordergrund stehen für die Union Bürokratieabbau für den Mittelstand, betriebliche Bündnisse für Arbeit sowie eine Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Schröder wollte über die Umsetzung der Arbeitsmarktreform, über Elite-Universitäten und die von Rot-Grün angestrebte Abschaffung der Eigenheimzulage beraten.
SPD-Partei- und Fraktionschef Franz Müntefering erklärte nur, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die Ordnung am Arbeitsmarkt, Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche oder die Potenziale einer älter werdenden Gesellschaft seien jetzt die zentralen Aufgaben der "Agenda 2010". "Die SPD-Bundestagsfraktion wird in der Kontinuität der bisherigen Arbeit ihren Beitrag leisten." Zu zusätzlichen Konjunkturmaßnahmen äußerte sich Müntefering nicht.
"Es muss Zug hinein kommen"
CSU-Chef Stoiber verlangte erneut tief greifende Reformen. Bundespräsident Horst Köhler forderte mehr politisches Engagement im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. "Es muss Zug hinein kommen", sagte Köhler am Mittwoch bei seinem Antrittsbesuch in Rheinland-Pfalz in Mainz. Die Bevölkerung müsse das Gefühl bekommen, die Politik mache das Problem zum Thema Nummer eins. "Bei allen Schwierigkeiten, die wir in Deutschland haben, haben wir aber keinen Grund, den Kopf zu verlieren oder in Panik zu geraten", sagte der Bundespräsident.