In einer Sitzung des Innenausschusses des Bayerischen Landtags am Mittwoch hat Justizminister Georg Eisenreich jegliche Kritik an der kontroversen Razzia gegen Mitglieder der Umweltaktivistengruppe Letzte Generation zurückgewiesen. Der Minister bestritt vehement die Gerüchte und Vermutungen, dass die CSU-regierte Landesregierung die Durchsuchungsaktion aktiv befördert hätte, um bewusst ein Statement zu setzen.
Eisenreich betonte: "Das Ministerium hat zu den Ermittlungen keine Weisungen erteilt und auch sonst keinen Einfluss auf die Ermittlungen genommen." Allerdings gab er zu, dass ein Behördenwarnhinweis auf einer beschlagnahmten Website anfangs fehlerhaft war.
Letzten Monat durchkämmten etwa 170 Beamte bei einer Razzia gegen die Letzte Generation Wohn- und Geschäftsräume in sieben Bundesländern, wie die Generalstaatsanwaltschaft München und das Bayerische Landeskriminalamt berichteten. Die Aktivisten stehen unter dem Verdacht der Bildung bzw. Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Trotzdem leugnen die Aktivisten jegliche kriminelle Absichten, obwohl mehrere Mitglieder der Gruppe wegen Straftaten verurteilt wurden, zum Teil zu Haftstrafen. Die Razzia wurde von verschiedenen Seiten als übermäßig kritisiert. Die Gruppe selbst beklagte, dass sich ihre Mitglieder wie "Schwerverbrecher behandelt" fühlten, aber die Durchsuchungsaktion wurde auch von vielen anderen Seiten verteidigt.
Eisenreich erläuterte, dass eine Strafanzeige eines Anwalts den Ausgangspunkt für die Ermittlungen darstellte. Mittlerweile gibt es 13 Strafanzeigen gegen Mitglieder der Letzten Generation. Er betonte, dass der anfängliche Verdacht gegen einzelne Mitglieder von einem unabhängigen Gericht bestätigt wurde - der Durchsuchungsbeschluss wurde ebenfalls von einem unabhängigen Gericht erlassen.
Während Eisenreich die Bedeutung des Kampfes für den Klimaschutz anerkennt, betont er, dass Straftaten im Namen des Klimaschutzes von einem Rechtsstaat nicht toleriert werden können. Er erklärt, dass "gute Absichten" Straftaten nicht rechtfertigen.
Justizministerium und Georg Eisenreich fanden Ermittlungsverfahren "gut vertretbar"
Das Justizministerium wurde im Verlauf des Verfahrens mehrmals informiert, wie es bei solchen Fällen üblich ist. Dort wird jedoch nur geprüft, ob das Vorgehen der Staatsanwaltschaft vertretbar ist. In diesem Fall kam die zuständige Abteilung des Ministeriums zu dem Schluss, dass dieses Handeln "gut vertretbar" sei. Es wurden jedoch lediglich Berichte ausgetauscht und keine Absprachen getroffen.
Auf die Frage, ob andere Richter vor dem Erlass des Durchsuchungsbeschlusses eine solche Maßnahme abgelehnt hätten, konnte Eisenreich keine spontane Antwort geben. Er versprach jedoch volle Transparenz.
"Es gilt die Unschuldsvermutung, selbstverständlich"
Die Abschaltung der Website der Gruppe mit dem Hinweis "Die Letzte Generation stellt eine kriminelle Vereinigung gemäß § 129 StGB dar" wurde damals stark kritisiert. Die Behörden mussten schnell zurückrudern und betonen, dass es bisher nur einen Anfangsverdacht gibt, dass es sich um eine kriminelle Vereinigung handelt.
Eisenreich räumte ein, dass die Formulierung einen falschen Eindruck erweckt hat. Die öffentliche Kritik sei deshalb gerechtfertigt gewesen. Er stellte klar: "Im Ermittlungsverfahren gilt die Unschuldsvermutung, selbstverständlich, da gibt es keinen Zweifel."
Ermittler gehen von "konspirativ operierender Struktur" aus
Eisenreich zufolge basierte die Generalstaatsanwaltschaft ihren angenommenen Anfangsverdacht auf verschiedene Faktoren: Die Letzte Generation soll nach Einschätzung der Ermittler "über eine professionelle, hierarchisch und konspirativ operierende Struktur, mit mittlerweile mehreren hundert Aktivisten deutschlandweit" verfügen. Ein "prägendes Ziel" sei es, Straftaten zu begehen, um mediale Aufmerksamkeit zu erlangen. Dies zeige sich zum Beispiel daran, dass bei Rekrutierungen ausdrücklich Aktivisten gesucht würden, die bereit seien, ins Gefängnis zu gehen, sagte er.
Des Weiteren wiesen die Ermittler darauf hin, dass die zahlreichen Straftaten eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen. Teil des Verfahrens ist auch ein versuchter Angriff auf eine wichtige transalpine Ölleitung. Insgesamt stellen die Ermittler eine "Eskalationstendenz" fest, sagte Eisenreich. Die Durchsuchungen dienten der Sicherstellung von Beweismitteln und Finanzmitteln zur Begehung von Straftaten.
Die Letzte Generation organisiert regelmäßig Sitzblockaden und Aktionen in Museen, um auf die Folgen der globalen Erwärmung aufmerksam zu machen. Ihre Mitglieder kleben sich oft an Straßen oder Kunstwerke - behindern dabei jedoch auch Einsatzfahrzeuge. Ihnen werden auch Angriffe auf Einrichtungen der Ölindustrie vorgeworfen. Mit ihrem Protest möchte die Letzte Generation klimapolitische Defizite anprangern - insbesondere in Bezug auf die enormen klimaschädlichen Emissionen des Autoverkehrs.
Die Letzte Generation will Berlin lahmlegen – was bisher geschah

Innenstaatssekretär Sandro Kirchner (CSU) konnte zu Vorwürfen einzelner Betroffener außerhalb Bayerns, Polizisten seien mit gezogenen Waffen zu den Durchsuchungen gekommen, nichts sagen. In Bayern sei jedenfalls kein Objekt mit gezogener Schusswaffe betreten worden.