Es ist bereits des 90. rheinische Derby in der Bundesliga. Doch schon vor dem Anpfiff ist nun klar, dass dieses prestigeträchtige Duell zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1.FC Köln einen festen Platz in der Ligahistorie haben wird. Tatsächlich wird das Nachholspiel vom 21. Spieltag am Mittwoch das erste angeordnete Geisterspiel in 57 Jahren Bundesliga sein.
Grund der ungewöhnlichen Maßnahme ist der Kampf gegen die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus. Schon die Austragung der Partie zwischen Gladbach und dem BVB vor Zehntausenden Zuschauern am vergangenen Samstag stieß auf Unverständnis, da der Borussia-Park nur wenige Kilometer vom Landkreis Heinsberg entfernt liegt, dem bisher deutschlandweit am stärksten von dem Virus betroffenen Gebiet. Nun zieht man also die Konsequenzen.
Bisherige Geisterspiele nur in der 2. Liga
Ein völliges Novum sind Begegnungen ohne Zuschauer im Profi-Spielbetrieb dennoch nicht. In der 2. Bundesliga wurden bisher drei Spiele ohne Publikum durchgeführt. Die Zweitliga-Geisterspiele waren:
Alemannia Aachen – 1.FC Nürnberg (26. Januar 2004)
Die Partie am Aachener Tivoli zwischen der heimischen Alemannia und dem "Club" aus Nürnberg war ein Wiederholungsspiel, das ohne Zuschauer ausgetragen wurde, da im regulären Spiel der Nürnberger Trainer Wolfgang Wolf von einem Wurfgeschoss am Kopf getroffen wurde. Insgesamt waren nur etwa 250 Personen im Stadion zugelassen – vor allem Betreuer, Sicherheitspersonal und Journalisten. Die Gastgeber gewannen mit 3:2.
Hansa Rostock – Dynamo Dresden (18. Dezember 2011)
Das zweite Geisterspiel in Rostock zwischen dem FC Hansa Rostock und Dresden endete 2:2. Es war ein Strafspiel. Der DFB hatte die Gastgeber nach Ausschreitungen im Spiel gegen den FC St. Pauli zu einer Partie ohne Zuschauer verurteilt.
Dynamo Dresden – FC Ingolstadt (11. März 2012)
Die Dresdener waren auch vom dritten Geisterspiel betroffen. Die Sachsen mussten vor leeren Rängen gegen den FC Ingolstadt antreten. Grund waren Ausschreitungen der Dynamo-Fans beim vorangegangenen Pokalspiel gegen Borussia Dortmund. Tausende Fans unterstützten ihre Mannschaft mit Gesängen vor den Stadiontoren. Die Partie endete 0:0.
Geisterspiele für Bundesligisten in Europa
In den "Genuss" eines Geisterspiels wird auch Borussia Dortmund an diesem Mittwoch kommen. Das Auswärtsspiel in der Champions League bei Paris St. Germain wird ebenfalls vor leeren Rängen stattfinden. Auch hier ist der Grund die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus.
Was für den BVB ein Novum ist, hat es für deutsche Clubs auf europäischer Ebene bereits vier Mal gegeben. So trat der FC Bayern München in der Champions League im September 2014 bei ZSKA Moskau vor leeren Rängen an, weil die Uefa damit gegen anhaltende rassistische Beleidigungen durch Fans des russischen Clubs vorgehen wollte. Wegen vorangegangener Fanausschreitungen bei den jeweiligen Gastgebern spielten vor leeren Rängen auch Bayer Leverkusen (bei AS Rom im November 2004 in der Champions League), Schalke 04 (bei Paok Saloniki im August 2013 in der Champions-League-Qualifikation) und Eintracht Frankfurt (bei Olympique Marseille im September 2018 in der Europa League).
Auch Revierderby BVB gegen Schalke vor leeren Rängen
Auf nationaler Ebene folgt am kommenden Wochenende mindestens ein weiteres Geisterspiel. Auch das ebenso prestigeträchtige Revierderby zwischen Dortmund und Schalke wird vor leeren Rängen gespielt. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) will den 26. Spieltag der Bundesliga-Saison aber auf jeden Fall ausgetragen. Sollten wegen des Coronavirus durch örtliche Behörden weitere Zuschauerbeschränkungen angeordnet werden, sollen die entsprechenden Partien vor leeren Rängen stattfinden.
Kommende Woche wollen sich die Vereine der 1. und 2. Bundesliga dann darüber verständigen, wie der Spielbetrieb im Zeichen des Coronavirus fortgeführt werden soll. Geisterspiele bedeuten vor allem für die gastgebenden Mannschaften eine Benachteiligung, da die Unterstützung der eigenen Fans fehlt. Daher stellt sich auch die Frage, ob nicht nur wegen des Virus, sondern auch aus Gründen des fairen Wettbewerbs alle Partien als Geisterspiele ausgetragen werden müssten – mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen für die Vereine.
Der Pay-TV-Sender Sky teilte der "Rheinischen Post" mit, dass er trotz der Zuschauerbeschränkungen derzeit nicht davon ausgeht, dass er Bundesliga-Partien im Free-TV zeigen wird. In den Verträgen sei das nicht vorgesehen. Man wolle aber wegen der Ausnahmesituation im Austausch mit der DFL bleiben, hieß es in einer Sky-Mitteilung.
Quellen: Nachrichtenagentur DPA, "bundesliga.de", "Rheinische Post"