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Nato-Panzer Leopard 2 Nachfolger und T-14 Armata - darum sterben die Panzer nicht aus

Der Leopard galt als bester Panzer seiner Ära - aber die neigt sich nun nun zu einem Ende.
Der Leopard galt als bester Panzer seiner Ära - aber die neigt sich nun nun zu einem Ende.
© Peter Steffen / DPA
Seitdem Russland den Super-Panzer T-14 Armata vorgestellt hat, arbeitet man auch im Westen an neuen Kampfpanzern. Der stern sprach mit dem britischen Militärexperten Nicolas Drummond über den Kampfpanzer der Zukunft und die Schwächen der aktuellen Modelle.

Herr Drummond, die Panzertruppe der Bundeswehr basiert heute auf dem Leopard 2. Die Panzer wurden modernisiert, aber das Design stammt aus den Siebzigerjahren. Ist der Leopard den Herausforderungen von heute und morgen gewachsen? 

Der Kampfpanzer Leopard 2 ist einer der leistungsfähigsten Kampfpanzer der Welt. Mit einer starken 120 mm Glattrohrkanone, einer fortschrittlichen Panzerung und einem leistungsstarken MTU-Dieselmotor balanciert er das "eiserne Dreieck" aus Feuerkraft, Schutz und Mobilität perfekt aus.

Doch auch die neueste Version geht auf die 1980er Jahre zurück. Trotz diverser Upgrades der Feuerleitanlage und Verbesserungen der Feuerkraft ist die große Zeit des Leopard 2 unwiderruflich vorbei, der Panzer ist an die Grenzen seines Entwicklungspotenzials gestoßen. Oder, wie es ein Rheinmetall-Mitarbeiter sagte: "Man kann sie mit Lippenstift schminken, aber sie ist bleibt immer noch eine alte Dame."

Die Türkei hat eine ganze Reihe Leopard-2-Panzer in Syrien verloren. Einige Kommentatoren sagten, der Leopard 2 war ein wunderbarer Panzer – bis er nach Syrien kam.

Ja, auch darum muss sich Deutschland vom Leopard 2 verabschieden. Sicher, die türkischen Leopard 2 wurden ohne Infanterie eingesetzt und konnten daher leicht von Panzerabwehrraketen angegriffen werden. Eine Schwäche in der seitlichen Panzerung des vorderen Panzers führt jedoch dazu, dass das Munitionslager neben dem Fahrer sehr verwundbar ist. Beim Durchschlag der Ladung entzündete sich die Munition. Das hat zur vollständigen Zerstörung mehrerer Panzer geführt. Der Leopard 2 hat hier einen gravierenden Konstruktionsfehler. Obwohl neuere Versionen des Leopard 2 einen verbesserten Seitenschutz besitzen, ist es einfach keine gute Idee, die Munition im vorderen Teil eines Panzers zu lagern.

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Nach 1989 wurde die Panzertruppe in Deutschland enorm verkleinert und sehr stiefmütterlich behandelt. Schwere Panzer konnten nicht für eine Art Polizeieinsatz im Auftrag der UNO eingesetzt werden. Mein Eindruck ist, dass die Tanks eine Menge Staub und Rost ansetzten.

Nach der Auflösung der Sowjetunion im Jahr 1990 erlaubte die "Friedensdividende" allen NATO-Mitgliedern, die Verteidigungsausgaben in andere Haushaltsbereiche umzuleiten. Ein großer Teil der Ausrüstung, die wir hatten, wurde eingelagert. Oft ohne regelmäßige Wartung. Die US Armee hat 4000 M1 Abrams Panzer in der kalifornischen Wüste geparkt. Das Vereinigte Königreich hat seine Tankflotte auf 398 reduziert. Deutschland und Frankreich taten dasselbe.

Nicholas Drummond

Nicholas Drummond ist ein Großbritannien ansässiger Strategieberater, der hauptsächlich die Verteidigungsindustrie berät. Sein Spezialgebiet ist die Landkriegsführung mit Fahrzeugen, Kleinwaffen und anderen Infanterie-Waffensystemen.

Neben seiner Arbeit betreibt er den Blog UKLandPower.com und kommentiert aktuelle Entwicklungen bei Twitter. Zuvor diente er als Offizier in der britischen Armee und war auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges in Deutschland stationiert. Er hat einen Master-Abschluss in Recht und Wirtschaft vom Trinity College in Cambridge und besuchte die Royal Military Academy in Sandhurst.

Die Aufstandsbekämpfung im Irak und in Afghanistan hat den Schwerpunkt der Planung von einer konventionellen Kriegsführung der hochintensiven Bewegungsschlachten weg bewegt. Bis 2014 dachten viele Strategen, schwere Panzerungen wären überflüssig. Dann hat Russland die Krim annektiert und militärische Kräfte aus Russland sind in der Ost-Ukraine aufgetaucht - jetzt reden alle vom 'Kalten Krieg 2'.

Die Entscheidung vieler NATO-Armeen, ihre Panzerflotten verkümmern zu lassen, erscheint heute auch aus einem anderen Grund kurzsichtig. Obwohl Panzer für die Bekämpfung von Aufständischen nicht relevant waren, forderte auch dort der Schutz vor Minen und Sprengsätzen eine ganz neue Klasse von gepanzerten Fahrzeugen.

Nachdem sich die Beziehungen zu Russland rapide verschlechterten und der T-14 Armata vorgestellt wurde, gingen die Lichter in dem vergessenen Lagerhaus, in dem unsere Panzer vor sich hin rosteten, plötzlich an und die Öffentlichkeit sah, wie schlecht es um die Panzertruppen stand. Wie hoch ist der Zeitdruck heute? 

Der T-14 ist ein gewaltiger Schritt vorwärts im Tankdesign. Basierend auf den Spezifikationen, die veröffentlicht wurden, wird der T-14 wahrscheinlich alle alten NATO-Panzer, einschließlich Leopard 2, M1A2 Abrams und Challenger 2, übertreffen. Ein T-14 wiegt 30 Prozent weniger als unsere Tanks und ist viel besser einsetzbar. Da die Entwicklung von Kampfpanzern seit 30 Jahren stagniert, befinden wir uns jetzt in der Position, sehr schnell aufholen zu müssen.

Es dauert aber 10 Jahre, bis ein neues gepanzertes Fahrzeugdesign entwickelt und optimiert ist. Der Schützenpanzer Puma der Bundeswehr und der Ajax CRV der britischen Armee haben jeweils ein Jahrzehnt gebraucht. Also muss man sofort mit der Entwicklung eines Ersatzes beginnen.

Moskau hat im Moment ungefähr 100 T-14 Panzer bestellt, es wird noch Jahre dauern, bis der T-14 in großen Stückzahlen verfügbar ist. Doch Moskau modernisiert parallel die alten Modelle im schnellen Tempo.

Das machte es nur noch dringender, jetzt zu handeln. Sehen Sie sich den russischen T-90 an. Er basiert auf dem T-72, wird zurzeit in großer Zahl modernisiert. Russland hat außerdem etwa 10.000 T-72 zur Verfügung. Diese alten Panzer sind den westlichen Kampfpanzer unterlegen, aber wie es Stalin formuliert: "Quantität besitzt eine ganz eigene Qualität".

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Nicht erst seit dem Krieg in Syrien bezweifeln viele den Sinn von Panzereinheiten. Moderne Panzerabwehrraketen machten es möglich, Kampfpanzer aus großer Entfernung zu bekämpfen. Sind Panzerbrigaden heute noch so wichtig wie früher?

Kampfflugzeuge und Kampfhubschrauber zerstören Bodenziele. Sie brauchen sich nur die Aufnahmen der Irak-Kriege anzusehen, um zu sehen, wie effektiv Langstrecken-Panzerabwehrraketen sein können. Sie können Panzer aus Entfernungen zerstören, die weit über die Reichweite der Panzer hinausgehen. Aber: Flugzeuge können zerstören, aber sie können den Boden nicht besetzen oder halten. Dazu braucht man Panzer und gepanzerte Infanterie. Aus dem Konflikt in der Ukraine haben wir auch gelernt, dass die Infanterie heute ein hohes Maß an Schutz benötigt. Etwa vor Artillerie.

Und beim Einsatz von Artillerie ist Russland im Vorteil. Wenn Sie keine gepanzerten Fahrzeuge haben, werden Ihre Soldaten nicht lange überleben. Daher bleiben gepanzerte Einheiten weiterhin relevant für die heutige Kriegsführung.

Der wichtigste Grund für Panzer-Brigaden sind die gegnerischen Panzer. Nach verschiedenen Schätzungen sind weltweit rund 100.000 Tanks in Betrieb oder eingemottet. Solange diese eine potenzielle Bedrohung bleiben, müssen wir Mittel besitzen, um ihnen entgegenzutreten.

Nato-Panzer: Leopard 2 Nachfolger und T-14 Armata  - darum sterben die Panzer nicht aus

Es wird Jahre dauern, bis ein Nachfolger des Leopard 2 im Einsatz ist. Was kann man heute tun, um diese Zeit zu überbrücken?

Alle NATO-Armeen müssen in neue Panzer und Schützenpanzer investieren. Die deutsch-französische Partnerschaft von Nexter und Krauss Maffei hat bereits mit der Konstruktion eines Tanks der nächsten Generation begonnen. Bisher wurden vier Konzepte entwickelt, die viele Designmerkmale der russischen T-14 beinhalten. Innerhalb von 2-3 Jahren können wir mit ersten Prototypen rechnen und die ersten Serienmodelle könnten um 2030 bereitstehen.

Auch die USA arbeiten an einem neuen Bodenkampffahrzeug, um den Abrams M1A2 zu ersetzen. Ich erwarte, dass der Nachfolger etwa zur gleichen Zeit wie der Leopard 3 fertig wird. 

Sollte sich die geopolitische Lage unerwartet verschlechtern, könnte Deutschland weitere Leopard 2 Panzer nach dem neuesten Stand der Technik produzieren. Da die Produktionslinie existiert, sollte das kein allzu großes Problem darstellen.

Deutschland könnte dann auch einen stark verbesserten Leopard 2 für den Übergang entwickeln. Das Modell könnte mit der neuen 130-mm-Kanone von Rheinmetall, die die vorhandene 120-mm-L/55-Kanone ersetzt, einem automatischen Lader und einem erhöhten Schutz der bekannten Schwachstellen ausgestattet werden.

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Teil II des Interviews:

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