Gericht verbietet Nachtflüge in FFM Presseschau zum Nachtflugverbot

Am Frankfurter Flughafen soll nächtliche Ruhe einziehen - jetzt auch höchstrichterlich bestätigt. Für die Luftfahrtbranche ist es ein Rückschlag, für Anwohner um das Drehkreuz ein Grund zum Aufatmen.

Nach jahrelangen Protesten bekommen lärmgeplagte Anwohner am größten deutschen Flughafen in Frankfurt/Main dank eines dauerhaftes Nachtflugverbots mehr Ruhe. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig kippte am Mittwoch eine vom Land Hessen genehmigte Regelung, die zwischen 23.00 bis 5.00 Uhr im Schnitt 17 Starts und Landungen erlaubte. Die Genehmigung für den Flughafenausbau muss nun nachgebessert werden. Die deutsche Luftverkehrswirtschaft fürchtet Nachteile im internationalen Konkurrenzkampf, Fluglärmgegner sehen sich bestätigt. Bundesweite Nachtflugregeln sind nicht in Sicht.

"Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Frankfurt)

Völlig unterschätzt hatte die Wiesbadener Landesregierung, dass die Revision gegen das Nachtflugverbot im Volk günstigstenfalls wie Winkeladvokatentum, schlimmstenfalls tatsächlich wie Wortbruch ankommen musste. So entstand der Eindruck, die Landesregierung mache sich zum Werkzeug der Geschäftsinteressen der Lufthansa. Dass die Leipziger Entscheidung jetzt als krachende Niederlage für Kochs Nachfolger Bouffier gelesen wird, ist die logische Folge. Fast als Randnotiz wird vermerkt, dass die Richter die überragende Bedeutung eines Weltflughafens für eine Exportnation anerkannt und die Rechtmäßigkeit des Flughafenausbaus bestätigt haben. Denn auch dagegen war geklagt worden.

"Stuttgarter Zeitung" (Stuttgart)

Auch ohne Bundesgesetz lässt das aktuelle Urteil zusammen mit den Grundsätzen, die das Gericht im vergangenen Herbst zu den Nachtflugregelungen am neuen Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg entwickelt hat, einen sehr klaren Trend erkennen. Der Anwohnerschutz wiegt in der Nacht besonders schwer, die Luftfahrt-Interessen werden hingegen am Tage berücksichtigt. Der Ausbau von Infrastruktur bleibt auch dann möglich, wenn diese in dicht besiedeltem Bereich beheimatet ist. Beides ist wichtig und richtig.

"Fränkischer Tag" (Bamberg)

Wenig glücklich werden die Gegner einer dritten Startbahn für den Flughafen München sein, auch wenn sie nach außen hin das Urteil begrüßt haben. Wenn die Bundesrichter im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung ihrer Linie treu bleiben, dann dürfte der Ausbau kaum zu verhindern sein.

"Donaukurier" (Ingolstadt)

Zwar sind die Deutschen Reiseweltmeister, Flughäfen aber mögen sie nicht - zumindest, wenn sie in deren unmittelbaren Nähe wohnen und deren Schattenseiten ertragen sollen. Die Reisebranche warnt nach dem Richterspruch unterdessen vor höheren Preisen für Urlaubsflüge. Im Sinne der Marktwirtschaft wäre es eigentlich gar nicht schlecht, wenn einmal die Nutznießer zur Kasse gebeten würden.

"Financial Times Deutschland" (Hamburg)

Kindern muss man gelegentlich bedeuten, wie wichtig ein gesunder Schlaf ist. Nichts anderes haben die Bundesverwaltungsrichter getan, als sie das Nachtflugverbot auf dem Frankfurter Flughafen bestätigten. Sie stellen die Nachtruhe der Bürger über die Interessen der Wirtschaft. Nicht grundsätzlich und für die Ewigkeit. Sondern unter Berücksichtigung der Vorgeschichte, die ein Paradebeispiel für politische Willkür ist...

"Dresdner Neuesten Nachrichten" (Dresden)

Die oberste Instanz bleibt ihrer Linie treu und wägt differenziert ab. Der Frankfurter Konflikt spielt sich in einem dicht besiedelten Terrain mit starker Wirtschaft ab. Die Richter haben gestern den Bau der ohnehin längst fertigen neuen Landebahn im Nachhinein gebilligt. Die Menschen werden am Tage mit dem Getöse leben müssen, aber zumindest zur Schlafenszeit Ruhe haben. Das Leipziger Fracht- Drehkreuz könnte theoretisch von den Beschränkungen in Hessen profitieren. Noch mehr Nachtflüge im Sächsischen würden allerdings nicht nur Arbeitsplätze bringen, sondern neuen Unmut bei Anwohnern auslösen. Doch der rechtliche Spielraum für eine deutliche Zunahme solcher Starts und Landungen ist ohnehin nicht vorhanden. Dafür haben die Richter schon in ihrem Urteil von 2006 gesorgt. Es schuf keine Ruhe, aber es vermeidet zumindest neuen Streit.

"Rhein-Zeitung" (Koblenz/Mainz)

Es gibt also doch eine Grenze. Irgendwann ist Schluss mit neuen Belastungen für die Bevölkerung, mit noch mehr Lärm und noch mehr Lärm. Dann schreiten die Richter ein und sagen: "Bis hier hin und nicht weiter. Gesundheit geht vor!" Ganz ehrlich: Wer hätte das wirklich noch geglaubt? Das Leipziger Urteil ist deshalb eminent wichtig für den Frieden im Land - den Frieden der Bürger mit ihrem Staat und dessen Repräsentanten. Gut, wenn sich Bürger in ihrer Ohnmacht vor den Oberen an unabhängige Gerichte wenden können, die sich dem Druck mächtiger Interessengruppen nicht beugen. Gut, wenn öffentliche und private Planer von Großprojekten spüren, dass die Bürger nicht einfach übergangen werden dürfen. Dass sie ihr Recht einfordern - und es auch bekommen.

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kave/DPA/AFP