Die britische Regierung hat ihr Vorhaben für ein drastisch verschärftes Asylrecht vorgestellt. "Wenn Sie illegal hierherkommen, können Sie kein Asyl beantragen. Sie können keine fadenscheinigen Menschenrechtsansprüche geltend machen und nicht bleiben", sagte Premierminister Rishi Sunak am Dienstag in London.
Er hatte schon vor der Vorstellung der Pläne in einem Artikel in der "Sun" geschrieben: "Ich übernehme ein für alle mal wieder die Kontrolle über die britischen Grenzen". Seine Begründung: "Diejenigen, die in kleinen Booten ankommen, fliehen jedoch nicht direkt aus einem vom Krieg zerrütteten Land oder sind unmittelbar vom Tod bedroht. Stattdessen sind sie durch sichere europäische Länder gereist, bevor sie den Ärmelkanal überquert haben."
Die britische Regierung steht durch eine Rekordzahl über den Ärmelkanal einreisender Migranten unter Druck. Allein im vergangenen Jahr waren fast 45.000 Menschen illegal über den Ärmelkanal von Frankreich nach England gelangt – im Vergleich zu fast 30.000 im Jahr 2021.
Großbritannien beschränkt das Asylrecht
Nun untersagt der Gesetzentwurf illegal eingereisten Migranten, Asyl zu beantragen. "Wir werden diejenigen, die illegal hierher kommen, festsetzen und sie dann innerhalb von Wochen abschieben", sagte Sunak. Diese Menschen sollten dann entweder in ihr Heimatland – sofern dieses sicher sei – oder "in ein sicheres Drittland wie Ruanda" abgeschoben werden. Zugleich solle ihnen für die Zukunft die Wiedereinreise nach Großbritannien untersagt werden.
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Außerdem soll dem Plan zufolge die Möglichkeit eingeschränkt werden, Berufung gegen eine Abschiebung einzulegen. Ferner soll es eine Obergrenze für Flüchtlinge geben, die auf legale Weise ins Land kommen.
Uno kritisiert "Asylverbot"
Die Uno kritisierte, das Vorhaben komme einem "Asylverbot" gleich. Das UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) forderte "humanere Lösungen" statt der britischen Pläne. "Die Gesetzgebung würde, wenn sie verabschiedet wird, einem Asylverbot gleichkommen – und das Recht auf Flüchtlingsschutz im Vereinigten Königreich für diejenigen auslöschen, die irregulär ankommen, egal wie aufrichtig und überzeugend ihr Anspruch sein mag", erklärte das UNHCR.
Innenministerin Suella Braverman räumte in einem Beitrag in der Zeitung "Telegraph" ein, mit dem Gesetzesprojekt "die Grenzen des internationalen Rechts gedehnt" zu haben. Vor dem Unterhaus sagte sie außerdem, keine "endgültige" Aussage dazu machen zu können, ob ihr Entwurf die britische Menschenrechtsgesetzgebung respektiere.
Innenministerin Braverman verteidigt Gesetzesentwurf
Braverman teilte mit, dass Gespräche Großbritanniens mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) angestoßen worden seien. "Wir brechen keine Gesetze und kein Regierungsvertreter hat gesagt, dass wir Gesetze brechen", sagte sie dem Sender Sky News. "Vielmehr haben wir sehr deutlich gemacht, dass wir der Ansicht sind, dass wir alle unsere internationalen Verpflichtungen einhalten." Die Ministerin nannte unter anderem die Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention.
Braverman sprach von "mitfühlenden, aber notwendigen und fairen Maßnahmen". "(Die Migranten) brechen unsere Gesetze, sie missbrauchen die Großzügigkeit des britischen Volkes und wir müssen jetzt dafür sorgen, dass sie davon abgehalten werden", so die Ministerin, die zum rechten Flügel der Konservativen Partei gehört.
Asyl beantragen in Großbritannien
Menschenrechtsgruppen und die Opposition nennen das Vorhaben "undurchführbar" und werfen der Regierung vor, schutzbedürftige Flüchtlinge zu Sündenböcken zu machen. "Wir fragen uns, wie man in Großbritannien Asyl beantragen können soll, wenn man vor Verfolgung oder Krieg flieht, wenn man aus Afghanistan oder Syrien flieht und um sein Leben fürchtet?", sagte Christina Marriott vom Britischen Roten Kreuz dem Sender Sky News.

Seit Jahren versucht London, die illegale und oft auch gefährliche Einreise über den Ärmelkanal zu unterbinden. Unter dem früheren Premierminister Boris Johnson hatte Großbritannien ein umstrittenes Abkommen mit dem ostafrikanischen Ruanda geschlossen, um Asylsuchende dorthin auszufliegen. Dies sollte Menschen davon abschrecken, die Überfahrt über den Ärmelkanal zu unternehmen.
Bisher keine Abschiebung nach Ruanda
Die Umsetzung des Abkommens mit Ruanda war bisher aber gescheitert. So wurde ein für Juni 2022 geplanter Flug mit Migranten in das ostafrikanische Land nach einem Urteil des EGMR kurzfristig gestrichen. Im Dezember urteilte dann der Londoner High Court, die Abschiebungen nach Ruanda seien rechtmäßig – doch ist das Vorhaben weiter Gegenstand von Berufungsverfahren.
Weitere Quellen:Rishi Sunak in "The Sun", Suella Braverman in "The Telegraph", Video der Pressekonferenz von Rishi Sunak, Mitteilung des UNHCR.