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Julian Assange Hetze nach der Wikileaks-Methode

Die Leaking-Plattform treibt in sozialen Netzwerken eine Hasswelle gegen einen in Deutschland lebenden Aktivisten voran. Der fürchtet nun um seine Sicherheit. Chronik einer angekündigten Treibjagd.
Von Sylvia Margret Steinitz

Mark G. ist eine unauffällige Erscheinung. Ein leise auftretender Mittfünfziger, der Akzent verrät seine britische Herkunft, und bereits beim ersten Gespräch wird klar, dass er allem und jedem misstraut. Dem Staat, seinen Kritikern und besonders den Medien. "Hey", scherzt er, "nur weil du paranoid bist, heißt das nicht, dass sie nicht hinter dir her sind." Aus seinem Rucksack holt er einen Laptop, einen USB-Stick, Ausdrucke von Screenshots, die er auf dem Tisch ausbreitet. Die durchdokumentierte Geschichte einer Auseinandersetzung mit der Whistleblowerplattform Wikileaks und einer Gruppe von Unterstützern in aller Welt. Eine Auseinandersetzung, die Mark G.s Ruf, ja, seine Existenz zu vernichten droht. Die Methoden reichen vom Doxxing, also dem Veröffentlichen privater Informationen wie Fotos und Wohnadressen im Internet, bis zu glatter Verleumdung. Woher dieser Hass auf einen einzelnen Mann kommt, das ist eine Geschichte, die mehr über Wikileaks & Co. aussagt als über ihr Zielobjekt.

Es war einmal ein Held

Es ist etwas mehr als vier Jahre her, dass Mark G. eine Fernsehdokumentation über Julian Assange sah. Der Netzrebell, verfolgt von den USA, möglicherweise Opfer einer Schmutzkübelkampagne aus Schweden, zog ihn mit spektakulären Leaks und dem Image des furchtlosen Aufdeckers dunkler Staatsgeheimnisse in seinen Bann. "Da war jemand, der den Mächtigen der Welt die Stirn bot – das wollte ich unterstützen", erinnert sich Mark G. Ende 2010 war Wikileaks Kult, Julian Assange galt als Held einer neuen Generation kritischer Bürger. An den Stammtischen wurde plötzlich über sicheres Surfen diskutiert, über "open government" und das, was Geheimdienste hinter verschlossenen Türen mit den Nutzerdaten unbescholtener Bürger machen. Es war, als erwachte eine ganze Gesellschaft, die auf dem Weg in ein neues Biedermeier schien, aus einer Art Dornröschenschlaf.

Julian Assange trat als David 2.0 gegen die Goliaths dieser Welt an, gegen korrupte Regierungen, böse Konzerne, fiese Banken. Seine Waffen: langjährige Erfahrungen als Hacker, eine Webseite und das Versprechen an potenzielle Whistleblower: Wenn ihr uns eure Leaks anonym schickt, bringen wir die Informationen in die Öffentlichkeit. Das Konzept war nicht neu, doch Julian Assange war die richtige Person zur richtigen Zeit, um die Anliegen der Hacktivisten, wie sich Hacker mit politischen und gesellschaftlichen Idealen nennen, in den Mainstream zu tragen.

Wie so viele andere war Mark G. begeistert. Seit über 20 Jahren lebt der gebürtige Londoner schon in Deutschland, war immer schon interessiert an "gerechten Sachen", wie er sagt. Tierschutz. Freiwilligenarbeit jeder Art. Hauptberuflich betreute er Schwerstbehinderte in verschiedenen Wohnheimen. Einer wie er rutscht üblicherweise durch die Maschen der öffentlichen Aufmerksamkeit, zu unbedeutend, zu wenig Glamour. G. ist einer von denen, die andere dabei unterstützen, Geschichte zu schreiben, selbst in den Geschichtsbüchern jedoch nicht vorkommen.

Organisation Wikileaks kämpft um ihre Rolle

2015 ist es um Wikileaks ruhig geworden. Die Organisation kämpft um ihre Rolle im internationalen News-Zirkus. Mehrere Gerichtsverfahren, unter anderem um Schadensersatz für entgangene Spenden, die durch die rechtlich nicht gedeckte Spendenblockade großer Kreditkartenunternehmen gegen Wikileaks verloren gingen, kosten Zeit und Geld. Die Probleme des Gründers Julian Assange mit der Justiz und der ungeklärte Status seiner Plattform – Gilt Wikileaks als Medium oder nicht? – sorgen dafür, dass Whistleblower wieder vermehrt "konservative" Partner für ihre Leaks suchen. Edward Snowden etwa, der wahrscheinlich bedeutendste Whistleblower der jüngeren Geschichte, betont immer wieder, dass er Wikileaks schätzt. Seine NSA-Daten vertraute er jedoch anderen an – dem Journalisten und Aktivisten Glenn Greenwald und der Dokumentarfilmerin Laura Poitras.

Julian Assange positioniert sich nun mehr und mehr als Kommentator des digitalen Weltgeschehens und irritiert zusehends mit fragwürdigen Sichtweisen. Gleich mehrfach protestierte Wikileaks etwa gegen internationale Versuche, die Propaganda der Terrororganisation Islamischer Staat, kurz IS, im Netz zu unterbinden. Freiheit für alle, um alles zu sagen, oder so ähnlich. Wenn es sich jedoch um Kritik an Wikileaks selbst handelt, sieht die Sache anders aus, wie Mark G. am eigenen Leib erfahren musste.

Schleichendes Gift

Im Jahr 2010 war der gebürtige Brite noch ein glühender Verteidiger des Wikileaks-Gründers, startete eine Web-Initiative, www.support-julian-assange.com. Assange Gründer war gerade wegen der Vorwürfe sexueller Straftaten gegen zwei Schwedinnen in London in Untersuchungshaft genommen worden, die Aufregung groß. "Ich dachte damals, die Vorwürfe seien unbegründet", sagt Mark G. rückblickend. "Heute sehe ich das anders."

Ende Januar 2011 kontaktierte ihn S. T., ein zu diesem Zeitpunkt enger Vertrauter von Julian Assange, der später für einen Skandal sorgen sollte, als er zum FBI-Spitzel gegen Wikileaks wurde. "In dieser Zeit wurde die Idee geboren, ein eigenes Diskussionsforum für Wikileaks-bezogene Themen zu gründen", erinnert sich Mark G. "Im Februar erhielt ich außerdem Administratorenrechte für die offizielle Facebookseite von Wikileaks. Im März 2011 startete dann das Wikileaks-Forum." Wikileaks bewarb das Forum, das schnell über 15.000 Mitglieder hatte, erklärte jedoch von Anfang an, es sei "eine von Wikileaks-Unterstützern betriebene Seite", Wikileaks selbst übernehme keine Verantwortung für dort veröffentlichte Inhalte.

Alles lief gut, bis Wikileaks die sogenannten Syrien-Files veröffentlichte. "Die Herkunft dieser Daten war ungeklärt", sagt Mark G. "Alles deutete darauf hin, dass es sich nicht um Leaks eines Whistleblowers, sondern um gestohlene Daten handelte. Darüber wurde auch im Wikileaks Forum diskutiert. Und natürlich gab es auch kritische Stimmen." Dann postete er auf der Facebook-Seite weitere Informationen über Syrien, "damit User sich ein besseres Bild von der Sache machen konnten". Doch das gefiel Wikileaks offenbar nicht. Mark G. zieht Ausdrucke von Chatprotokollen hervor. "Hier zum Beispiel", er zeigt auf die Stelle, "verlangen sie von mir, dass ich diese Infos von der Seite nehme, das habe mit Wikileaks nichts zu tun. Hatte es aber: Es waren Zusatzinformationen, um die Leaks einordnen zu können. Ich verstand die Aufregung nicht."

Unbekannter schießt Foto von Marc G.

Kurz darauf sitzt Mark G. in einem Straßencafé in Frankfurt. "Plötzlich hielt vor uns ein Auto, ein mir unbekannter Typ fotografierte mich, dann fuhr der Wagen weiter." Alarmiert fragte G. bei Wikileaks nach, ob man dort wüsste, was das soll. Das Chatprotokoll, das G. vorlegt, zeigt die Konversation zwischen ihm und Sarah Harrison, der engsten Mitarbeiterin von Julian Assange bei Wikileaks. Daraus geht hervor, dass Harrison die Bedeutung des Zwischenfalls herunterspielt, G. möglicherweise auch nicht glaubt. Mark G. sagt, er habe einen Zeugen für diese Begegnung. "Mir ist klar, dass das James-Bond-mäßig klingt. Aber ich habe keinen Grund, so etwas zu erfinden. Ich habe auch bis heute keine Ahnung, wer die Typen geschickt hat."

Bald gibt es neuen Ärger: Mark G. wird als Administrator der Wikileaks-Facebook-Seite geschasst. "Meine ganze Arbeit, die Zeit und Opfer, die ich WikiLeaks gebracht hatte – weggewischt. Warum? Das hat man mir bis heute nicht erklärt." Schließlich meldet sich ein Wikileaks-Mitarbeiter bei Mark G.: Die Chatprotokolle zeigen, dass Julian Assange wolle die E-Mail-Adressen der 15.000 Mitglieder des Wikileaks Forums. "Ich habe ihm erklärt, dass ich das nicht machen kann, weil die Weitergabe solcher Daten in Deutschland untersagt ist", sagt Mark G. "Auch sonst fand ich die Forderung seltsam. Man muss die Leute zumindest vorher fragen, ob man ihre Daten weitergeben darf." Mark G. bietet mehrere Möglichkeiten an, die User zu informieren, dass Wikileaks sie gerne kontaktieren würde. Der Wikileaks-Mitarbeiter lehnt alles ab, er will nur die Adressen. G. hat alles durchdokumentiert, zeigt Seiten um Seiten von Protokollen, Ausdrucken, Screenshots.

Wenig später beginnen die Verleumdungen: Das Wikileaks Forum verbreite schädliche Software, sogenannte Malware, wird da plötzlich von Wikileaks via Twitter behauptet. Mark G. dementiert sofort. Dann heißt es, das Wikileaks Forum sei "fake", Wikileaks unterstütze es nicht. G. kontert mit einer Dokumentation der Ereignisse, die anderes besagt. Der Ton auf beiden Seiten wird schärfer. "Natürlich haben wir auch Kritik an Julian Assange zugelassen", sagt G. "Aber ganz ehrlich – das Prinzip der Meinungsfreiheit wurde für unpopuläre Meinungen kreiert. Entweder es gilt für alle oder für keinen."

Wikileaks unterstellt FBI-Verbindungen

Irgendwann begann Wikileaks, Mark G. als Mann mit FBI-Verbindungen zu verleumden. Wikileaks hat zweieinhalb Millionen Follower, das Wort "FBI" bedient in diesem Umfeld Beißreflexe. Im Netz begann eine richtiggehende Treibjagd. "Ich wusste gar nicht, wie mir geschieht", sagt Mark G., "und habe mich bei manchen Gefechten im Ton vergriffen. Aber ich war allein gegen eine Armada von Fanatikern." 2013 reichte es Mark G. – er übergab das Wikileaks Forum an neue Besitzer und zog sich zurück. "Nach dem, was mir passiert ist, wollen die neuen Betreiber anonym bleiben", erklärt er. "Und ich fange gerne auch weiterhin den digitalen Kugelhagel ab, damit diese Leute ihre Arbeit machen können."

Mark G. fühlt sich zum Abschuss freigegeben. "Das Wikileaks Forum wurde von einem FBI-Informanten gegründet", tönte Wikileaks bereits mehrmals, was als einigermaßen durchtrieben bezeichnet werden darf: Schließlich war es Assanges eigener Vertrauter S.T., der spätere FBI-Informant, den er seinerzeit beauftragt hatte, mit Mark G. in Kontakt zu treten und das Wikileaks-Forum zu konzipieren. "Ich habe also so viele oder so wenige Verbindungen zum FBI wie Assange selbst", bemerkt G. trocken. "Doch die Wikileaks-Fans werden dadurch aufgehetzt – die lesen nur "FBI" und reagieren wie der pawlovsche Hund. Das ist Machtmissbrauch brought to you by Assange & Co."

Und zeigt Wirkung: Die Fans verbreiten ein Foto von Mark G., das aus einem Gruppenbild heraus vergrößert wurde. "Ich weiß nicht, wer dieses Bild gemacht hat", sagt er, "und ich bin mit der Verbreitung nicht einverstanden. Ich bin eine Privatperson und habe Recht darauf, die Veröffentlichung zu verbieten." Gerade habe Edward Snowden erklärt, wie verschiedene amerikanische Organisationen mit den Privatfotos von Internetnutzern verfahren können. "Diese Leute applaudieren Snowden und dann retweeten sie kichernd mein Foto."

G. geht es nicht nur ums Rechthaben, sondern um seine Sicherheit. Einmal habe jemand ein Foto von ihm mit seinen Hunden gepostet, erzählt er. "Darauf warf jemand eine Schachtel mit Rattengift über den Zaun." Zweimal ist er bereits umgezogen, an der Adresse, die derzeit im Internet kursiert, wohnt er nicht mehr. Sein Foto wird nach wie vor im Netz geteilt, mit dem Zusatz "FBI". Eine der wichtigsten Stimmen des Netzkollektivs Anonymous mit über 300.000 Followern hat Mark G.s Foto via Twitter veröffentlicht und dazu aufgerufen, es "überall hinzupflastern". "Ich erwarte inzwischen, auf der Straße angegriffen zu werden", sagt G. Die Sorge ist nicht unbegründet: G.s Jäger haben jedes Maß und Ziel verloren. Vom Account eines Assange-Fans wurden Drohungen verschickt: "Wir werden dich vernichten" , "Was werden deine Kinder sagen, wenn du im Gefängnis sitzt?", und Meldungen, die als Vergewaltigungsdrohung aufgefasst werden können. Und kürzlich wurde verbreitet, G. habe Behinderte missbraucht. Wikileaks selbst heizte die Stimmung an, indem der Versuch von Mark G., die Verbreitung seines Fotos zu verhindern, kommentiert und bewertet wurde, sodass bei vielen der Eindruck entsteht, es handle sich um einen Angriff auf Wikileaks selbst.

Wie einst in Schweden

Es ist nicht das erste Mal, dass Wikileaks eine derartige Jagd im Netz auslöst: Auch Sofia W. und Anna A., die beiden Frauen, die in dem schwedischen Verfahren gegen Assange als Zeuginnen genannt werden, wurden nach kryptischen Wikileaks-Meldungen ("Wir wurden vor schmutzigen Tricks gewarnt. Jetzt haben wir den ersten") bedroht. Wikileaks- und Assange-Unterstützer verleumdeten sie als "CIA-Spioninnen", ihre Echtnamen und Fotos wurden im Internet verbreitet, nebst genüsslichen Spekulationen über ihr Sexualleben und möglicher Motive, Assange weswegen auch immer zu beschuldigen. Anna A.s Hauseingang wurde fotografiert und ins Netz gestellt, sie floh schließlich aus dem Land, Sofia W. tauchte unter, ihre beginnende Karriere als Videokünstlerin war vorbei.

Bei den Hetzern immer an vorderster Front: L.B., ein vorbehaltloser Assange-Unterstützer aus Berlin – der selbe L.B., der nun federführend in der Jagd auf Mark G. ist, und der von Wikileaks in seinem Krieg gegen G. öffentlich unterstützt wird. Der hat nun getan, was bereits Sofia W. und Anna A. geholfen hat: Er nahm sich einen Anwalt und ließ jeden melden, der ihn bedrohte oder sein Recht auf Privatsphäre verletzte. Gegen L.B. laufen gleich mehrere Anzeigen. Auch Wikileaks wurde aufgefordert, G.s Foto zu entfernen, ließ diese Forderung in dramatischen Twitter-Mitteilungen als Angriff auf die ganze Gruppe aussehen und rief zu Spenden auf.

Showdown in Frankfurt

Wer über einen längeren Zeitraum das Geschehen in den sozialen Netzwerken rund um Wikileaks beobachtet, stellt bald fest, dass Befürworter und Gegner einander nicht nur unversöhnlich gegenüber stehen, sondern auch nichts schuldig bleiben: Beleidigungen, Provokationen und sexuelle Anzüglichkeiten stehen an der Tagesordnung. Auch das Wikileaks Forum unter neuer Führung mischt kräftig mit und postete in den andauernden Querelen Unterstellungen und Echtnamen. Eine auf diese Weise öffentlich genannte Wikileaks-Unterstützerin aus Großbritannien, ihres Zeichens eine Nachbarin von Julian Assange aus seiner Zeit in Ellingham Hall, als er mit einem Fußmonitor bei einem Unterstützer unter Hausarrest stand, hat wegen Posts vom Twitter-Account des Wikileaks Forums Anzeige erstattet – allerdings fälschlicherweise gegen Mark G. Und der, wie er erklärt, gar keine Aufgabe mehr beim Wikileaks Forum hat. Dass die Fans untereinander vernetzt sind und sich absprechen, dafür hat G. einige Indizien gesammelt.

Er wird sie bald brauchen. Für den 30. April ist nun wegen der Anzeige eine Gerichtsverhandlung in Frankfurt angesetzt. Im Netz wird bereits dazu aufgerufen, Wikileaks-Unterstützer mögen dort erscheinen. G.s Anwalt Severin Müller-Riemenschneider hat deshalb vom Gericht für seinen Mandanten Sicherheitsauflagen gefordert. "Mit mir steht die falsche Person vor Gericht", sagt G. "Ich habe keinen Einfluss darauf, was das Forum veröffentlicht. Ich habe diese Sachen auch nicht geschrieben. Aber ich bin eben der einzige, dessen Name bei diesen Leuten bekannt ist." Dass er zum Blitzableiter für das Wikileaks Forum geworden ist, damit könne er leben. "Alles, was mir hier geschieht, ist der beste Beweis dafür, dass die jetzigen Betreiber des Forums gut daran tun, anonym zu bleiben."

Cui bono – wem nützt es?

G.s Anwalt wundert sich darüber, welcher Aufwand hier gegen eine Einzelperson betrieben wird. "Welchen Sinn hat es für Wikileaks und seine Unterstützer, jemanden derart hartnäckig zu verfolgen?", fragt er. Es ist eine Frage, die sich Verschwörungstheoretiker gerne stellen, die aber auch hier passt: Cui bono? Wem nützt es? Hier kann man nur mutmaßen. Tatsache ist: Das Wikileaks Forum ist geeignet zu Wikileaks in Konkurrenz zu treten. "Schon während meiner Zeit als Eigner des Forums", erinnert sich Mark G., "meldete sich ein potenzieller Whistleblower aus der Industrie, der lieber über das Forum an die Öffentlichkeit gehen wollte als über Wikileaks selbst. Ich habe damals zugesichert, jede Information, die er veröffentlicht sehen will, ohne persönliche oder monetäre Interessen online zu stellen. Kann Wikileaks so ein Versprechen geben? Damals entschieden wir, es zu lassen, weil wir nicht zu hundert Prozent für die Sicherheit des Whistleblowers garantieren konnten. Hat Wikileaks sich stets so verantwortungsvoll verhalten?"

Wenn die Organisation nun auf einmal ein Problem damit habe, dass es ein von ihnen unabhängiges Diskussionsforum gibt, nachdem sie selbst es im Mai 2011 bekannt gegeben und beworben hatten, "dann mögen sie ihre vielen Anwälte einschalten und den Rechtsweg beschreiten", sagt G. "Soll doch ein Gericht klären, ob man sich so nennen darf. Aber so, wie Wikileaks sich verhält, muss ich sagen: Assange ist ein Bully – wie sagt man das auf Deutsch?" Der englische Begriff passt auf "Klassenterrorist" oder Arbeitskollegen, die andere mobben, Vertreter der Wikileaks-, Anonymous- und Occupy-Szene bezeichnen auch die USA gerne als "Bully".

Worüber Mark G. am meisten enttäuscht sei: "Es ist traurig zu sehen, wie eine wichtige Bewegung an Glaubwürdigkeit verliert, weil einige ihrer Protagonisten in dem Moment, indem sie selbst eine gewisse Macht haben, sich in jene verwandeln, die sie zu bekämpfen angetreten sind. Nicht auszudenken, was geschehen würde, wenn diese Leute echte Macht erhielten. Das muss man sich mal vor Augen halten. Deshalb glaube ich, dass meine Geschichte relevant ist, auch wenn ich keine Berühmtheit bin."

Der stern bat Wikileaks zweimal um Stellungnahme. Wir erhielten keine Antwort. Auf Twitter hat die Organisation indes erneut zu Spenden aufgerufen – für den Kampf der Aufrechten gegen die Bullys dieser Welt.

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