Als Jewgeni Prigoschin am 24. Juni nach Moskau marschierte, um nach eigenen Behauptungen die Absetzung von Verteidigungsminister Schoigu und Generalstabschef Gerassimow zu erreichen, soll es der belarussische Diktator Alexander Lukaschenko gewesen sein, der zwischen dem meuternden Anführer der Wagner-Truppe und Wladimir Putin vermittelt hat. Bei einem Telefonat will Lukaschenko Prigoschin davon überzeugt haben, die Waffen niederzulegen und kehrt zu machen.
Nach Recherchen von WDR und NDR soll der deutsche Auslandsgeheimdienst BND die Kommunikation zwischen Prigoschin und Lukaschenko überwacht und auch dieses Telefonat abgehört haben.
Ein Sprecher des BND wollte sich auf Nachfrage von WDR und NDR nicht zu dem Bericht äußern. Der Nachrichtendienst nehme "zu Angelegenheiten, die etwaige nachrichtendienstliche Erkenntnisse oder Tätigkeiten betreffen, grundsätzlich nicht öffentlich Stellung", erklärte der Sprecher. Damit sei keine Aussage darüber getroffen, ob der Sachverhalt zutreffend ist oder nicht. "Der Bundesnachrichtendienst berichtet zu entsprechenden Themen insbesondere der Bundesregierung und den zuständigen, geheim tagenden Gremien des Deutschen Bundestages."
Wann wusste der BND von dem bevorstehenden Aufstand in Russland Bescheid?
Nach dem Prigoschin-Aufstand kritisierten deutsche Politiker den deutschen Geheimdienst, weil der BND nach offiziellen Angaben die Bundesregierung erst am 24. Juni über die Ereignisse in Russland informiert hatte – als die Wagner-Kämpfer bereits nach Moskau marschiert waren. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte nach der Meuterei, dass die deutschen Geheimdienste nicht so gut über den bevorstehenden Aufstand Prigoschins informiert seien wie die US-Geheimdienste.
Nach Erkenntnisses von WDR und NDR soll dem BND aber bereits etwa eine Woche zuvor ein vager Hinweis auf einen möglicherweise bevorstehenden Aufstand der Wagner-Gruppe gegen den Kreml vorgelegen haben. Diese Information hätte der BND im Austausch mit seinen Partnern versucht zu verifizieren. Dies sei aber zunächst nicht gelungen. Deshalb sei das Kanzleramt hierzu nicht informiert worden.
Eine erste Warnung des BND über die drohenden Ereignisse soll am Abend vor dem Prigoschin-Aufstand an die Bundesregierung übermittelt worden sein.
Interne Kommunikation von Wagner gehackt
Der BND soll seit bereits im vergangenen Jahr Einblicke in die Interna der Wagner-Gruppe erhalten haben. Der Auslandsgeheimdienst hatte sich nach Informationen von WDR und NDR offenbar in die interne Kommunikation der Truppe gehackt und fleißig mitgelesen. Dann aber soll der BND-Mitarbeiter Carsten L. die Abhöraktion an den russischen Geheimdienst verraten haben. Ihm droht im sogenannten "Maulwurf-Fall" bald eine Anklage wegen Landesverrat.