Palästina als UN-Vollmitglied Auf Kollisionskurs mit Israel und den USA

Präsident Abbas riskiert beim Streben nach einem eigenen Staat eine direkte Konfrontation mit Israel und den USA. Diese Woche will er bei den Vereinten Nationen den Antrag auf Vollmitgliedschaft stellen. Obama hat sein Veto angekündigt. Deutschland hält sich bedeckt.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas setzt alles auf eine Karte. Die UN-Vollmitgliedschaft soll es sein, nichts weniger. Trotz massiver Drohungen Israels und des Geldgebers USA will er diese Woche einen entsprechenden Antrag bei UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in New York einreichen.

In einem langen Satz klagte Abbas am Freitag Israel an und nahm die ganze Welt in die Pflicht. "Wir wenden uns an die Vereinten Nationen, um 63 Jahre Ungerechtigkeit zu beenden, während derer unser Volk unter (israelischer) Besatzung leben musste und seine Rechte verletzt wurden, während die ganze Welt, die die Vereinten Nationen zum Schutz nationaler Rechte geschaffen hat, nur zugeschaut hat", sagte er in Ramallah. Aber Abbas riskiert in New York eine blutige Nase und zu Hause neue Gewalt.

Israel leistet erbitterten Widerstand gegen eine Anerkennung durch die UN - und US-Präsident Barack Obama steht dem jüdischen Staat bei. Sollte das Thema eines Palästinenserstaates in den Sicherheitsrat kommen, "würden wir es sehr deutlich ablehnen", kündigte Obama an. Die Initiative sei "kontraproduktiv" und löse das Problem nicht. "Diese Frage wird nur von den Israelis und Palästinensern gelöst, wenn sie sich einigen." Ja, wenn...

Aus Sicht der Palästinenser ist Israel nicht wirklich an einem Kompromiss über den Grenzverlauf und Jerusalem interessiert. Während immer neue Verhandlungsrunden in den vergangenen Jahrzehnten zu nichts geführt hätten, setze Israel die schleichende Annektierung des Westjordanlandes durch den Ausbau seiner Siedlungen fort, lautet der Vorwurf. Israel bestreitet das und warnt davor, die UN könnten die Erwartungen der Palästinenser derart in die Höhe schrauben, dass künftige Verhandlungen fast unmöglich würden.

Deutschland hält sich noch bedeckt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat wiederholt die besonderen Beziehungen zu Israel betont und hinzugefügt, ein einseitiger Schritt der Palästinenser könne kaum unterstützt werden. Festlegen werde sich Berlin aber erst, wenn bekannt sei, was die Palästinenser wo beantragen wollten, sagte Außenminister Guido Westerwelle (FDP). Wenn es hart auf hart kommen sollte, dürfte Deutschland aber an der Seite Israels stehen.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn gab jedoch zu bedenken: "Wir müssen unseren deutschen Freunden sagen - und wir tun das mit Bescheidenheit, weil wir ihre Verantwortung kennen - dass die Verteidigung der Interessen Israels nicht identisch mit der Verteidigung der Interessen einer spezifischen israelischen Regierung ist." Asselborn sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Wir können nicht zulassen, dass die Palästinenser am Ende des Monats mit leeren Taschen aus New York abreisen." Die Palästinenser müssten daher "eine Statusverbesserung" in den Vereinten Nationen bekommen.

Möglich wäre eine solche Aufwertung des bisherigen Beobachterstatus zu der eines beobachtenden Nichtmitgliedsstaates ähnlich der des Vatikans. Das könnte nicht einmal Obama mit seinem Veto verhindern, denn darüber entscheidet die Vollversammlung, und dort besitzt kein Staat ein Vetorecht.

Falls der Antrag auf Vollmitgliedschaft scheitern sollte, kündigte Nabil Schaath, Mitglied der palästinensischen Verhandlungsdelegation, bereits an, dass die Palästinenser diese Statusaufwertung beantragen könnten. In der Vollversammlung ist den Palästinensern eine Mehrheit der 193 Mitglieder sicher.

Auch die von den USA und Israel ausgesprochene Drohung, Abbas den Geldhahn zuzudrehen, könnte sich als stumpfes Schwert erweisen. Schon berichten israelische Medien, die Sicherheitsbehörden hätten vor einem solchen Schritt gewarnt. Immerhin sorgt die palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland für Ordnung und hält die radikalislamische Hamas auf Abstand.

Die von den USA und der EU als terroristisch eingestufte Hamas, die das Existenzrecht Israels bestreitet und gegen die UN-Initiative ist, beherrscht schon den wesentlich ärmeren Gazastreifen. Von dort kommen statt unbequemer UN-Anträge regelmäßig Raketen geflogen.

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Jan-Uwe Ronneburger/DPA