So lange noch Fotografen im Raum waren, schauten fast alle freundlich drein. Tatsächlich jedoch kamen beim Treffen von US-Finanzminister Timothy Geithner mit den Finanzministern der Eurogruppe in der Jahrhunderthalle im polnischen Breslau beide Seiten nicht ansatzweise zu einer Verständigung. Der "Dialog unter Freunden", den Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker bemerkt haben wollte, glich offenbar eher einem Dialog der Gehörlosen.
Jedenfalls stellten sich die Europäer taub beim Wunsch Geithners, die EU solle mehr tun, um die lahmende Konjunktur wieder in Fahrt zu bringen. Obwohl Geithner durchaus dramatisch gefordert habe, die EU solle "Geld in die Hand nehmen", wie Österreichs Finanzministerin Maria Fekter berichtete. Sparen habe Vorrang, bedeutete dagegen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) seinem US-Kollegen. Und Juncker sagte lediglich: "Wir haben keinen Spielraum."
Geithner mahnt Europa zu mehr Engagement
Die gleiche Diskussion hatten Schäuble und Geithner schon vergangenes Jahr geführt - und erst vor einer Woche wieder beim G7-Finanzministertreffen in Marseille. Beim nächsten Termin werde man erneut drüber reden, sagte Juncker voraus - nächste Woche beim G20-Treffen am Rande der Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds (IWF). "Europa hat die Kapazität, mehr zu tun", meint Geithner.
Nicht äußern wollte sich Juncker zu Berichten, Geithner habe auch noch mehr Feuerkraft vom Euro-Rettungsfonds EFSF gefordert. "Solche Dinge diskutieren wir nicht mit einem Nichtmitglied der Eurozone", sagte der Luxemburger kühl. Geithner seinerseits, so Fekter, lehnte dagegen die von der EU geforderte internationale Finanztransaktionssteuer erneut ab. Das alles klang nicht so, als würde Geithner nach dieser Premiere nun Dauergast in der Eurogruppe.
Vorsichtiges Lob für die Griechen
Als beruhigende Nachricht konnte der Amerikaner immerhin mitnehmen, dass die Euro-Staaten sich dem nächsten Kredit für Griechenland und der im Juli beschlossenen Ausweitung der EFSF nähern - wenn auch nur in Trippelschritten. Griechenland wurde in Breslau noch einmal von allen Seiten ermahnt, wirklich die von EU und IWF vorgegebenen Haushaltsziele für 2011 und 2012 zu erfüllen. Gleichzeitig gab es vorsichtiges Lob für die jüngsten Sparbeschlüsse. Darüber, ob Griechenland den nächsten Kredit in Höhe von acht Mrd. Euro bekommt, soll Anfang Oktober entscheiden werden. "Ich bin zuversichtlich, dass die Tranche ausgezahlt werden kann", sagte Fekter.
Eine Zahlungsunfähigkeit Mitte Oktober, die anderenfalls drohen würde, kann sich die Euro-Zone ohnehin nicht erlauben. Denn der EFSF wird erst ab "Mitte Oktober", so Juncker, seine neuen Waffen einsatzbereit haben. Dazu gehört die Möglichkeit, direkt in Probleme geratene Banken zu rekapitalisieren oder wie derzeit die EZB Anleihen am Zweitmarkt zu kaufen. Immerhin haben alle 17 Euro-Staaten den neuen EFSF-Vertrag unterschrieben, in fünf Länder haben auch schon die Parlamente zugestimmt. Die letzten sollen irgendwann Anfang Oktober die Slowaken sein, die offenbar trotz internen Ärgers in der dortigen Regierungskoalition fest mit einem positiven Votum rechnen. Wenn alle beschlossen haben, sei die neue EFSF direkt einsatzbereit, versicherte ihr Chef Klaus Regling.