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Nach Auftritt in Texas Trump verklärt Sturm auf das Kapitol – und erntet Gegenwind aus der eigenen Partei

Ex-US-Präsident Donald Trump bei seinem Wahlkampfauftritt am Samstag in Waco, Texas
Ex-US-Präsident Donald Trump bei seinem Wahlkampfauftritt am Samstag in Waco, Texas
© Suzanne Cordeiro / AFP
Am Wochenende verharmloste Donald Trump bei einem Wahlkampfauftritt die Ereignisse vom 6. Januar 2021. Führende Republikaner haben dem Ex-Präsidenten jetzt deutlich widersprochen.

Schon der Veranstaltungsort war eine Provokation: Am Wochenende hatte Donald Trump auf dem Flughafen von Waco im Bundesstaat Texas eine Wahlkampfveranstaltung abgehalten. Die Stadt war vor 30 Jahren Schauplatz einer blutigen Tragödie. Polizeibeamte stürmten nach wochenlanger Belagerung eine Ranch, auf der sich bewaffnete Anhänger des Gurus David Koresh der regierungsfeindlichen Endzeitsekte Branch Davidians verschanzt hatten. Das Anwesen ging in Flammen auf, mehr als 80 Sektenmitglieder und vier Polizisten starben. Seither ist Waco ein Pilgerort für Rechtsextreme, die darin ein Symbol für eine tyrannische Regierung sehen.

"Der 6. Januar war einer der schlimmsten Tage der US-Geschichte"

Dass Trump dann bei seinem Auftritt den Angriff auf das Kapitol in Washington am 6. Januar 2021 als friedliche Demonstration verharmloste und die Randalier würdigte, ging aber sogar führenden Politikern aus seiner eigenen Partei zu weit. "Ich denke, das Beste, was Präsident Trump tun kann, ist, sich auf die Probleme zu konzentrieren, mit denen die Menschen heute konfrontiert sind", sagte der republikanische Senator Lindsey Graham, einer der wichtigsten Verbündeten von Trump im Kongress, der "Huffington Post". "Es gibt keine Möglichkeit, das amerikanische Volk davon zu überzeugen, dass der 6. Januar weniger als ein schrecklicher Tag war."

Graham erklärte weiter, die Behauptung, die gewalttätigen Ausschreitungen Hunderter Trump-Anhänger seien "ein Spaziergang durch den Park, sind beleidigend für mich. Das ist nicht die Realität. Es war einer der schlimmsten Tage in der amerikanischen Geschichte, und so muss es auch gesehen werden".

Der Senator aus South Carolina widersprach Trump auch bei NBC News: "Der 6. Januar war einer der schlimmsten Tage in der amerikanischen Geschichte", wiederholte er gegenüber dem US-Sender. Jeder habe das Recht auf ein ordentliches Verfahren, aber wenn man sagen wolle, "dass diejenigen, die am 6. Januar beteiligt waren, eine Art Helden sind? Nein!" Graham stellte klar: "Ich werde mich nicht bemühen, den 6. Januar zu beschönigen."

Ähnlich äußerte sich der texanische Senator John Cornyn: "Leute, die gegen das Gesetz verstoßen haben, sollten strafrechtlich verfolgt werden. Und das haben sie auch getan", sagte der frühere stellvertretende Sprecher der Republikaner im Senat. "Ich verstehe diesen zurückschauenden Blick einfach nicht. Wenn man für das Präsidentenamt oder ein anderes Amt kandidiert, wollen die Leute nicht, dass man alle Missstände der Vergangenheit wieder aufrollt. Sie wollen wissen, was deine Vision für die Zukunft ist. Und deshalb glaube ich nicht, dass das ein Erfolgsrezept ist."

Cornyn äußerte sich ebenfalls gegenüber der "Huffington Post": "Ich habe noch nie erlebt, dass jemand erfolgreich in ein Amt gewählt wurde, dessen Kampagne sich um etwas aus der Vergangenheit drehte", stellte er fest. "Ich glaube, die Menschen wollen eine positive Vision für die Zukunft."

Cornyns Nachfolger im Senat, der aktuelle Vizesprecher der Republikaner John Thune, verwies auf NBC News auf frühere Kommentare, in denen er die Gewalt vom 6. Januar verurteilt habe, und stellte ebenfalls Trumps Entscheidung infrage, sich weiterhin auf diesen Tag zu konzentrieren. "Das ist ein Leben in der Vergangenheit", monierte Thune. "Und ich denke, die meisten Menschen wollen mehr über die Dinge hören, die man tun wird, um die Zukunft besser und heller für sie zu machen."

Der republikanische Senator Mike Rounds zeigte sich derweil bestürzt darüber, dass Trump während seines Auftritts Filmmaterial vom Aufstand am 6. Januar auf Großbildschirmen hat zeigen lassen. "Ich war enttäuscht über die Art und Weise, wie er Clips von diesem Tag verwendet hat. Das war ein schlimmer Tag für dieses Land", zitiert ihn die "Huffington Post". "Was an diesem Tag geschah, kam einem versuchten Aufstand so nahe wie seit Langem nicht mehr, und ich glaube nicht, dass irgendjemand von uns stolz auf diesen Tag sein sollte."

Donald Trump unterstützt Chor aus Kapitol-Angreifern

Eine Hand auf dem Herzen haltend hatte Trump seine Kundgebung am Samstag mit dem Lied "Justice for All" eröffnet. Das Stück wird von einem Männerchor gesungen, dessen Mitglieder wegen ihrer Beteiligung an der Erstürmung des Kapitols verurteilt und bestraft wurden. Die mit dem Song erzielten Einnahmen sind für Familien von Trump-Anhängern bestimmt, die sich im Zusammenhang mit den Ausschreitungen vor Gericht verantworten müssen. In dem Lied rezitiert Trump den Treueschwur auf die USA, während der Chor die Nationalhymne singt.

Dass Parteikollegen Trump beim Thema Kapitol-Sturm an den Karren fahren, heißt aber noch lange nicht, dass sie dem Umfragefavoriten für die Kandidatur der Republikaner bei der Präsidentschaftswahl 2024 nicht mehr bei seiner Bewerbung den Rücken stärken. "Ich werfe ihm nicht vor, dass die Leute das Gesetz in ihre eigenen Hände nehmen", sagte Graham der "Huffington Post" auf die Frage, ob nun seine bisherige Unterstützung für den 76-Jährigen erschüttert sei. "Die Leute wollten das Hauptquartier [des Demokratischen Nationalkomitees] in die Luft jagen, bevor er überhaupt gesprochen hat", behauptete Graham. "Der Punkt ist, dass ich mich nicht an irgendwelchen Bemühungen beteiligen werde, den 6. Januar zu verharmlosen."

Und der republikanische Senator Tommy Tuberville aus Alabama rechtfertigte Trumps Darstellung des Angriffs auf das Herz der US-Demokratie sogar als Schritt zur Wählermobilisierung: "Wenn man solche Kundgebungen abhält oder in einen Wahlkampf einsteigt, setzt man alles ein, was einem zur Verfügung steht", konstatierte Tuberville. Er könne nicht sagen, ob das gut oder schlecht sei, vermied der Senator eine Verurteilung Trumps. Aber er sei sich sicher, dass der Ex-Präsident versuche, die Leute zu begeistern. "Jeder sucht nach einem Vorteil. Unterm Strich geht es darum, zu gewinnen. Das ist Politik."

Quellen: NBC News, "Huffington Post"

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