Die Militärexperten Christian Mölling und Carlo Masala rechnen nach den Zwischenwahlen in den USA nicht mit einem radikalen Kurswechsel der amerikanischen Politik im Ukraine-Konflikt. Im stern-Podcast "Ukraine – die Lage" sagte Mölling am Dienstag, er "glaube nicht, dass das Weiße Haus von seiner zwar vorsichtigen, aber kontinuierlichen Linie abrücken wird". Selbst wenn die Republikaner bei den Midterms an diesem Dienstag die Kontrolle über den Kongress gewinnen sollten, werde die militärische Unterstützung der Ukraine weitergehen.
Republikaner würden Ukraine weiter unterstützen
Mölling, der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, verwies darauf, dass das US-Verteidigungsministerium bereits im Sommer umfangreiche Hilfspakete geschnürt habe – auch mit Blick auf mögliche Veränderungen der Mehrheitsverhältnisse im US-Parlament. Dabei sei es darum gegangen, "die Unsicherheiten, die die Midterms jetzt in der Öffentlichkeit signalisieren, militärisch nicht durchkommen zu lassen".
Der neue Host des stern-Podcasts schloss aber nicht aus, dass der Widerstand gegen weitere Hilfspakete wächst. "Es wird schwieriger, politisch für die Unterstützung zu argumentieren", sagte der 49-jährige Politikwissenschaftler. Er warb dafür, die Ukraine jetzt energisch und auch mit schweren Waffen zu unterstützen, um zu verhindern, dass die russischen Streitkräfte über einen längeren Zeitraum regenerieren können, was den Krieg nur verlängern würde.
Carlo Masala, der bisherige Host des Podcasts, bezeichnete die Auseinandersetzung um die Ukraine-Hilfen in den USA als eine Debatte, die insbesondere von den Eliten geführt werde. Er rechnet damit, dass ein von den Republikanern dominierter Kongress die Ukraine-Politik nutzen würde, um der Regierung Zugeständnisse an anderer Stelle abzutrotzen. Der Politikprofessor der Bundeswehruniversität in München sagte: "Kann durchaus sein, dass man seitens der Republikaner etwas kritischer, etwas lauter wird, aber letztlich darauf abzielt, dass die Biden-Administration in anderen Bereichen Zugeständnisse macht." Hierbei gehe es bereits darum, sich Vorteile für die nächste Präsidentschaftswahl zu verschaffen.
Nicht der richtige Zeitpunkt für Friedensverhandlungen mit Russland
Mölling und Masala stimmten darin überein, dass jetzt nicht die Zeit sei, um Friedensverhandlungen mit Russland zu führen. Mölling sagte: "Es bleibt dabei, dass Friedensverhandlungen gar keine Grundlage haben." Masala betonte, gerade in Westeuropa sei der Druck auf die Regierungen groß, weil die Menschen die Folgen des Krieges spürten. Die Berichte über Versuche der USA, die Ukraine zu Gesprächen mit Russland zu bewegen, sah er auch in diesem Zusammenhang: "Es geht eher darum, die europäischen Öffentlichkeiten zu beruhigen, dass auf der diplomatischen Schiene auch etwas geschieht."
Nach rund 70 Folgen hat Masala den Podcast am Dienstag an seinen Kollegen Mölling abgegeben. Masala sagte, er kenne Mölling seit 15 Jahren, der sei "nicht weniger meinungsstark und in vielen Sachen wesentlich kompetenter" als er selbst. Mölling traue er zu, den Podcast erfolgreich fortzuführen, das sei eine "ehrenvolle Aufgabe".