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Ungarns Regierungschef Orban sieht sich im Kampf gegen den Westen und meint: "Mit Trump und Merkel wäre dieser Krieg nie passiert"

Viktor Orban, Regierungschef Ungarns
Viktor Orban, Regierungschef Ungarns, fordert eine neue Strategie des Westens im Ukraine-Krieg
© Beata Zawrzel / Imago Images
Dass der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban nicht gerade eng mit der EU verbunden ist und auch gerne dem Kreml zugewandt ist, ist kein Geheimnis. Nun äußerte der Politiker harsche Kritik an USA und EU – und fordert ein Umdenken im Ukraine-Krieg.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban sieht sich im Kampf mit dem Westen, der – so der Regierungschef – seinem Land eine falsche Sanktionspolitik und fremde Werte aufzwingen wolle. "Die Kraft, die Leistung, das Ansehen und die Handlungsfähigkeit der westlichen Zivilisation sind im Schwinden begriffen", erklärte der rechtsnationale Fidesz-Politiker am Samstag vor Tausenden Anhängern im rumänischen Kurort Baile Tusnad.

Die vom Westen gegen Moskau verhängten Sanktionen würden "die Situation nicht ändern" und "die Ukrainer werden nicht als Sieger hervorgehen", betonte Orban. "Je mehr schwere Waffen der Westen schickt, desto mehr zieht sich der Krieg in die Länge."

Harsche Worte in Richtung Brüssel

Mit Blick auf die Russland-Sanktionen hatte Orban vergangene Woche gesagt, die Europäische Union habe sich nicht nur ins Knie, "sondern in die Lunge" geschossen. Der ungarische Regierungschef kritisiert vor allem das Ölembargo gegen Russland. Dieses hatte die EU im Juni nach wochenlangem Widerstand Ungarns beschlossen, auf Drängen Orbans wurde dabei eine Ausnahme für per Pipeline geliefertes Öl gemacht.

"Brüssel" werde von einer "Heerschar" des US-Investors und Demokratieförderers George Soros gelenkt, warf Orban der EU zudem vor. Der aus Ungarn stammende Milliardär und Holocaust-Überlebende ist seit Jahren Feindbild der rechtsnationalen Regierung in Budapest. "Sie sollen leben, wie sie wollen, aber sie sollen auch uns leben lassen, wie wir wollen", forderte Orban in Anspielung auf ein EU-Vertragsverletzungsverfahren wegen eines ungarischen Gesetzes, das die Informationsrechte über Homosexuelle und Transsexuelle einschränkt.

Orban meint: Mit Merkel und Trump wäre Ukraine-Krieg nicht passiert

Orban kritisierte den Westen auch dafür, dass er vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine die Sicherheitsansprüche Russlands ignoriert habe. "Mit US-Präsident (Donald) Trump und Bundeskanzlerin (Angela) Merkel wäre dieser Krieg nie passiert", meinte er, offenbar von der Einschätzung geleitet, dass diese Politiker – ähnlich wie er – für eine russlandfreundlichere Politik gestanden hätten.

Die ehemalige Bundeskanzlerin hatte oft Kontakte zu Wladimir Putin. Kritikerinnen und Kritiker werfen der Altkanzlerin allerdings vor, Putin unterschätzt zu haben; die Bundesregierung habe weggeschaut.

Donald Trump und Putin wurde nachgesagt, dass sie wegen ähnlicher Persönlichkeitsmerkmale ein "besonderes Band" hätten. Trump bezeichnete den Kremlchef als "genial" und "schlau". Er kenne ihn gut. Trump behauptete allerdings auch, dass es mit ihm keinen Ukraine-Krieg gegeben hätte. Er habe "ihm gedroht, wie ihm noch nie zuvor gedroht wurde".

Viktor Orban: EU soll sich nicht an Seite der Ukraine stellen

Auch Orban kritisierte am Samstag, dass die jetzige Strategie im Ukraine-Krieg nicht mehr aufgehe. "Wir sitzen in einem Auto mit vier platten Reifen", sagte er zu den Bemühungen, die Kämpfe in der Ukraine zu beenden. "Eine neue Strategie ist notwendig, die sich auf Friedensverhandlungen konzentrieren sollte, anstatt den Krieg gewinnen zu wollen."

Nach Ansicht des ungarischen Regierungschefs können nur Gespräche zwischen den USA und Russland den Konflikt beenden, da Russland Sicherheitsgarantien fordere, die nur Washington geben könne. Die EU sollte sich "nicht auf die Seite der Ukrainer stellen", sondern sich zwischen den beiden Lagern positionieren, fügte Orban hinzu.

ntv-Reporter Dirk Emmerich berichtet aus Moskau

Orban regiert seit 2010 in das EU-Land Ungarn. Wegen des Abbaus von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit steht Orban mit der Europäischen Union in Konflikt. Gegen Ungarn laufen derzeit mehrere Verfahren, darunter eines im Rahmen des neuen Rechtsstaatsmechanismus, das zum Entzug von EU-Fördermitteln führen kann.

Baile Tusnad (ungarisch: Tusnadfürdö) liegt in einem kompakten ungarischen Siedlungsgebiet in Siebenbürgen. Bis 1918 hatte die Region zu Ungarn gehört. Die Fidesz-Partei hält in Baile Tusnad seit mehr als drei Jahrzehnten eine Sommerakademie ab. Orban, der ein Fidesz-Mitbegründer ist, hält dort traditionell die Abschlussrede. Zu Beginn versuchten rumänische Nationalisten Orbans Rede zu stören. Sie riefen: "Siebenbürgen bleibt für ewig rumänische Erde!" Die rumänische Polizei führte sie ab.

rw DPA AFP

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