Im Rennen um die demokratische Präsidentschaftskandidatur hat sich Barack Obama womöglich entscheidend von seiner Konkurrentin Hillary Clinton abgesetzt. Der schwarze Senator gewann nach Prognosen der US-Fernsehsender die Vorwahl im US-Südstaat North Carolina deutlich, während seine Rivalin Hillary Clinton sich mit nur einem hauchdünnen Vorsprung den Bundesstaat Indiana sicherte. Die Ex-First Lady führt in dem Industriestaat nach Auszählung von 99 Prozent der Stimmen mit 51 zu 49 Prozent vor ihrem Kontrahenten Obama. Für die New Yorker Senatorin war ein Sieg in Indiana Pflicht, wenn sie noch ernsthaft eine Chance gegen Obama haben wollte.
Weitere Daten im US-Wahlkampf:
- Abstimmungen bei den Demokraten (in Klammern die Zahl der Delegierten und der Superdelegierten) 13. Mai: West Virginia (28/11) 20. Mai: Oregon (52/13) Kentucky (51/ 9) 1. Juni: Puerto Rico (55/ 8) 3. Juni: Montana (16/ 8) South Dakota (15/ 8)
- 25. - 28. August: Nominierungsparteitag der Demokraten in Denver
- 4. November: 56. Wahl des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika
Clinton bekräftigte ihren Anhängern, dass sie nicht aus dem Rennen um die demokratische Spitzenkandidatur aussteigen werde. Es gehe weiter mit "Volldampf" in Richtung Weißes Haus, so Clinton in Indianapolis. Sie verspreche, die Anliegen der arbeitenden Bevölkerung und Mittelklasse nie zu vergessen. "Ich werde nie aufhören, für Euch zu kämpfen", rief die Ex-First Lady aus. Nun gehe es weiter nach West Virginia, Kentucky und in die anderen Staaten, fuhr die New Yorker Senatorin mit Blick auf die noch verbleibenden sechs Vorwahlen fort. Erneut bat sie um Wahlkampfspenden. Um weiterkämpfen zu können, müsse sie wettbewerbsfähig bleiben, sagte Clinton, die in ihrer Rede auch Obama zu dessen Vorwahlsieg in North Carolina gratulierte.
Klarer Sieg für Obama in North Carolina
In North Carolina dagegen liegt der schwarze Senator mit 57 Prozent der Stimmen klar vor seiner Konkurrentin Clinton. Obama feierte diesen Vorwahl-Sieg als großen Schritt auf dem Weg zu seiner Präsidentschaftskandidatur. Es trennten ihn nunmehr weniger als 200 Delegiertenstimmen von der Nominierung, sagte Obama unter dem Jubel seiner Anhänger in Raleigh. Er rief die Demokraten vor dem Hintergrund des erbitterten Zweikampfs zwischen ihm und Clinton zur Einheit auf.
Es gebe Leute, die sagten, dass seine Gefolgsleute Clinton im Fall ihrer Nominierung nicht unterstützen würden und umgekehrt, sagte Obama: "Ich bin hier, um Ihnen zu sagen, ich glaube das nicht." Es habe zwar verletzte Gefühle gegeben, erklärte der Senator, "aber bei dieser Wahl geht es nicht um Hillary Clinton, nicht um Barack Obama, nicht um John McCain, es geht um Sie." Es gehe darum, einen Präsidenten zu wählen, der das Land in eine glänzendere Zukunft führe.
"Ich liebe dieses Land zu sehr, um es geteilt zu sehen"
Obama, dem Kritiker in der Vergangenheit wiederholt mangelnden Patriotismus vorgeworfen hatte, forderte die Bevölkerung auf, gemeinsam an der Lösung der Probleme im Land zu arbeiten. "Ich liebe dieses Land zu sehr, um es geteilt zu sehen", rief Obama, der so nach Einschätzung von Fernsehkommentatoren so kämpferisch und selbstbewusst wirkte wie seit längerem nicht mehr.
Die US-Fernsehsender hatten den 46-Jährigen bereits unmittelbar nach der Schließung der Wahllokale auf der Basis von Wählerbefragungen zum Sieger erklärt. Obamas Wahlkampfmanager David Axelrodt sagte dem Sender CNN, das Ergebnis in North Carolina sei "bedeutungsvoll" und gebe Obama neuen Schwung "auf dem Weg zur Nominierung" als Präsidentschaftskandidat. In den Analysen hieß es, er habe 91 Prozent des Votums der schwarzen Bevölkerung in North Carolina erhalten. 26 Prozent der dortigen Bevölkerung sind Afroamerikaner.
Clinton hatte bereits vor den Vorwahlen angekündigt, dass sie in jedem Fall im Rennen bleiben werde. Nach Experteneinschätzungen hätte ein Doppelsieg aber den Druck auf die New Yorker Senatorin erhöht, das Handtuch zu werfen, um die nunmehr fast eineinhalb Jahre dauernde Vorwahlprozedur zu beenden.
Sechs weitere Vorwahlen stehen noch an
In Indiana und North Carolina ging es um zusammen 187 Delegiertenstimmen für den demokratischen Nominierungsparteitag vom 25. bis 28. August in Denver. Es waren die letzten beiden großen Staaten, in denen abgestimmt wurde. Noch sechs Vorwahlen in weniger bevölkerungsreichen Staaten stehen an, die nächste davon am 13. Mai in West Virginia. Hier liegt Clinton in Umfragen deutlich vorn, aber insgesamt gelten bei den noch verbleibenden Abstimmungen Siege und Niederlagen zu gleichen Teilen für beide Kandidaten wahrscheinlich.
Laut CNN-Zählung verfügte Obama vor der Kandidatenkür in Indiana und North Carolina mit 1818 Delegiertenstimmen vor Clinton mit 1669. Da die Stimmen entsprechend dem jeweiligen Vorwahlergebnis verteilt werden, dürfte sich der Unterschied zwischen beiden Bewerbern nur unerheblich verändern. Fest steht, dass sowohl Obama als auch Clinton die für die Nominierung nötige Mehrheit von 2025 Delegiertenstimmen nicht erreichen können. Die Entscheidung dürfte daher in den Händen der rund 800 "Superdelegierten" liegen. Das sind zumeist Parteifunktionäre und Amtsträger, die nicht an die Vorwahlergebnisse gebunden sind. Nach Medienberichten haben etwa 250 dieser Delegierten bisher nicht erkennen lassen, welchen Bewerber sie unterstützen.