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Internationale Presseschau Besuch von Xi in Moskau: "Putin verkennt, wie sehr er sich Peking anbiedert"

Chinesische Zeitungen berichten über den Besuch des Staatspräsidenten Xi Jinping bei Russlands Präsident Wladimir Putin
Chinesische Zeitungen berichten über den Besuch des Staatspräsidenten Xi Jinping bei Russlands Präsident Wladimir Putin
© GREG BAKER / AFP
Mit dem Besuch von Xi Jinping bei Wladimir Putin in Russland wollen beide Staatsmänner zeigen: Wir sind füreinander wichtig. Dennoch sehen Kommentatoren im In- und Ausland Differenzen zwischen beiden Staaten.

Russlands Präsident Wladimir Putin und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping setzen ihre Gespräche in Moskau am Dienstag fort. Nach dem Auftakt am Montag mit einem viereinhalbstündigen Vier-Augen-Gespräch auch zum Krieg in der Ukraine stehen am Haupttag des dreitägigen Besuchs Verhandlungen mit Regierungsdelegationen im Mittelpunkt. Dabei geht es auch um die wirtschaftliche Kooperation.

Nach Kremlangaben ist die Unterzeichnung von zwei großen Abkommen zum Ausbau einer "allumfassenden Partnerschaft" und "strategischer Zusammenarbeit" geplant. Auch Verteidigungsminister Schoigu nimmt an dem Treffen teil. Laut Kreml stehen auch Fragen der militärisch-technischen Zusammenarbeit auf dem Programm. Der Westen befürchtet, dass China dem Nachbarland Russland für den Angriffskrieg gegen die Ukraine Waffen liefern könnte.

Der Besuch von Xi in Russland kommt Putin gelegen

Für Putin kommt der Besuch aus Peking auch deshalb gelegen, weil er so zeigen kann, dass er international nicht isoliert ist. China hat Russlands Krieg gegen die Ukraine nicht verurteilt und setzt sich für Friedensverhandlungen ein. Xi Jinping hatte zum Auftakt die neutrale Position Chinas betont. China gilt als enger Verbündeter Russlands. Zugleich hielt sich Peking bislang weitgehend an die internationalen Sanktionen gegen Moskau, um nicht selbst zum Ziel von Strafmaßnahmen zu werden.

So kommentieren Zeitungen aus Deutschland und Europa den Besuch Xis in Moskau: 

"Corriere della Sera", Italien: "Seit der Entfesselung der Aggression gegen die Ukraine hat sich der Zar (Wladimir Putin) von allem und jedem distanziert sowie Besucher und Gäste ans andere Ende eines sechs Meter langen ovalen Tisches verbannt. Diese Regel konnte nicht für den 'lieben Freund' (Xi Jinping) gelten, der aus Peking gekommen war, um die Isolation des russischen Führers zu durchbrechen. Putin zeigt, dass er nicht allein ist.

Xi hat mehr Botschaften: Er verkleidet sich als globaler Staatsmann; er verhüllt seine Solidarität mit Moskau in zwölf Punkte, die von Waffenstillstand bis Wiederaufbau der verwüsteten Ukraine reichen; er versucht, die Europäer von seinem friedensstiftenden guten Willen zu überzeugen; und schließlich erklärt er Joe Biden, dass China sich immer an Russland wenden kann, um die Umzingelung an der asiatischen Front zu durchbrechen.

Ein chinesisches Sprichwort lautet: 'Sie schlafen zusammen, haben aber unterschiedliche Träume.' Das klingt perfekt für die beiden 'großen Freunde' Xi und Putin. Man könnte hinzufügen, dass sie einen gemeinsamen Albtraum haben: die Umzingelung durch den Westen."

"Latvijas Avize", Lettland: "Chinas Staatschef Xi Jinping ist der wichtigste ausländische Gast, der Moskau seit Russlands Angriff auf die Ukraine einen Staatsbesuch abstattet. Doch selbst die ausgeklügelten Maßnahmen des Protokolls konnten die zunehmende Asymmetrie zwischen beiden Ländern in Sachen militärischer und wirtschaftlicher Macht nicht verbergen. Seit Putin und Xi sich wenige Wochen vor der russischen Invasion das letzte Mal in China getroffen haben, hat sich die politische und wirtschaftliche Lage des Kreml verschlechtert. Russland ist noch abhängiger von seinem großen asiatischen Nachbarn geworden.

China ist nun zum großen Bruder geworden, auf dessen Gunst das Russland des international sanktionierten Putin angewiesen ist. Dass Peking dem Putin-Russland eine 'Freundschaft ohne Grenzen' erklärt hat und gleichzeitig versucht, sich als Vermittler bei möglichen Friedensgesprächen in der Ukraine zu positionieren, zeigt zugleich auch die Widersprüchlichkeit der chinesischen Politik."

"Putin sitzt hinten und lenkt nicht" – Moskau-Reporter über russische Gespräche mit Xi

"La Vanguardia", Spanien: "Xi Jinping hat gerade einen großen Erfolg mit der bis vor Kurzem unvorstellbaren Annäherung zwischen dem Iran und Saudi-Arabien erzielt. Gestern begann er einen dreitägigen Besuch in Moskau, um etwas viel Schwierigeres zu versuchen, nämlich Frieden in der Ukraine zu ermöglichen. Chinas Präsident ist wegen seiner Überlegenheit gegenüber Wladimir Putin am ehesten zu einer Vermittlung in der Lage, da Russland gerade jetzt China dringend braucht. Und im Gegensatz zu anderen Vermittlern, die von beiden Parteien nicht anerkannt werden, hat die ukrainische Regierung bereits um ein Treffen mit Xi gebeten.

Die Positionen beider Seiten sind noch weit voneinander entfernt und eine Einigung erscheint wie eine Utopie. Russland will die annektierten Gebiete Donbass, Cherson und Saporischschja behalten, Kiew will sie zurück. Putin hat nur wenige Optionen und der Weg zum Frieden wird nur mithilfe von Xi Jinping möglich sein. Sicherlich ist die Zeit für eine Einigung noch nicht gekommen, aber es scheint klar, dass der chinesische Präsident eine Schlüsselfigur sein wird, wenn es dazu kommt. Sein Einfluss in der Welt wird immer größer."

"Frankfurter Allgemeine Zeitung", Deutschland: "... China [hat] kein Interesse daran ..., dass Russland den Krieg verliert. Das würde dem Westen, allen voran den Vereinigten Staaten, mehr Spielraum in der zunehmend globalen Rivalität mit Peking liefern. Schlecht für Xi wäre es auch, sollte das System Putin scheitern, denn das wäre ein weithin sichtbarer Rückschlag für das autoritäre Herrschaftsmodell, dem er sich ebenfalls verschrieben hat. Schließlich ist die Volksrepublik ein wirtschaftlicher Profiteur der neuen geopolitischen Umstände, weil sie nicht nur günstig an russisches Öl kommt, sondern auch die Ausfuhren ins Nachbarland in einer Zeit steigern kann, in welcher die Handelsbeziehungen mit dem Westen schwieriger werden. Kurzum, Xi hat gute Gründe, die Freundschaft mit Putin zu pflegen, aber wenige, als neutraler Vermittler zwischen Moskau und Kiew aufzutreten... ."

"Augsburger Allgemeine", Deutschland: "Zwar pflegen Moskau und Peking den Schulterschluss gegen die USA. Russlands schwache Position aber nutzt China geschickt für sich aus. Es bezieht günstig Öl und Gas, das Russland wegen der Sanktionen nicht mehr in Europa los wird. Es liefert Autos, Chips und kommerzielle Drohnen nach Russland, die auch beim Militär eingesetzt werden können. Der Kreml sieht das Treffen als Zeichen der Stärke gegen den Westen. Dabei verkennt Putin jedoch, wie sehr er sich Peking anbiedert.

"Magyar Nemzet", Ungarn: "Die russisch-chinesische Annäherung, der zu Zeiten des Kalten Krieges noch ernsthafte Gegensätze entgegenstanden, umfasst eine Landmasse, die vom Baltikum bis zum Pazifischen Ozean und Korea reicht. Nimmt man den (moskau-freundlichen) Iran hinzu, hat man neben zwei Atommächten noch eine potenzielle dritte. Ist das gut für die Welt? Nicht sicher, aber das im Ukraine-Wahn versunkene Europa hat sich selbst eliminiert, um bei diesen Umgestaltungen mitzureden.

Die Briten, die Franzosen und die Deutschen zeigen auf jeweils unterschiedliche Weise Krisenerscheinungen. Die anderen europäischen Länder machen – zumindest in weltpolitischer Hinsicht – das Kraut nicht fett. Schlechte Zeiten kommen auf jene zu, die glauben, dass die Welt nur von Los Angeles bis zur Slowakei reicht, die den Ukrainern bereits Kampfflugzeuge liefert."

rw DPA

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