Berlin vertraulich! Steinmeiers buckelnde Zwerge

  • von Hans Peter Schütz
Was hat der Fußballer Steinmeier mit dem Politiker Steinmeier gemeinsam? Und wem lässt er Kaffee, wem Wasser servieren? Ein alter Kenner Steinmeiers hätte dazu etwas sagen können - aber das ZDF ließ ihn nicht.

Weshalb blieb im ZDF das Interesse der Zuschauer an dem TV-Film "Kandidat Steinmeier" so blamabel niedrig? Nur 1,4 Millionen Zuschauer interessierten sich für das Porträt des SPD-Kanzlerkandidaten. 5,7 Prozent. Obwohl es zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr lief. Lag es am Film oder lag es an Steinmeier? Sagen wir es so: Das Porträt war furchtbar sachlich. Alte Fußballkameraden durften erzählen, ein wie ordentlicher Kamerad er auf dem Platz war. Dabei fiel der Satz: "Ein Spiel aufbauen oder lenken, das konnte er nicht." Das läuft eindeutig auch heute beim Spiel der SPD um die Macht so.

Spannender wäre die Arbeit der ZDF-Autoren Ulf-Jensen Röller und Claus Richter ausgefallen, hätten sie auch Zeitzeugen befragt, die mit Steinmeier schon eng zusammengearbeitet haben. Etwa Wolfgang Nowack, einst Staatssekretär in Sachsen und dann im Kanzleramt Schröders zuständig für die politischen Analysen. Der war angefragt worden, disponierte seine Urlaubsplanung um. Doch kurz vor Drehbeginn wurde er wieder ausgeladen. Aus "produktionstechnischen Gründen", wie ihm mitgeteilt wurde. Nowack schrieb Röller daraufhin ein Brieflein mit dem Satz: "Herr Steg wird sich freuen."

Nowack vermutet, dass der bisherige stellvertretende Regierungssprecher und derzeitige Steinmeier-Berater Thomas Steg hinter der Ausladung steckt. Nowack war 2002 von Steinmeier aus dem Kanzleramt intrigiert worden, obwohl Kanzler Gerhard Schröder ihn sehr schätzte. Danach machte der heutige Leiter der Herrhausen Gesellschaft der Deutschen Bank im Kanzleramt rund um Steinmeier "buckelnde Zwerge" aus. Und wie das mit Steinmeier war erzählte er einmal so: "Wenn Sie in sein Zimmer kommen, wissen Sie sofort, wie die Macht zu Ihnen steht: Steht Kaffee auf dem Tisch, ist die Macht Ihnen gnädig gestimmt. Werden Sie entlassen, gibt es nicht mal Wasser. So wird der Eindruck von Macht erzeugt, Macht ist ja auch ein Schein." Oder: Der Zugang zu Steinmeier im Kanzleramt sei organisiert gewesen "wie der Zugang zum Papst."

Was hätte Nowack im Fernsehen gesagt, hätte er reden dürfen? Nowack zu stern.de: "Dass ich Mitleid mit ihm habe." Steimeiers Methode bestehe darin, auf die Fehler der anderen zu lauern. Doch Angela Merkel mache eben keine.

Nowack ist jetzt sehr gespannt auf den Film, den die ARD über Steinmeier gemacht hat und mit dem Titel "Der Kandidat" Anfang September ausgestrahlt wird. Die ARD hat ihn tatsächlich zu Steinmeier befragt. "Mal sehen, was drin bleibt," sagt er.

*

Ein heiß diskutiertes Berliner Thema ist, weshalb SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier in sein Kompetenz-Team nicht einen Bayern und auch keinen Baden-Württemberger berufen hat. Anrufe bei betroffenen Genossen bringen wenig. Der nagelneue bayerische SPD-Chef Florian Pronold sagt mit zusammen gebissenen Zähnen gar nichts. Der ebenfalls nagelneue baden-württembergische SPD-Generalsekretär Peter Friedrich, der für die SPD im Bundestag sitzt, sagt ebenfalls so gut wie nichts. Er zitiert seine Landesvorsitzende Ute Vogt, die immerhin mal stellvertretende SPD-Vorsitzende und Parlamentarische Staatssekretärin bei Innenminister Otto Schily war, jetzt aber kaum noch politisches Gewicht hat: "Des fuxt uns nicht."

"Nicht so dramatisch" sei das, fügt Friedrich dann vorsichtig hinzu, weil die Landes-SPD ja schon mit vier SPD-Staatssekretären in der Bundesregierung präsent sei: Gernot Erler, Nicolette Kressl, Marion Caspers-Merk, Karin Roth. Drei Frauen aus Baden-Württemberg. Und weshalb wird keine hergezeigt? Als Trostpreis für die Genossinnen im Land ist jetzt vorgesehen, dass Steinmeier einen zusätzlichen Wahlkampf-Termin in Baden-Württemberg hinlegt.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!

*

Klarere Auskunft über den Verzicht Steinmeiers auf den gesamten Süden gibt der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Peter Ramsauer. Er habe zu vielen SPD-Mitgliedern freundschaftliche Bande, erzählte er jetzt. Bei denen sei die Ausgrenzung der Schwaben und Bayern wie "eine Bombe eingeschlagen". Ramsauer vergangene Woche in Berlin: "Das ist als Auspeitschung der Süd-SPD verstanden worden." Klar sei den Genossen dort jetzt, dass sie "Null-komma-Null" zählen in der SPD. Er versuche daher jetzt die Freunde wieder aufzuheitern: "Dös wird scho wieder."

*

CSU-Chef Seehofer hat drei CSU-Politiker als künftige Minister in Berlin genannt: Karl-Theodor zu Guttenberg, Ilse Aigner und Ramsauer. Doch der lehnt ab. "Ich stelle mich der Wiederwahl als Landesgruppenchef." Ramsauers verschmitzte Ergänzung: Die Landesgruppenchefs seien bisher irgendwann immer Bundesminister geworden.

*

Der Waffenhändler Karlheinz Schreiber ist zurück und sitzt in U-Haft. Erfahren wir jetzt, ob er einst 100.000 Mark an Wolfgang Schäuble gespendet hat oder an die damalige CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister? Wer bei ihr in Böblingen anruft und diese Frage stellt, sollte Watte in den Ohren haben. "Ich sage gar nichts", ruft sie lautstark ins Telefon. "Der Mist interessiert mich nicht mehr", fährt sie noch etliche Dezibel stärker fort. Und dann sagt sie doch etwas, noch lauter: "Ich habe die Wahrheit gesagt!" Frage an Baumeister, die wegen dieser Affäre auch ihr Bundestagsmandat verloren hat: "Könnte es sein, dass Schreiber 100.000 Mark ihnen und 100.000 Mark Schäuble spendiert hat?" Antwort im Diskant: "So ein Schmarrn!"