Die scharfe Kritik von Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker an der Krisenpolitik Berlins stößt im Regierungslager weiter auf Unverständnis. So verwahrte sich Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) in der "Bild"-Zeitung gegen die Vorwürfe Junckers. "Jean-Claude Juncker ist ein guter Freund Deutschlands. Umso unverständlicher ist aber nun seine Kritik an der deutschen Politik", sagte Kauder und ergänzte: "Deutschland stützt den Euro in einem Maß wie kein anderes Land in Europa."
Juncker hatte Deutschland in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" vorgeworfen, die Eurozone "wie eine Filiale" zu behandeln. Außerdem bezeichnete Luxemburgs Regierungschef die deutsche Debatte über einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone als "Geschwätz". FDP-Chef Philipp Rösler hatte zuvor erklärt, für ihn habe ein Austritt Athens aus dem Euro "längst seinen Schrecken verloren". Die CSU hatte Juncker für seine Aussagen kritisiert und ihm indirekt den Rücktritt nahegelegt.
Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) sagte der "Passauer Neuen Presse", Juncker solle sich bewusst machen, "wer Zahlmeister Europas" sei. "Die Deutschen übernehmen mit knapp dreißig Prozent die Hauptlast der Krise - Tendenz steigend". Die Debatte in Deutschland dürfe nicht als Innenpolitik abgetan werden. Im Gegensatz zu Deutschland hätten es "Herr Juncker und die Luxemburger doch relativ leicht", sagte Fuchs weiter. "Ihr finanzieller Beitrag zur Bewältigung (der Eurokrise) ist lächerlich gering. Das kann sich ein reiches Land wie Luxemburg locker leisten."
Neue Debatte um Kauf von Staatsanleihen
Vor dem Hintergrund der Euro-Schuldenkrise empfängt der französische Präsident François Hollande am Dienstag in Paris den italienischen Regierungschef Mario Monti. Derzeit wird in Europa vor allem über den Aufkauf von Staatsanleihen taumelnder Euro-Schwergewichte wie Spanien und Italien diskutiert. Die Südländer müssen seit Monaten für frisches Geld an den Märkten vergleichsweise hohe Zinsen zahlen, was ihre Reformbemühungen zusätzlich belastet.
Eine mögliche Wiederaufnahme der Staatsanleihekäufe durch die Europäische Zentralbank sieht der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Norbert Barthle, skeptisch. Es sei "nicht Kernaufgabe der EZB, Staaten zu stützen", sagte Barthle der "Rheinischen Post". Er beobachte mit Sorge, "dass sich Jean-Claude Juncker auf die Seite von EZB-Chef Mario Draghi schlägt und offenbar neue Anleihekäufe der EZB unterstützt". CDU-Politiker Wolfgang Bosbach sagte der Zeitung: "Anleihekäufe der EZB bedeuten eine weitere Vergemeinschaftung von Schulden, ohne dass diese an Bedingungen geknüpft werden könnte."