Diskussion um Finanztransaktionssteuer Gabriel attackiert "Bremsklotz" Merkel

Wie zähmt man den Finanzmarkt? Die Politik streitet weiter - saftige Attacke des SPD-Chefs gegen die Kanzlerin inklusive. Und die FDP? Die hat mal wieder Bedenken.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vorgehalten, ihr Vorstoß für eine Steuer auf Finanztransaktionen sei nicht wirklich ernst gemeint. "Angela Merkel und ihre jeweiligen Wirtschaftsminister haben diese Finanzmarktbesteuerung in Europa immer verhindert. So wird es auch dieses Mal sein", sagte Gabriel der Zeitung "Die Welt".

"Solange Merkel mit der FDP regiert und solange die Union nicht zu einer sozial regulierten Marktwirtschaft zurückfindet, in der Steuern nicht per se schlecht sind, bleibt die Regierung Merkel ein Bremsklotz bei der Regulierung der Finanzmärkte", sagte Gabriel. Weder Merkel noch der französische Präsident Nicolas Sarkozy hätten bei ihrem Treffen am Dienstag etwas zur Regulierung der Finanzmärkte gesagt.

Merkel und Sarkozy hatten am Dienstag bei ihrem Treffen in Paris eine Art gemeinsame Wirtschaftsregierung der Euro-Zone, eine verbindliche Schuldenbremse in allen 17 Euro-Ländern und eine Finanztransaktionssteuer vorgeschlagen. Dazu sollen die Finanzminister noch in diesem Herbst Pläne vorlegen. Über eine solche Steuer, die sämtliche Geschäfte und Produkte auf den Finanzmärkten betreffen könnte, wird seit Jahrzehnten diskutiert. Ziel ist es, damit exzessive Spekulationen einzudämmen.

Was bringt die Finanzmarktbesteuerung?

Nach Auffassung der deutschen Banken wäre eine Steuer auf Finanztransaktionen wirkungslos. "Die Steuer schützt nicht vor Finanzkrisen, denn Börsenprofis ist es egal, ob sie ihr Geschäft über die Börsen in Europa, Asien oder USA abwickeln", schrieb der Präsident des Bundesverbands deutscher Banken, Andreas Schmitz, in einem Beitrag für die Zeitung "Bild am Sonntag". Es sei "nur ein Klick am Computer, der den Handelsort festlegt und in steuerfreies Gebiet verlagert". "Die großen Steuereinnahmen bleiben also aus", schrieb Schmitz. Es bringe nichts und sei ungerecht, "in wenigen Ländern die Steuer einzuführen".

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) knüpfte seine Zustimmung an die Beteiligung Großbritanniens. "Die Einführung der Finanztransaktionssteuer kann es nicht ohne die Einbeziehung des Finanzplatzes London geben. Alles andere wäre ein schwerer Fehler", sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende der "Passauer Neuen Presse" (Samstag). Sonst seien allein im Rhein-Main-Gebiet und der Region Frankfurt mehr als 70.000 Arbeitsplätze gefährdet. "Frankfurt muss als Finanzplatz erhalten werden", forderte der hessische Landeschef.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hingegen beharrte auf der Einführung einer Finanztransaktionssteuer und nannte einen möglichen Steuersatz von 0,05 Prozent. "Bis zu 30 Milliarden Euro pro Jahr könnte Deutschland einnehmen, und Spekulationen an den Märkten würden begrenzt", sagte Nahles und erinnerte daran, dass die öffentliche Hand bei der Rettung von Banken habe einspringen müssen. Nun sei ein "fairer Lastenausgleich" nötig. "Nicht nur die Bürger sollen zahlen, auch die Banken", sagte Nahles.

Und noch einmal: Rösler lehnt Eurobonds ab

Der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler hat unteressen gemeinsamen europäischen Staatsanleihen, sogenannten Eurobonds, erneut eine klare Absage erteilt. "Ich schließe aus, dass es mit dieser Bundesregierung Eurobonds geben wird! Dafür steht die FDP", sagte er der "Bild am Sonntag". Rösler hält die Staatsanleihen für eine große Bedrohung für das deutsche Wirtschaftswachstum. "Wir wissen: Eurobonds sind das falsche Signal an die schwächeren Volkswirtschaften. Wenn wir durch Eurobonds die Risiken anderer Länder übernehmen, dann steigen sofort die deutschen Zinsen."

Auch Kanzlerin Angela Merkel hatte am Freitagabend ihre ablehnende Haltung nochmals bekräftigt. Eurobonds und kein Durchgriffsrecht der Europäischen Union in die Haushaltspolitik führten "mit Sicherheit zu einer schiefen Ebene", sagte sie beim Parteitag der Niedersachsen-CDU in Hameln. "Bestenfalls werden wir in Deutschland auf europäischem Durchschnitt landen, aber wohl eher noch schlechter werden."

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

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"Eindeutige Defizitgrenzen für alle Länder"

Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) sprach sich für eine weitergehende Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Euro-Länder aus: "Es müssen eindeutige Defizitgrenzen für alle Länder vereinbart werden. Europa muss streng über die Einhaltung wachen - und automatische Sanktionen gegen Schuldensünder verhängen. Eine Schuldenbremse für alle Euro-Staaten werde aber kaum durchzusetzen sein.

DPA
be/DPA/AFP