Kaplan Panne gefährdet Zuwanderungskompromiss

Die Panne bei der Überwachung des Moslem-Extremisten Metin Kaplan droht den mühsam ausgehandelten Kompromiss für ein Zuwanderungsgesetz zu gefährden.

"Ich setze meine Unterschrift als CSU-Chef nur unter eine Zuwanderungsvereinbarung, wenn mit Hasspredigern wie Kaplan künftig kurzer Prozess gemacht wird und solche Leute ausgewiesen werden", sagte der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) der "Bild am Sonntag" nach Vorabbericht vom Samstag. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) warnte in Berlin davor, den Kompromiss ändern zu wollen: "Es kann nichts mehr draufgesattelt werden." Es gehe nun nur noch darum, die Einigung in ein Gesetz umzusetzen.

CDU-Chefin Angela Merkel sagte der "Welt am Sonntag" auf die Frage, ob es noch Probleme beim Zuwanderungsgesetz gebe: "Das werden wir bei der Formulierung des Gesetzentwurfes sehen, denn die Tücke steckt im Detail."

Kaplan vermutlich wieder aufgetaucht

Auch zwischen Justiz und Behörden in Köln gibt es offenbar Streitigkeiten wegen des Umgangs mit dem Fall Kaplan. Verärgerung soll auch in der Düsseldorfer rot-grünen Landesregierung über Kritik aus der SPD-Fraktion am Polizeieinsatz bei der Fahndung nach Kaplan herrschen. Unterdessen soll sich Kaplan nach einem Bericht des "Kölner Stadt-Anzeigers" wieder in seine Kölner Wohnung begeben haben. Von den städtischen Behörden war zunächst keine Bestätigung zu bekommen.

Am vergangenen Dienstag hatten sich Koalition und Opposition auf einen Kompromiss beim Zuwanderungsgesetz verständigt. Bis zur Sitzung des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat am 17. Juni sollen die Änderungen des Gesetzentwurfs zur Zuwanderung formuliert sein. Kaplan war am Mittwochabend abgetaucht, nachdem das Oberverwaltungsgericht Münster den Weg für seine Abschiebung in die Türkei frei gemacht hatte. Der als "Kalif von Köln" bekannte Kaplan muss sich seit Verbüßung einer vierjährigen Haftstrafe in Deutschland wegen Aufrufs zum Mord wöchentlich bei den Behörden melden und darf Köln nicht verlassen.

Grüne lehnen verschärfte Abschieberegeln ab

Grünen-Chefin Angelika Beer erklärte nach einem Bericht der "Berliner Zeitung" vom Samstag, es stelle sich die Frage, ob Merkel das Gesetzgebungsverfahren durch eine ausländerfeindliche Angstkampagne im Wahlkampf torpedieren wolle. Die Forderung von Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) nach verschärften Abschieberegeln lehnten die Grünen ab. Beckstein hatte am Freitag erneut das Thema erleichterte Abschiebung von straffällig gewordenen Ausländern auf die Tagesordnung gebracht.

Behörde informiert Amtsgericht falsch

Nach einem Bericht des Berliner "Tagesspiegel" soll die Kölner Ausländerbehörde das Kölner Amtsgericht bei dem Antrag eines Haftbefehls bewusst unvollständig informiert haben. Demnach soll die Behörde verschwiegen haben, dass die Zulassung der Revision gegen das Urteil des Oberverwaltungsgericht eine aufschiebende Wirkung der Abschiebung Kaplans hatte. "Diese Frage war für uns nicht von Bedeutung", sagte die Leiterin der Ausländerbehörde, Dagmar Dahmen, dem Blatt. Im Amtsgericht habe es dazu geheißen, wären die Richter über das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes informiert worden, wäre wahrscheinlich kein Haftbefehl ausgestellt worden.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Bundesinnenminister Schily ließ Zweifel daran durchblicken, dass die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster tatsächlich eine direkte Abschiebung verhindert hätte. "Ob diese Auffassung richtig ist, lasse ich einmal dahin gestellt", sagte Schily.

Verärgerung herrsche in der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen über Kritik an der Panne bei der Überwachung Kaplans, schrieb die "Süddeutsche Zeitung". Es sei erstaunlich, dass mit Unterstützung rot-grüner Politiker in Berlin Landesinnenminister Fritz Behrens (SPD) und die Kölner Polizei zum Sündenbock gemacht werde, habe es in Düsseldorf geheißen. Schily äußerte Unverständnis und verwies auf eigene Äußerungen der vergangenen Tage. "Ich wüsste nicht, welche Vorwürfe wem zu machen seien", sagte der Innenminister.