Koalitionsverhandlungen beginnen Merkel stellt Unions-Minister vor

Union und SPD wollen heute Nachmittag ihre Verhandlungen über die Bildung einer großen Koalition aufnehmen. Zuvor will Angela Merkel mitteilen, welche Unionspolitiker einen Ministerposten bekommen. Horst Seehofer ist bereits von der CSU-Spitze nominiert worden.

SPD und Union nehmen heute Nachmittag in Berlin ihre Verhandlungen über eine große Koalition auf. Ziel der Gespräche ist die Verständigung auf ein Regierungsprogramm, das vier Jahre lang Bestand haben soll. Beim ersten Treffen in der SPD-Parteizentrale soll der organisatorische Ablauf der zunächst auf vier Wochen angesetzten Verhandlungsrunden festgelegt werden.

Zuvor will die CDU-Vorsitzende und designierte Kanzlerin Angela Merkel die Namen der Unions-Minister bekannt geben. Dazu tritt die Unionsfraktion gegen Mittag zu einer Sondersitzung zusammen. CDU-Vize Christian Wulff sprach gestern Abend in der ARD-Sendung "Sabine Christiansen" von einer "tollen Mischung aus neuen Gesichtern und erfahrenen Politikern" der Union.

Personalgerangel in der Union

Nach heftigem Personalgerangel in der Union ist CSU-Vize Horst Seehofer für den Posten des Verbraucherschutz- und Agrarminister nominiert worden. Das CSU-Präsidium stimmte dem Personalvorschlag einstimmig zu, wie es am Montagmorgen aus Präsidiumskreisen hieß. Mit dem Beschluss in einer Telefonschaltkonferenz gab die Parteispitze ihre formale Zustimmung für das Comeback des stellvertretenden CSU-Vorsitzenden im Bundeskabinett.

Zuvor war innerhalb der CSU-Landesgruppe Kritik an Seehofer laut geworden. So warf ein namentlich nicht genannter CSU-Bundestagsabgeordneter Seehofer in der "Süddeutschen Zeitung" vor, er sei illoyal und reite "auf der egomanischen Exzentrikwelle". Dass er nun für sein Verhalten belohnt werde, sei in der Landesgruppe auf massive Widerstände gestoßen, berichtete die Zeitung weiter.

Merkel ist nach Informationen der Nachrichtenagentur DPA bereit, den Vorschlag von CSU-Chef Edmund Stoiber zu akzeptieren. Damit steht auch fest, dass der hessische CDU-Fraktionschef Franz Josef Jung das Verteidigungsressort übernehmen wird, falls die große Koalition zustande kommt.

Laut DPA wird Merkel heute ferner Niedersachsens Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) als Familienministerin und die ehemalige Kultusministerin von Baden- Württemberg, Annette Schavan (CDU), als Bildungsministerin vorstellen. Der frühere CDU-Chef Wolfgang Schäuble wird Innenminister. CDU-Generalsekretär Volker Kauder soll in Zukunft die CDU/CSU-Bundestagsfraktion führen. Stoiber war seit der Grundsatzvereinbarung zwischen Union und SPD über die Bildung einer großen Koalition als neuer Wirtschaftsminister gesetzt.

Gerangel um den Kanzleramtsminister

Bis zuletzt war offen, wen Merkel als Kanzleramtsminister präsentiert. Intern wurde nicht ausgeschlossen, dass es hier noch eine Überraschung geben könnte und dass diese Schaltstelle nicht wie bisher erwartet vom Parlamentarischen Geschäftsführer Norbert Röttgen (CDU) übernommen wird.

Laut "Leipziger Volkszeitung" soll Sachsens Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) Kanzleramtsminister werden. Das schreibt das Blatt unter Berufung auf "ein Mitglied des engsten Führungskreises" von Merkel.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Laut "Sächsischer Zeitung" werden sowohl de Maiziere als auch Röttgen ins Kanzleramt wechseln. Merkel wolle de Maiziere zum Chef des Bundeskanzleramtes im Range eines Bundesministers machen, schreibt das Dresdner Blatt unter Berufung auf "hochrangige Parteikreise". Röttgen soll demnach als Staatsminister die Bund-Länder-Koordinierung verantworten.

Die Haushaltspolitik ist ein zentrales Thema der Koalitionsverhandlungen

In der CSU wurde am Sonntag über die Besetzung des zweiten Ministerpostens neben Stoiber beraten. Nach Medienberichten schien es zunächst so, dass CSU-Landesgruppenchef Michael Glos - wie von Merkel vorgeschlagen - das Verteidigungsressort übernehmen könnte. Seehofer wäre dann leer ausgegangen. Letztlich, so hieß es in Unionskreisen, wollte Stoiber aber Seehofer in das Kabinett einbinden. CDU-Vize Wulff sagte in der ARD, die Entscheidung lasse sich vertreten. Er meinte zugleich, dass Seehofer "etwas mehr Integrationsanstrengungen erfordert als andere". FDP-Chef Guido Westerwelle sprach bei "Sabine Christiansen" von einer klaren Schwächung Merkels.

Mit der Forderung nach einem Sparpaket von 25 Milliarden Euro pro Jahr geht die Union in die Koalitionsverhandlungen mit der SPD. Damit liegt sie deutlich über den Sparvorstellungen der Sozialdemokraten in Höhe von 14,5 bis 22,5 Milliarden Euro. Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU), der für die Union die Haushaltsberatungen vorbereitet, sagte der "Berliner Zeitung": "Pro Jahr muss die Lücke um mindestens 25 Milliarden Euro verringert werden." Die Haushaltspolitik ist ein zentrales Thema der Koalitionsverhandlungen.