Beim Deutschlandtag der Jungen Union in Münster ist deutlich geworden: Es träumt niemand mehr von Jamaika. Die Union stellt sich auf Opposition ein. CDU-Chef Armin Laschet hat die Wahlniederlage voll auf seine Kappe genommen, schonungslose Kritik und kämpferische Töne waren zu hören (der stern berichtete).
Wie geht es für die angeschlagene Union nun weiter? Die "Süddeutsche Zeitung" sieht den "Auftakt eines neuen Machtkampfes" heraufziehen. Die CDU müsse aufpassen, "dass sie vor lauter unbedingtem Willen nach Erneuerung nicht einen Irrweg einschlägt", warnt die "Neue Osnabrücker Zeitung". Und ausgerechnet der gescheiterte Kanzlerkandidat Armin Laschet hatte noch einmal "einen großen Auftritt", kommentiert die "Volksstimme". Die Pressestimmen.
"Armin Laschet hatte noch einmal einen großen Auftritt": das Medienecho zum Deutschlandtag der Jungen Union
"Neue Osnabrücker Zeitung": "Die CDU muss aufpassen, dass sie vor lauter unbedingtem Willen nach Erneuerung nicht einen Irrweg einschlägt. Beim Deutschlandtag der Jungen Union mahnte Armin Laschet richtigerweise an, die Union dürfe in der Opposition nicht schrill und plump werden. Andere konservative Volksparteien in Europa haben sich erst nach ganz rechts und dann in die Bedeutungslosigkeit verabschiedet. Auch die CDU wird nur als konservative Kraft der Mitte wieder erfolgreich sein. Carsten Linnemann und Jens Spahn wären beide Kandidaten für den Parteivorsitz, die für diesen Kurs und gleichzeitig für einen Generationenwechsel stehen könnten. Bei den Jungen in der Partei sind sie wohl die Favoriten für die Nachfolge von Armin Laschet. Bei der CDU muss achtsam renoviert, nicht rigoros saniert werden."
"Frankfurter Allgemeine Zeitung": "Die Suche nach Ursachen für das desaströse Abschneiden am 26. September glich am Wochenende über weite Strecken der Beschreibung von Krisensymptomen und nicht der Suche nach den Ursachen selbst. Die meisten Symptome aber wie das verheerende Abschneiden unter urbanen und jungen Wählern sind nicht erst vor drei Wochen offen zutage getreten, sondern seit Langem bekannt. (…) Wenn CDU und CSU in den kommenden Jahren vom Saarland bis nach Bayern gewählt werden wollen, dann sollten sie die Mahnung des alten CDA-Fahrensmannes Karl-Josef Laumann ernst nehmen: Wer die Lebenswirklichkeit der Leute nicht mehr kennt, die einen 'normalen Job' haben, der braucht sich nicht zu wundern, wenn sich das politische Koordinatensystem wirklich oder vermeintlich nach links verschiebt."
"Rhein-Zeitung" (Koblenz): "Spätestens seit der schonungslosen Aufarbeitung der Wahlniederlage beim Deutschlandtag der Jungen Union dürfte auch dem optimistischsten Christdemokraten klar geworden sein, dass die Union in den nächsten vier Jahren ziemlich sicher auf den Oppositionsbänken Platz nehmen wird. Daher sollte die Partei keine Zeit verschwenden. Sie muss damit beginnen, die Seele der Partei wieder mit Inhalten und frischem Personal zu füllen. Das wird nicht ein einzelner Heilsbringer schaffen. Und das wird kein neuer Wein in alten Schläuchen vollbringen. Das bedeutet daher einen Abschied von der alten Garde um Friedrich Merz oder Norbert Röttgen. Die Partei braucht sie auch gar nicht, stehen doch längst junge ehrgeizige Politiker wie Jens Spahn, Carsten Linnemann, Tobias Hans, Daniel Günther oder Michael Kretschmer bereit."
"Süddeutsche Zeitung" (München): "Was die Union nun erlebt, ist der Auftakt eines neuen Machtkampfes. Eigentlich: der Auftakt zu zwei Machtkämpfen. Die CDU sucht einen neuen Chef, das ist der erste. Und wer immer sich durchsetzt, wird es danach mit Markus Söder zu tun haben. Das ist der zweite. Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident wird seinen in der Pandemie erworbenen Status als starker Mann der Union nicht freiwillig aufgeben. Er hätte sicher auch überhaupt nichts dagegen, ihn sich bis 2025 zu bewahren."
"Volksstimme" (Magdeburg): "Armin Laschet hatte noch einmal einen großen Auftritt. Beim Deutschlandtag der Jungen Union warf sich der gescheitere Kanzlerkandidat in den Staub und übernahm die alleinige Verantwortung für das Wahldesaster. Mit schonungsloser Selbstkritik vermied er ein Scherbengericht. In diesem Moment konnte man Mitleid haben mit Laschet, der alle Schuld auf sich nahm, obwohl auch viele andere tatkräftig zum Wahldebakel beitrugen. Es war die CDU-Bundesspitze, die Laschet entgegen vieler anderslautender Ratschläge ins Rennen schickte. Ja, Laschet machte Fehler im Wahlkampf, doch fehlender Teamgeist und mangelnde Geschlossenheit erschwerten ihm zusätzlich das Geschäft. An der Wahlkatastrophe haben viele in der Union ihre Aktien. Nun hat das Warmlaufen der Laschet-Nachfolger begonnen."