Libanon-Einsatz Regierung vertagt Entscheidung

Die Entscheidung über den Libanon-Einsatz deutscher Soldaten verzögert sich: Wegen Diskussionen im Libanon hat das Land noch keine Truppen bei der Uno angefordert - und ungefragt will Deutschland seine Hilfe nicht anbieten.

Die Bundesregierung hat die für Montag geplante Sondersitzung zur Entscheidung über den Einsatz deutscher Soldaten im Nahen Osten abgesagt. Nach Angaben von Regierungssprecher Ulrich Wilhelm vom Sonntag hat der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) informiert, dass er auf Grund der innerlibanesischen Diskussion noch nicht die notwendige Anforderungen an die Uno richten könne.

Kein Einsatz ohne Anforderung

Wilhelm sagte, für die Bundesrepublik komme ein Libanon-Einsatz ohne eine Anforderung des Libanon an die UN nicht in Betracht. Auch die anderen Staaten wie Dänemark, Norwegen, Schweden und die Niederlande, die sich für einen Schutz der Territorialgewässer des Libanon bereit erklärt hätten, würden sich so verhalten.

Ursprünglich wollte Bundeskanzlerin Angela Merkel die Vorsitzenden der im Bundestag vertretenen Parteien am Sonntagabend über die Libanon-Mission informieren. Eine Sondersitzung des Kabinetts war für Montag terminiert. Der Bundestag sollte dann am Freitag über das Mandat abstimmen.

Merkel wirbt für robustes Mandat

Merkel warb am Sonntag erneut für ein "robustes, angemessenes Mandat" für die deutsche Marine. "Es muss schon so sein, dass unsere Marine dann auch in Absprache mit den Libanesen natürlich die Möglichkeit hat, ein Schiff auch am Weiterfahren zu hindern", sagte sie in der ARD-Sendung "Bericht in Berlin".

Skepsis in der CSU

Die Spekulationen über den Umfang des deutschen Einsatzes hielten an. Nach verschiedenen Medienberichten soll das Mandat bis zu 3000 Soldaten auf Schiffen und Flugzeugen umfassen. UN-Generalsekretär Kofi Annan will einem Bericht der Pariser Tageszeitung "Le Monde" zufolge Berlin bitten, im Kampf gegen Waffenschmuggel auch auf syrischer Seite bei den Grenzkontrollen Hilfestellung zu leisten.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) warnte vor einer wachsenden Terrorgefahr in Deutschland durch einen Bundeswehr-Einsatz im Nahen Osten. "Wir geraten dadurch noch stärker in das Blickfeld der entsprechenden Fundamentalisten", sagte er der "Bild am Sonntag". Aus der CSU gab es am Wochenende weiter Kritik an einer Libanon-Mission. "Die Skepsis ist sehr, sehr groß. Die Zustimmung der Mehrheit der CSU-Landesgruppe ist nicht sicher", sagte der Abgeordnete Stephan Mayer der "Passauer Neuen Presse".

Kein Flüchtlingsstrom erwartet

Die Bundesregierung rechnet nicht mit einem Massenansturm von Flüchtlingen aus dem Libanon nach Deutschland. Deshalb seien auch "keine konkreten Maßnahmen" dazu geplant, heißt es in einer Antwort der Regierung auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion.

FDP-Chef Guido Westerwelle sagte: "Die Verschiebung des Kabinettsbeschlusses auf Grund der fehlenden Anforderung der libanesischen Regierung zeigt, dass die Diskussion über den Einsatz bewaffneter deutscher Soldaten im Nahen Osten fahrlässig und ohne Not von der Bundesregierung in Deutschland bisher geführt wurde." Der außenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Eckart von Klaeden, nannte die Entscheidung zur Verschiebung "konsequent und besonnen".

DPA
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