An den Tagen danach, den bleiernen Tagen nach einer Lockdown-Runde der Kanzlerin mit den Ministerpräsident:innen, kommt die Frage wie das Amen in der Kirche: Und wer hat sich nun in den Verhandlungen durchgesetzt? Hätten wir nur ein Superwahljahr, dann wäre das eine interessante Frage. Doch wir leben auch und vor allem in einem Pandemie-Jahr, und da ist es – mit Verlaub – doch sch...egal, ob Angela Merkel, Manuela Schwesig, Bodo Ramelow oder Markus Söder ihre Vorstellungen durchsetzen konnten, eine gute Figur gemacht haben oder sich taktisch geschickt verhalten haben. Es geht darum, das Land möglichst gut durch diese Krisensituation zu steuern. Um nichts anderes. Auch gut ein halbes Jahr vor einer Bundestagswahl nicht.
Auch in der Pandemie geht es um Wahlsiege
Doch Pandemie-Jahr und Superwahljahr – das passt offenkundig nicht zusammen. Die, die die Krise managen müssen, sind und bleiben Politiker:innen. Allen Beteuerungen zum Trotz, zum Wohl des Landes und der Menschen handeln zu wollen, geht es daher auch unter diesen Ausnahmebedingungen darum, letztlich Wahlen zu gewinnen.
Und so horchen die Männer und Frauen an der Spitze der Landesregierungen in ihre engere Umgebung und trachten nach Beschlüssen, die ihnen womöglich Zuspruch bringen. Das Ergebnis ist der berühmte Flickenteppich bei den Maßnahmen, obwohl sich das Land insgesamt nach einheitlichen Regeln zu sehnen scheint, die Orientierung bieten würden. Auch das Hin-und-Her von Lockern und Verschärfen der Corona-Maßnahmen hat hier seine Wurzeln.

Gezerre ums Kanzleramt belastet Corona-Management
Dass Angela Merkel im Herbst nicht wieder zur Wahl steht und die wichtigste Machtposition im Land somit offen lässt, belastet das Krisenmanagement zusätzlich. Die einen trachten danach, sie zu beerben, die anderen danach, ihre Partei nach gefühlt endloser Zeit vom Thron zu stoßen. Da geht viel Mut, Kreativität und Tatkraft dahin, die so dringend für die Bewältigung der Krise benötigt würde.
Doch abgesehen von einigen wenigen, meist lokalen Ausnahmen stehen auch nach rund zwölf Monaten Pandemie nicht viel mehr als ein weiterer Lockdown-Beschluss und finanzielle Hilfen, die zu allem Überfluss oft gar nicht da ankommen, wo sie gebraucht werden, im Arbeitszeugnis. Auch wenn das nicht in der direkten Verantwortung der Regierungschefs liegt: Sich an dieser Stelle verantwortlich zu fühlen und etwas konkret voranzubringen, wäre ein vielleicht unorthodoxer, aber hilfreicher Schritt, der in einer Ausnahmesituation schon mal angebracht sein könnte. Doch Fehlanzeige.
Selbstverständnis des Landes angekratzt
Nein, Superwahljahr und Pandemie-Jahr – das passt nicht zusammen. Mag sich die Kanzlerin mit dem strengen Oster-Lockdown diesmal durchgesetzt haben (sie hat stets eher strenge Maßnahmen favorisiert), sie haben alle verloren – und wir mit ihnen. Im Streben danach, mit dem Krisenmanagement die Wähler:innen hinter sich zu bringen, haben sich die Mitglieder der Bund-Länder-Runde hoffnungslos verheddert.
Die Enttäuschung sitzt tief – selbst bei den duldsamsten und einsichtigsten Bürger:innen. Das Selbstverständnis vom tatkräftigen und leistungsfähigen Land hat merklich gelitten. In Sachsen-Anhalt, Thüringen, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und im Bund können wir alle mit unserem Kreuz auf dem Wahlzettel den Corona-Krisenmanager:innen das Zeugnis ausstellen – wenn sich auch, zugegeben, die Frage nach wirklichen Alternativen stellt. Die meisten dieser Wahlen sind erst im Herbst, wenn voraussichtlich viele geimpft sind und sich die Situation hoffentlich entspannt hat. Das ist gut für die jetzt Kritisierten, denn das Gedächtnis des Wählers ist in der Regel kurz. Für das kurzfristige Corona-Management bedeutet das erstmal nichts Gutes.