Am Montag entscheidet der Bundestag über das zweite Rettungspaket für Griechenland, 130 Milliarden Euro stark - und auch in der schwarz-gelben Koalition heftig umstritten. Abermals steht Angela Merkel vor der Frage, ob sie die symbolisch wichtige Kanzlermehrheit zustande bekommt.
Auf die neuen Hilfen für das vor Pleite bedrohte Griechenland hatten sich die Finanzminister der Eurogruppe am Dienstag nach zähen Verhandlungen geeinigt. Für welche Summe Deutschland konkret haftet, steht noch nicht fest, da der Internationale Währungsfonds (IWF) noch darüber beraten muss, wie viel Geld er zuschießt.
"Ich wünsche mir die Kanzlermehrheit"
Führende Koalitionspolitiker glauben an einen Abstimmungserfolg. "Ich wünsche mir die Kanzlermehrheit", sagte CSU-Chef Horst Seehofer der "Bild am Sonntag". Vorsichtiger äußerte sich FDP-Generalsekretär Patrick Döring. Dem "Hamburger Abendblatt" sagte Döring, er gehe davon aus, dass eine große Mehrheit des Bundestages die Bundesregierung unterstützen werde. In Union und FDP haben etwa ein Dutzend Abgeordnete angekündigt, gegen das Paket zu stimmen. Beim ersten Paket waren es schlussendlich 15.
SPD-Chef Sigmar Gabriel kündigte eine breite Zustimmung seiner Partei an. "Wir kämpfen darum, dass die Politik entscheidet und nicht die Spekulanten auf den Finanzmärkten, die auf den Zusammenbruch Griechenlands und des Euro wetten", sagte Gabriel der "Welt am Sonntag".
Massive Kritik an Friedrich-Vorschlag
Empörung rief ein Vorstoß des Innenministers Hans-Peter Friedrich (CSU) aus. Für die Griechen müssten "Anreize für einen Austritt" geschaffen werden, "die sie nicht ausschlagen können", sagte Friedrich dem "Spiegel". Dazu erklärte der SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann, die CSU laufe in der Euro-Debatte "völlig aus dem Ruder". Der Grünen-Finanzpolitiker Gerhard Schick nannte Friedrichs Verhalten "unsäglich". Kanzlerin Merkel sprach sich bislang stets für einen Verbleib Griechenlands in der Eurozone aus.
Bevölkerung und Wirtschaft lhnen die neuen Hilfen für Griechenland ab: In einer Umfrage für die "Bild am Sonntag" plädierten 62 Prozent der Befragten dafür, das Paket zu stoppen. BDI-Präsident Hans-Peter Keitel zeigte im "Tagesspiegel" Verständnis für Abweichler. "Die Schuldenkrise ist vielleicht das einzige Thema, bei dem seit Jahren keiner sagen kann, wie eine konsistente Lösung aussieht."
Nochmalige Erhöhung der Finanzspritze?
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) lehnte in der "Welt am Sonntag" eine Forderung von IWF-Chefin Christine Lagarde ab. Sie will - als Gegenleistung für eine höhere Beteiligung des Währungsfonds - eine Ausdehnung des europäischen Rettungsfonds ESM. In der EU wird derzeit darüber diskutiert, EFSF und ESM zu fusionieren und dadurch die Kreditmöglichkeiten auf bis zu 750 Milliarden Euro zu erhöhen. Deutschland ist bislang dagegen.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wies auf dem G-20-Gipfel in Mexiko-Stadt Forderungen der USA zurück, die Krise mit weiteren Schutzmechanismen einzudämmen. Unbegrenzte Finanzhilfen für Schuldenstaaten seien "ökonomisch nicht sinnvoll", sagte Schäuble. Zuvor hatte er allerdings angedeutet, dass das aktuelle 130-Milliarden-Paket für Griechenland nicht reichen könnte.