Benzinpreise auf Rekordhoch Diskussionen um Spritpreisbremse: Linders Pläne gehen Habeck nicht weit genug

Zwei grau-blonde weiße Männer in Anzügen tragen FFP2-Masken und stehen nebeneinander
Beide wollen Autofahrer und Verbraucher entlasten, nur über den Weg herrscht keine Einigkeit zwischen Finanzminister Christian Lindner (l.) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (r.)
© Emmanuele Contini / Getty Images
Die Benzinpreise befeuern die Debatte darüber, wie Autofahrer entlastet werden können. Während Finanzminister Christian Lindner (FDP) seine Spritpreisbremse gegen Kritik verteidigt, haben Wirtschaftsminister Habeck und die Grünen weitreichendere Pläne.

Wer momentan mit seinem Auto eine Tankstelle in Deutschland ansteuert, wird angesichts der Benzinpreise entweder blass oder wutrot. Die Spritpreise liegen mit weit über zwei Euro pro Liter derzeit auf nie gekanntem Niveau, nachdem sie in den ersten beiden Wochen des Ukraine-Krieges beispiellos in die Höhe geschossen waren - teilweise um mehr als 10 Cent pro Tag. Deswegen plant die Ampelkoalition Entlastungen für Autofahrerinnen und Autofahrer in Deutschland. Doch wie die Entlastungen genau aussehen sollen, ist noch nicht ganz klar. Einigkeit herrscht aber darüber, dass eine Entlastung her soll.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte daher am Montagabend im ZDF-"heute journal" auf die Frage, wie hoch er die Chancen auf eine Benzimpreisbremse sehe: "Hoch". Man dürfe die Familien, die Pendler und die Gewerbetreibenden mit den stark steigenden Preisen nicht allein lassen: "Das ist nicht die einzige Entlastungsmaßnahme, die wir brauchen, aber es ist eine wichtige und dringliche."

In der "Rheinischen Post" hatte Lindner zuvor Details genannt. So könnte der staatliche Zuschuss beispielsweise für drei Monate befristet ausgezahlt werden, was mehr als sechs Milliarden Euro kosten würde. Die konkrete Ausgestaltung sei in der Regierung aber noch offen: "Aber man kann pro 10 Cent und Monat 550 Millionen Euro rechnen. 40 Cent für drei Monate zum Beispiel wären also 6,6 Milliarden Euro", sagte der FDP-Chef dem Blatt.

Habeck hat andere Pläne als Lindner

Auch Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) ein Maßnahmenpaket angekündigt. "Extrem hohe Heizkosten, extrem hohe Strompreise, extrem hohe Spritpreise belasten Haushalte, und je geringer die Einkommen, desto stärker", sagte Habeck. "Die Bundesregierung wird daher ein weiteres Entlastungspaket auf den Weg bringen." Unter anderem solle es bei Strom, Wärme und Mobilität Erleichterungen geben. "Gerade die hohen Heizkosten erdrücken zahlreiche Familien." Im Bundeswirtschaftsministerium schätzt man, dass die Gasrechnung für eine Durchschnittsfamilie in einem unsanierten Ein-Familien-Haus im laufenden Jahr um etwa 2000 Euro steigt.

Zweitens zielt Habeck auf Energieeffizienz und Einsparungen - etwa eine Minderung des Verbrauchs beim Autofahren oder einen Austausch von Gasheizungen. Drittens seien weiter marktwirtschaftliche Impulse nötig, damit gelte: "je effizienter, desto geringer die Kosten". Lindners Vorschlag eines Tank-Zuschusses greife noch zu kurz, sagte Habeck.

Lindner kontert Kritik an Spritpreisbremse

Kritik von den Grünen und aus der Mineralölwirtschaft, bei dem Modell drohe ein riesiger Bürokratieaufwand, weil jede Tankstelle jede Quittung einzeln einreichen müsse, wies Lindner zurück. "Es soll nicht jede Tankquittung individuell verwaltet werden. Das wäre abwegig." So sollten etwa Tankstellenketten auf der Basis der Gesamtmenge des verkauften Sprits die Erstattung beim Staat beantragen können. "Wenn es nach mir geht, landen wir mit dem Tankrabatt bei unter zwei Euro je Liter Diesel und Benzin. Das Ganze geht natürlich nur zeitlich befristet." Bei einer Entlastung um zehn Cent geht Lindner von Kosten von 550 Millionen Euro pro Monat aus. Es sei aber klar, dass zehn Cent und ein Monat Entlastung nicht ausreichten, entsprechend teurer werde die Maßnahme.

In den "Tagesthemen" sagte Lindner, "ich denke, beim Heizöl können wir noch etwas machen". Steigende Weltmarktpreise könne man aber nicht auf Dauer mit Steuergeld subventionieren. Es gehe darum, andere Energie-Lieferquellen zu erschließen und erneuerbare Energien auszubauen. "Und wir müssen auch bestimmte Festlegungen des Koalitionsvertrags der Ampel neu hinterfragen."

Klingbeil lobt und warnt

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil nannte es im Sender RTL/ntv "richtig, dass sich der Bundesfinanzminister da Gedanken macht". Solche Vorschläge müssten in der Regierung klug durchdacht werden. Er sei "jetzt vorsichtig, einzelne Instrumente zu diskutieren", aber es dürfe auch nicht auf die lange Bank geschoben werden, sagte Klingbeil: "Wir brauchen noch in dieser Woche konkrete Verabredungen, und daran wird jetzt mit Hochdruck gearbeitet."

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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© dpa

Laut Habecks Staatssekretär Oliver Krischer würden die Grünen am liebsten ein Tempolimit verordnen, um den Spritverbrauch zu senken, berichtet "Capital". Eine befristete Geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 km/h auf Autobahnen würde zwei Millionen Tonnen Sprit pro Jahr einsparen, rund zwei Prozent der deutschen Mineralölimporte. Lindner hält davon offenbar wenig: "Angesichts der hohen Spritpreise gibt es einen natürlichen Impuls, weniger zu verbrauchen", sagte er laut dem Magazin. Autofahrer könnten auch von sich aus den Fuß vom Gaspedal nehmen.

Spritpreise bremsen Autofahrer bislang nicht

Bisher drosseln die Autofahrer in Deutschland trotz des Preissprungs bei den Spritkosten nicht das Tempo. Auf Autobahnen ist bisher kein Rückgang der Geschwindigkeiten festzustellen, wie Auswertungen der Verkehrsdatenanbieter Inrix und TomTom für die Deutsche Presse-Agentur ergaben.

Weitere Quellen: "rp-online.de" (Bezahlinhalt), "Capital.de", "ZDF Mediathek".

mit DPA