Weltklimakonferenz Klimaschutz-Index: Kein Land tut genug für die 1,5-Grad-Grenze

Stau auf der A113 bei Berlin: Deutschland belegt im Klima-Schutz-Index Rang 14
Stau auf der A113 bei Berlin: Deutschland belegt im Klima-Schutz-Index Rang 14 – und bekommt nur mäßige Noten für seine Klimapolitik
© Frank Sorge / Imago Images
So schlecht wie dieses Mal fiel das Klimaschutz-Ranking von Germanwatch noch nie aus. Auch Deutschland bekommt nur mittelmäßige Noten für seine Klimapolitik. Doch es gibt einen Hoffnungsschimmer.

Die Klimapolitik vieler Staaten ist höchstens Mittelmaß – und das trotz schlimmer werdender Klimakrise. Das geht aus dem jährlichen Klimaschutz-Index hervor, den die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch bei der Weltklimakonferenz in Dubai (COP28) veröffentlichte. Die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens gerät demnach in noch weitere Ferne. Deutschland gehört im Index zwar zur Spitzengruppe, Querelen innerhalb der Ampel-Koalition behinderten aber eine wirklich zufriedenstellende Klima-Bilanz, kritisierten die Berichtsautoren. 

Selbst bisherige Vorreiter-Länder wie Dänemark "scheinen heute weiter vom Erreichen der Pariser Klimaziele entfernt zu sein als in den vergangenen Jahren", warnte Mit-Autor Niklas Höhne vom Forschungsinstitut NewClimate Institute. Erstmals seit dem ersten Klimaschutz-Index im Jahr 2005 bekam in der Teilbewertung "Klimapolitik" kein einziges Land die Note "gut". 

Klimaschutz-Index: COP-Gastgeber Dubai belegt letzten Rang

Weil laut den Studienautoren keines der untersuchten Länder genug für eine sehr gute Gesamtwertung getan hat, bleiben die ersten drei Plätze des Klimaschutz-Index wie in den vergangenen Jahren leer. Den obersten Platz vier belegt erneut Dänemark, Schlusslichter sind drei Ölstaaten: das COP-Gastgeberland Vereinigte Arabische Emirate, der Iran und schließlich Saudi-Arabien auf dem letzten Platz.

Für den Klimaschutz-Index wurden 63 Staaten sowie die EU untersucht, die zusammen für mehr als 90 Prozent des globalen Treibhausgasausstoßes verantwortlich sind. Er zeigt auf, wie weit die Weltgemeinschaft vom Ziel des Pariser Klimaabkommens entfernt ist, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen.

Deutschland beim Klimaschutz auf Rang 14

Deutschland stieg im Vergleich zum Vorjahr um zwei Plätze auf Rang 14, bekommt in den vier Untersuchungskategorien Treibhausgasemissionen, Erneuerbare Energie, Energienutzung und Klimapolitik aber weiterhin nur mäßige Noten. 

Die Gründe dafür lägen "vor allem in einer klimapolitisch zu schwachen Verkehrspolitik, der Abschwächung des Klimaschutzgesetzes sowie einem am Ende verwässerten Gebäudeenergiegesetz", erläuterte Co-Autor Jan Burck von Germanwatch. Deutschland tue nicht genug, um sein selbst gestecktes Ziel zu erreichen, bis 2045 treibhausgasneutral zu werden. Als "ein Hindernis für eine ambitioniertere Klimapolitik" nennt Burck die "oft gegensätzlichen klimapolitischen Ambitionen innerhalb der Ampelkoalition".

Klimaschutz: Zwei EU-Länder in den Top 10

Positiv bewerten die Berichtsautoren die Maßnahmen der Bundesregierung zum Ausbau der erneuerbaren Energien sowie das Vorziehen des Kohleausstiegs von 2038 auf 2030. Allerdings würden zwei deutsche Kohlekraftwerke länger als geplant betrieben und Deutschland gehöre "nach wie vor zu den neun Ländern weltweit, die für 90 Prozent der Kohleförderung verantwortlich" seien, kritisieren die Berichtsautoren.

Weltweit zu den Aufsteigern im Index gehören Estland, die Philippinen und die Niederlande. Die Philippinen erreichten Rang 6 insbesondere wegen ihres niedrigen Energieverbrauchs und geringer Emissionen, Estland (5.) und die Niederlande (8.) punkten insbesondere in den Bereichen Erneuerbare und Klimapolitik. 

Brasilien verbesserte sich unter dem neuen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva dank einer ehrgeizigeren Klimapolitik und der Eindämmung der Abholzung des Regenwaldes deutlich von Platz 38 auf Platz 23.

Weltweiter Boom der erneuerbaren Energien macht Hoffnung

Zu den größten Absteigern zählen Großbritannien (von Platz elf auf 20) und Italien, das um 15 Plätze auf Rang 44 fiel. Schlusslicht in der EU ist erneut das stark Kohle-abhängige Polen auf Platz 55.

International betrachtet gibt der Untersuchung zufolge ein weltweiter Boom der erneuerbaren Energien, Batterien, Wärmepumpen und Elektromobilität "Grund zur Hoffnung". "Noch nie wurden weltweit so viele Kapazitäten installiert wie 2022", heißt es. Dieser Zuwachs müsse nun aber auch "exponentiell weitergehen, um die nach wie vor dominanten fossilen Energieträger zurückzudrängen".

Die Berichtsautoren erhoffen sich von der Weltklimakonferenz in Dubai einen "Schub beim notwendigen Klimaschutz". Dazu müssten die Verhandler aus fast 200 Staaten aber "bindende Beschlüsse" fassen für eine Verdreifachung der weltweiten Erneuerbaren-Kapazitäten, eine Verdopplung der Energieeffizienz sowie eine Halbierung der Treibhausgas-Emissionen bis 2030 insbesondere durch ein Zurückfahren der Nutzung von fossilen Energieträgern wie Öl und Kohle.

Ein Bekenntnis zum weltweiten Ausstieg aus fossilen Energien ist ein zentraler Streitpunkt, der die am Freitag begonnene zweite Verhandlungswoche in Dubai bestimmen wird. Offiziell soll die 28. Weltklimakonferenz am 12. Dezember enden, ein Überziehen wie in den Vorjahren ist aber nicht ausgeschlossen.

AFP
küp