Krieg in der Ukraine Russische Rekruten murren über Mobilisierungen – und starten Petition

Russische Rekruten gehen auf einem Bahnhof in Prudboi.
Ende September hatte Putin angekündigt rund 300.000 Menschen für den Angriffskrieg in der Ukraine mobilisieren zu wollen
© DPA
Eigentlich sollte Russlands Teilmobilisierung längst beendet sein. Doch offenbar gibt es noch immer Einberufungen, was nun Anti-Kriegs-Gruppen auf den Plan ruft: "Unsere Lieben, Verwandten, Söhne, Ehemänner, Brüder sind immer noch in Gefahr."

Dieser Beitrag erschien zuerst bei ntv.de.

Nach fast neun Monaten Krieg muss Russlands Präsident Wladimir Putin mit wachsendem Unmut im eigenen Land kämpfen. Wie die Denkfabrik "Institut for the Study of War" schreibt, äußern Tausende Russen inzwischen auf verschiedenen Plattformen in den sozialen Medien Kritik an der Mobilisierung.

So starteten sechzehn Anti-Kriegs-Gruppen in Russland eine Petition, in der ein offizielles Ende der Mobilisierung gefordert wird. Am 31. Oktober habe der Präsident Putin bekannt gegeben, dass die Mobilisierung beendet sei. Allerdings habe er darauf verzichtet, ein Dekret über ein offizielles Ende zu unterzeichnen, heißt es hier. "Inzwischen erhalten die Russen immer noch Vorladungen." Nach Ansicht von Anwälten und Menschenrechtsaktivisten biete die Erklärung des Präsidenten den russischen Bürgern keine Garantien, solange sie nicht dokumentiert sei, so die Sorge der Unterzeichner. "Unsere Lieben, Verwandten, Söhne, Ehemänner, Brüder sind immer noch in Gefahr."

Russland: Petition kritisiert nicht den Krieg gegen die Ukraine

In der Petition, die mittlerweile rund 38.000 Menschen unterzeichnet haben, werden der Krieg gegen die Ukraine als solcher und die massiven Menschenrechtsverletzungen durch russische Truppen nicht kritisiert. Vielmehr beklagen die Unterzeichner die Auswirkungen der Rekrutierungen auf Russland. "Wir fürchten nicht nur um unser eigenes Leben und das unserer Angehörigen, sondern auch um die russische Gesellschaft, um unser Land: Der Tod von schlecht ausgebildeten Rekruten an der Front, der materielle Druck auf die Familien der Mobilisierten (die Notwendigkeit, Uniformen zu kaufen), die Massenflucht junger Menschen ins Ausland – all das schadet Russland."

Außerdem forderten rund 1500 Mütter von behinderten Kindern und Mütter mit mindestens drei Kindern, dass Putin das Gesetz über die Mobilisierung ändere und ihre Männer von einer Einberufung ausnehme. "Schon ein einziges behindertes Kind in der Familie ist für die Eltern ein echtes Schlachtfeld. Täglich und stündlich! Männer, die ihre Ehefrau nicht mit einem solchen Kind allein lassen, sind bereits Helden und leisten unermüdlich ihren persönlichen Dienst."

Laut dem "Institut for the Study of War" handelt es sich bei der wachsenden Kritik an der Mobilisierung um ein Phänomen, das das Zeug habe, eine organisierte Bewegung im Internet zu entfachen. Die wachsende Kritik am Verlauf der Mobilisierung beschäftige gleichermaßen Kriegsgegner und die Szene russischer Militärblogger, die den Krieg gegen die Ukraine eigentlich unterstützen, schreibt das Institut. Am 21. September hatte Putin angekündigt, dass rund 300.000 Menschen mobilisiert würden. Seitdem ist die Sorge unter Russen massiv gewachsen. Rekruten veröffentlichen Videos, in denen sie sich über die mangelhafte Ausrüstung bei der Armee beschweren, auch gibt es Kritik an der Kriegsführung. Hunderttausende Russen haben bereits das Land verlassen, um nicht in der Ukraine kämpfen zu müssen.

ntv.de/phö