Koalitions-Krise in Schleswig-Holstein Die Auswege aus der Kieler Misere

Ministerpräsident Peter Harry Carstensen will nur eins: Raus aus der ungeliebten Koalition mit Ralf Stegners Sozialdemokraten - und zwar sofort. Dumm nur, dass die SPD sich gegen eine Auflösung des Landtags sperrt. Wie Carstensen sein Ziel dennoch erreichen könnte.

Für die CDU in Schleswig-Holstein steht das Ende der Koalition mit der SPD endgültig fest. Es gebe keine Möglichkeit mehr, die Zusammenarbeit fortzusetzen, sagte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) am Donnerstag. Er machte erneut SPD-Landes- und Fraktionschef Ralf Stegner für das Scheitern verantwortlich. Der Landtag beschloss am Vormittag einstimmig, an diesem Freitag über eine Auflösung des Parlaments zu entscheiden. Die Abgeordneten folgten damit einem Vorstoß der CDU, dem sich die komplette Opposition aus FDP, Grünen und Südschleswigschem Wählerverband (SSW) anschloss.

Damit ist die erste Hürde für Carstensen genommen. Doch wie geht es jetzt im Kieler Landtag weiter?

FDP steht bereit

Carstensens Ziel sind sofortige Neuwahlen. Die CDU strebt dann im nördlichsten Bundesland eine Regierung mit der aufstrebenden FDP an. Doch Stegner erklärte, dass die SPD den Antrag ablehnen wird - und zwar geschlossen. Damit würde die für die Auflösung des Parlaments erforderliche Zweidrittel-Mehrheit verfehlt. Diese ist mit 46 Stimmen erreicht. Die CDU hat im Kieler Landtag 30 Stimmen, die SPD 29, Grüne und FDP je 4 sowie der SSW 2.

Carstensen hätte in diesem Fall aber noch zwei weitere Möglichkeiten, die Koalition mit der SPD zu lösen. Denkbar ist, dass er die vier SPD-Minister aus dem achtköpfigen Kabinett entlässt und mit einer Minderheitsregierung bis zu den regulären Landtagswahlen am 9. Mai 2010 weitermacht. Diese Entscheidung ist nicht sehr abwegig, da mit der Verabschiedung eines Nachtragshaushalts die möglicherweise letzte unbedingt erforderliche Entscheidung in dieser Wahlperiode gefallen ist.

Außerdem bliebe noch der Umweg über eine verlorene Vertrauensfrage. Dafür bräuchte Carstensen eine einfache Mehrheit gegen sich. Die Opposition aus Grünen, FDP und SSW kündigte ihre Unterstützung bereits geschlossen an. " Wir wollen jetzt reinen Tisch. Wenn die SPD einer Auflösung nicht zustimmt, muss Carstensen die Vertrauensfrage stellen", sagte Grünen-Fraktionsvorsitzender Karl-Martin Hentschel. Würde die SPD aber für Carstensen stimmen, wäre dieser auf Gegenstimmen aus den eigenen Reihen angewiesen. Keine wirklich rühmliche Lösung.

Rein theoretisch könnte die SPD auch an einer neuen Regierungskoalition mit den Grünen und der SSW schmieden und Carstensen über ein

Misstrauensvotum

stürzen. Doch beide Parteien winkten frühzeitig ab. Allen Beteiligten ist noch das Desaster um die gescheiterte Wahl von Heide Simonis (SPD) zur Regierungschefin 2005 in Erinnerung.

Die Zeit drängt auf jeden Fall für Carstensen. Wenn die Neuwahlen parallel zur Bundestagswahl am 27. September stattfinden sollen, muss das Parlament in Schleswig-Holstein spätestens zum 20. Juli aufgelöst werden, um die vorgegebene 70-Tage-Frist für die Abhaltung von Neuwahlen einzuhalten.

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mre/DPA