Vor Gruppenauslosung zur Euro 2024 Philipp Lahm kritisiert Nagelsmanns Aufstellungen – und hat eine Forderung

DFB-Turnierdirektor Philipp Lahm nimmt die DFB-Elf und Bundestrainer Julian Nagelsmann in die Pflicht
DFB-Turnierdirektor Philipp Lahm nimmt die DFB-Elf und Bundestrainer Julian Nagelsmann in die Pflicht
© Arne Dedert / DPA
Philipp Lahm sorgt sich um seine EM. Der Turnierdirektor weiß: Spielt Deutschland schlecht, wird es nichts mit einem neuen Sommermärchen. Auch der Bundestrainer bekommt deshalb einen klaren Ratschlag.

Exakt vor einem Jahr lag die deutsche Nationalmannschaft – mal wieder – am Boden. Sie hatte zwar das letzte Gruppenspiel bei der Weltmeisterschaft in Katar mit 4:2 gegen Costa Rica gewonnen, doch es reichte nicht für das Erreichen des Achtelfinales. Japan hatte gleichzeitig Spanien geschlagen, das wie Deutschland auf vier Punkte in der Endabrechnung kam. Leider hatten die Spanier in ihrem ersten Spiel gegen Costa Rica sieben Tore (!) geschossen und gewannen so den direkten Torvergleich gegen die DFB-Elf. Der Traum von WM-Titel oder zumindest von einem halbwegs erfolgreichen Turnier war zerplatzt und der deutsche Fußball um eine schmerzende Pleite reicher.

Jetzt steht die Europameisterschaft im nächsten Jahr im eigenen Land an. Und je näher das Turnier rückt, desto größer werden die Sorgen rund um die Nationalelf. Neu-Bundestrainer Julian Nagelsmann hat bislang kein Rezept gefunden, die deutsche Elf als Nachfolger des entlassenen Hansi Flick wieder sichtbar in die Spur zu bringen. Das ist vielleicht nach vier Spielen zu viel verlangt, aber die Nervosität steigt. Das lässt sich daran ablesen, das Turnierdirektor Philipp Lahm sich kurz vor der EM-Gruppenauslosung in der Hamburger Elbphilharmonie am Samstag zu einer deutlichen Kritik an Nagelsmann hinreißen ließ. Lahm sieht als Verantwortlicher für das Großereignis seine Arbeit in Gefahr. Der Weltmeister von 2014 will ein zweites Sommermärchen erschaffen – dafür braucht er eine deutsche Mannschaft, die nicht schon wieder kläglich in der Vorrunde scheitert oder im Achtelfinale, wie bei der vergangenen EM.

Philipp Lahm macht sich offenbar Sorgen um die DFB-Elf

In "Players – Der Sportpodcast" des Deutschlandfunks machte Lahm unter anderem deutlich, was er von den jüngsten Personal-Experimenten Nagelsmanns hält: nämlich gar nichts. "Was zeichnet eine Mannschaft eigentlich aus? Was muss der Zusammenhalt sein, dass man erfolgreich Fußball spielt? Das wünsche ich mir von der jetzigen Mannschaft auch, vom Trainer, dass er die Spieler auf die richtigen Positionen stellt, wo sie Erfahrung haben", sagte er.

Ohne Namen zu nennen, spielte Lahm damit auf die taktische Maßnahme von Nagelsmann an, der in den vergangenen EM-Testspielen der Fußball-Nationalmannschaft Kai Havertz auf der für ihn ungewohnten Postion des linken Außenverteidigers aufgeboten hatte. Auch wenn der Arsenal-Profi dort sehr offensiv ausgerichtet agierte und insgesamt ordentlich spielte, geriet das taktische Gefüge der DFB-Auswahl vor allem beim 2:3 gegen die Türkei mehrfach in Unordnung. Beim folgenden 0:2 gegen Österreich hielt Nagelsmann ohne Erfolg an seiner Maßnahme fest.

Lahm fordert eine andere Mentalität im Team. Die Spieler müssten wissen, "für was machen sie das eigentlich, für was spiele ich eigentlich, für wen spiele ich eigentlich in der Nationalmannschaft", sagte Lahm. Beispiel sei für ihn die Heim-WM 2006 als nur drei Monate vor dem Anpfiff nach einem 1:4 in Italien die Stimmung ebenfalls prekär war, sich das Team dann aber beim Turnier enorm steigerte.

Philipp Lahm: 2006 haben wir unsere Schlüsse gezogen

"Wir haben 2006 die Schlüsse daraus gezogen. Jeder hat sich auf das Wesentliche konzentriert, auf seine Rolle in der Mannschaft und hat sich in den Dienst der Mannschaft gestellt. Ich glaube, das war ein großer Schlüssel zum Erfolg, dass jeder wusste, diese Chance kommt nur einmal im Leben", erinnerte Lahm an das Sommermärchen 2006. 

Eine andere Parallele werde es zur Heim-WM aber nicht geben, versicherte der Ehrenspielführer. Im Gegensatz zum damaligen Turnier werde es diesmal keine Skandale um mögliche Korruption und Verfehlungen von Funktionären geben. "Das kann ich an sich versprechen. Alles war transparent und offen, deswegen kann ich für mich und meine Organisation sozusagen die Hand ins Feuer legen", versprach Lahm.

Am Samstag (18.00 Uhr/ZDF, RTL und MagentaTV) werden in Hamburg die EM-Gruppen ausgelost. Deutschland ist als Gastgeber in der Gruppe A an der ersten Position gesetzt. Mögliche schwere Gegner sind Italien, die Niederlande, aber auch wieder Österreich und die Türkei.

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