Acht Monate schon dauert der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine an. Zletzt ließ Kreml-Chef Wladimir Putin wieder häufiger Wohngegenden beschießen und drohte mit dem Einsatz von Atomwaffen. Anne Will diskutierte mit ihren Gästen am Sonntagabend die Frage: Raketen auf zivile Ziele – Ist Putin noch zu stoppen?
Wer hat diskutiert
- Martin Schulz (SPD), Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung
- Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungsausschusses
- Marina Weisband, deutsch-ukrainische Publizistin
- Sarah Pagung, Russland-Expertin "Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik"
- Wiktor Jerofejew, Schriftsteller aus Russland
Putin will nicht zu den Verlierern gehören
Besonders im Gedächtnis blieben die deutlichen Worte des russischen Schriftstellers Wiktor Jerofejew. Erst im Frühjahr 2022 war der aus Russland nach Deutschland emigriert. Wie Will bei seiner Vorstellung erwähnte, hat er Putin in der Vergangenheit bereits mehrfach persönlich getroffen.
Seine Einschätzung: Der russische Präsident ist "ein Mensch des Krieges", der alles dafür tun wird, nicht als Verlierer dazustehen. "Putin ist ein Hinterhofschläger – ein Gopnik", so Jerofejew. In der Vergangenheit habe er seine Kompromiss- und Gnadenlosigkeit im Hinterhof gezeigt – jetzt eben gegen das Nachbarland Ukraine.
"Putin ist kein schlauer Mann, sondern ein einfacher Bengel, der durch Zufall an die Macht gekommen ist", erklärte der gebürtige Moskauer. Und fügte hinzu: "Alle haben Angst vor einem Messer."
Bengel oder gewiefter KBG-Mann?
Ob er glaube, dass Putin in der Lage sei, auch seine nuklearen Waffen einzusetzen, wollte Will wissen. Jerofejews drastische Antwort: "Er ist bereit, die Welt zu zerstören – mit sich zusammen."
Der russische Staat sei aus seiner Sicht nur noch ein "Körper im Leichenschauhaus". Die Menschen liefen deswegen wie Ameisen weg. Das Putin-System leide an einem Todesschmerz, der sich darin äußere, dass Putin verzweifelt immer mehr Streitkräfte mobil mache.
Von der Motte zu Putin, dem Ewigen – der blutige Weg des Kreml-Herrn in Bildern
Widerspruch kam von SPD-Politiker Martin Schulz. Er erlebe Russland "als sehr lebendig", so der Vorsitzende der Friedrich-Ebert-Stiftung. In Putin erkenne er anstatt des Schlägers viel eher den KGB-Mann, der im Täuschen und Ausreizen von Optionen geschult sei. So sei auch das Drohen mit Atomwaffen eher als Täuschung zu werten.
Gefährlich werde es aus Schulz‘ Sicht dann, wenn das Zitat des britischen Schriftstellers George Bernard Shaw auf Putin zutreffe: "Hüte dich vor alten Männern, denen ist die Zukunft egal."