Syrien und sein enger Verbündeter Russland machen Israels Luftwaffe für einen schweren Raketenangriff auf einen syrischen Militärflugplatz verantwortlich. Bei der Bombardierung wurden mindestens 14 Angehörige der Armee und verbündeter Milizen getötet, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete. Der Angriff erfolgte nur zwei Tage nach einem mutmaßlichen Giftgasangriff der syrischen Regierung auf das letzte verbliebene Rebellengebiet in der umkämpften Region Ost-Ghuta.
Zwei israelische F-15 sollen angegriffen haben
Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte, zwei israelische Kampfjets vom Typ F-15 hätten vom Libanon aus acht Raketen auf den Flugplatz T4 nahe der Stadt Homs abgefeuert. Augenzeugen berichteten im syrischen Fernsehen von Explosionen in der Gegend. Bewohner im Libanon hörten nahe der Grenze zu Syrien das Dröhnen von Jets. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete, die Luftabwehr des Landes haben den israelischen Raketenangriff abgewehrt.
Nach Angaben der Menschenrechtsbeobachter sind unter den Todesopfern auch Iraner. Der schiitische Iran unterstützt Syriens Regierung im Bürgerkrieg. Wie bereits in früheren Fällen wollte sich die israelische Armee nicht zu den Vorwürfen äußern.
Israel hat bereits mehrfach Ziele im benachbarten Bürgerkriegsland bombardiert. Die Angriffe richten sich nach Meinung von Beobachtern vor allem gegen die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah, einen engen Verbündeten der syrischen Armee. Die bewaffnete Gruppe wird vom schiitischen Iran finanziert und gilt als dessen verlängerter Arm. Israel will verhindern, dass sich die Miliz weiter aufrüstet.
Nutzen Iraner und Russen den Flugplatz?
Schon vor zwei Monaten hatte Israels Luftwaffe den Flugplatz T4 bombardiert, nachdem von dort eine iranische Drohne gestartet war, die später in israelisches Hoheitsgebiet eingedrungen sein soll. Der strategisch wichtige Flugplatz in der zentralsyrischen Wüste ist die größte Luftwaffenbasis Syriens. Westliche Militärexperten gehen davon aus, dass ihn auch iranische Milzen und russische Soldaten nutzen.
Im September hatte Israel nach Einschätzung von Experten zudem eine Einrichtung der syrischen Armee beschossen, in der Chemiewaffen hergestellt werden sollen. Unklar ist, ob die Bombardierung mit dem mutmaßlichen Giftgasangriff der syrischen Armee zwei Tage zuvor auf die von Rebellen kontrollierte Stadt Duma in Ost-Ghuta zusammenhängt. Dabei sollen mehr als 150 Menschen getötet und mehr als 1000 verletzt worden sein.
Der mutmaßliche Giftgaseinsatz setzt den Westen unter Druck. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron hatte mit "gezielten Schlägen" gegen die syrische Regierung gedroht, sollte ein tödlicher Einsatz von Chemiewaffen unwiderlegbar bewiesen sein. Das sei eine rote Linie, sagte Macron. Auch US-Präsident Donald Trump drohte dem syrischen Machthaber Baschar al Assad. Am Wochenende twitterte er, das "Tier Assad" werde einen hohen Preis zahlen.
"Symbolischer" US-Angriff vor einem Jahr
Nach dem Angriff auf Duma verständigten sich Trump und Macron darauf, die syrische Führung zur Verantwortung zu ziehen. Das Weiße Haus sprach von einer "starken, gemeinsamen Reaktion". Das löste in den USA Spekulationen aus, Trump könne erneut einen Angriff auf das syrische Militär befehlen. Washington und Paris aber dementierten jede Beteiligung an der Bombardierung.
Bereits vor einem Jahr hatte die US-Armee die syrische Luftwaffenbasis Schairat beschossen - als Reaktion auf den verheerenden Giftgasangriff mit Dutzenden Toten auf die Stadt Chan Scheichun, für den UN-Experten ebenfalls die Assad-Regierung verantwortlich machten. Das Eingreifen der USA galt aber weitgehend als symbolisch. Denkbar ist, dass die US-Regierung erneut einen ähnlichen Schritt unternimmt, um ein Signal an Assad zu senden, ohne aber eine tiefere Verstrickung in den Bürgerkrieg zu suchen. Denn eigentlich will Trump das US-Engagment in Syrien beenden.
Auch die Bundesregierung vermutet Syriens Armee hinter dem mutmaßlichen Chemiewaffeneinsatz. Die Umstände deuteten auf "die Verantwortlichkeit des Assad-Regimes" hin, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert und betonte: Ein so schwerwiegender Verstoß gegen das Völkerrecht "darf nicht ungesühnt bleiben".
Russland: Keine Spuren von Chlorgas
Russlands Außenminister Sergej Lawrow bezeichnete Berichte über einen syrischen Angriff mit Chemiewaffen hingegen als Provokation. Russische Militärspezialisten seien vor Ort gewesen und hätten keinerlei Spuren von Chlorgas gefunden. Vorwürfe des Westens, Russland decke den syrischen Einsatz von Chemiewaffen gegen Zivilisten, bezeichnete der Minister als antirussische Kampagne.
Die Organisation für ein Verbot von Chemiewaffen (OPCW) untersucht den Vorwurf des Einsatzes von Chemiewaffen in Duma. Die Expertengruppe zu Syrien sei dabei, weitere Informationen über die eingesetzten Stoffe zu sammeln, teilte die Organisation in Den Haag mit. Der UN-Sicherheitsrat wollte sich am Montag ebenfalls mit dem mutmaßlichen Chemiewaffenangriff auf Duma befassen.