Nun auch die Baseballer. Bruce Maxwell, Catcher der Oakland Athletics, Kappe in der Hand, kniet auf dem linken Bein. Nach den Spielern aus der Football-Liga, den Herren- wie Damen-Basketballern hat der Protest gegen Donald Trum nun auch die dritte große Sportart der USA erreicht: die MLB. Weshalb die Frage gestattet sein muss: Tut sich der US-Präsident mit seinen ausfälligen Bemerkungen über Sportler, die bei der Nationalhymne nicht stehen, einen Gefallen?
Startschuss für den Protest liegt ein Jahr zurück
Begonnen hatte das ganze Theater vor knapp einen Jahr, als Colin Kaepernick, Quarterback des Football-Teams San Francisco 49ers, ein Zeichen gegen Polizeigewalt setzen wollte und beim Abspielen der Nationalhymne niederkniete, statt zu stehen. Andere Football-Spieler schlossen sich ihm an. Kaepernick ist mittlerweile vereinslos. Aber mit dem Start in die neue Saison im September verschwand die Protestgeste nicht, im Gegenteil. Das brachte Trump nun auf die Zinnen.
Vor einigen rief er bei einer Rede in Alabama der jubelnden Menge entgegen, dass Knien während der Nationalhymne eine "totale Respektlosigkeit gegenüber unserer Tradition" sei. "Es ist eine totale Respektlosigkeit gegenüber allem, für das wir stehen." Und dann, deutlich unpräsidialer: "Würdet ihr es nicht liebend gerne sehen, dass ein NFL-Teambesitzer sagen würde, 'Nehmt den Hurensohn vom Feld. Weg damit! Er ist gefeuert', wenn jemand die Flagge nicht respektiert?" Mit diesen Äußerungen war der Grundton gesetzt und die Reaktionen fielen entsprechend deutlich aus - über den Football hinaus.
LeBron James: Donald Trump ist ein "Penner"
Der Basketball-Star LeBron James etwa, der Trump wegen dessen Reaktion auf die rassistischen Unruhen in Charlottesville kritisiert hatte, bezeichnete den Präsidenten auf Twitter kurzerhand als "Penner". Und fügte hinzu, dass der "Besuch im Weißen Haus eine Ehre war, bis Du aufgetaucht bist". Mit der letzten Bemerkung spielte er auf einen Nebenkriegsschauplatz an, den Trump in seinem Rant auch noch mit eröffnet hatte: die Ausladung des NBA-Champions Golden State Warriors. Traditionell empfängt der US-Präsident die nationalen Meister im Weißen Haus aus, doch einige Stars des Basketball-Teams, unter anderem Stephen Curry und Kevin Durant, hatten ganz offen ihre Unlust an dem Termin geäußert. Trumps Reaktion (natürlich via Twitter): "Ein Besuch im Weißen Haus gilt als große Ehre für das Meisterschaftsteam. Stephen Curry zögert, deswegen wird die Einladung zurückgezogen."
Und so hat Donald Trump in seiner unnachahmlichen Art innerhalb kürzester Zeit ein Fass aufgemacht, dessen Inhalt unschöne Flecken hinterlassen könnte. Denn Helden wie LeBron James, Stephen Curry und Kevin Durant, gelten in den sportverrückten USA als sakrosant, ihr Leben und ihre Spiele werden mit einer in Deutschland kaum nachvollziehbaren Innigkeit begleitet. Wer sich mit den Stars der großen Ligen NBA und NFL anlegt, läuft Gefahr, sich sehr schnell, sehr unbeliebt zu machen. Vor allem in den Kreisen, die Donald Trump eigentlich sehr zugetan sind. Zumal sich der ursprüngliche Anlass (Polizeigewalt) und das Ziel (gegen Rassismus) der Knie-Proteste längst entkoppelt haben. Mehr und mehr geht es um die Politik des US-Präsidenten, beziehungsweise um seine Person.
200 NFL-Spieler solidarisierten sich
Am Wochenende zum Beispiel hatten sich fast 200 NFL-Spieler der symbolischen Kritik angeschlossen: sie knieten während der Hymne oder blieben gleich sitzen. So auch beim Gastspiel von Baltimore Ravens und Jacksonville Jaguars im Londoner Wembley-Stadion. In der Heimat umarmten sich die Spieler einiger Teams am Spielfeldrand oder hielten sich an den Händen. Auch drei NFL-Teambesitzer schlossen sich an. Bei der Partie zwischen den Tennessee Titans und den Seattle Seahawks weigerten sich beide Mannschaften, vor dem Ende der Nationalhymne das Spielfeld zu betreten, die Pittsburgh Steelers blieben sogar gleich ganz in der Umkleide. Die Geste des Widerstands ist auch schon über den Spielfeldrand geschwappt: Bei seinem Konzert in Charlottesville kniete der Musiker Pharrell Williams auf der Bühne, einen Tag zuvor hatte bereits Soullegende Stevie Wonder bei einem Auftritt in New York mit einer ähnlichen Geste "für unseren Planeten, unsere Zukunft, unsere Oberhäupter und unseren Globus" gebetet.
Längst ist aus der Kritik an den ethischen Problemen in den USA auch noch eine Debatte über die Meinungsfreiheit geworden. Das Grundrecht gilt den allermeisten Amerikanern als höchstes aller Güter. Am Sonntag legte Trump nach und gab eine Art Richtschnur für gutes und schlechtes Verhalten beim Abspielen der Nationalhymne aus: Unterhaken sei Ok, Knien nicht. Der Umstand, dass der Präsident nun den Menschen vorschreiben will, wie sie in welcher Form sie sich zu äußern haben, stößt auf Unmut, nicht nur in ohnehin Trump-kritischen Kreisen. Robert Kraft, Besitzer der New England Patriots, kritisierte seinen guten Freund. "Tief enttäuscht" sei er von dessen Äußerungen. Der Eigentümer der Jacksonville Jaguars, Shad Khan, der Trump im Wahlkampf unterstützt hatte, hakte sich während des "Star-Spangled Banner" mit seinen Spielern ein. Er ist Muslim und der einzige nicht-weiße NFL-Klub-Inhaber.
"Jedes Mal, wenn er den Mund aufmacht...."
Über die letzten Tage haben sich auch andere prominente Sportler und Funktionäre gegen ihr Staatsoberhaupt gewandt. Mal mit grundlegender Kritik wie Michael Jordan, mittlerweile Besitzer der Charlotte Hornets: "Eines unserer grundlegenden Rechte, auf das dieses Land gegründet ist, war die Freiheit der Sprache, und wir haben eine lange Tradition des gewaltfreien, friedlichen Protests." Mal mit harscheren Tönen: New Orleans Saints Trainer Sean Payton sagte: "Ich will, dass dieser Kerl einer der klügeren Menschen im Raum ist, und es scheint, wie jedes Mal, wenn er seinen Mund aufmacht, ist es etwas, das unser Land teilt und nicht zusammenführt."
Möglicherweise hat sich Donald Trump diesmal mit den Falschen angelegt - just zu dem Zeitpunkt, als er harte Kante gegen Nordkorea und den Iran gezeigt hat und sich die Zustimmungsraten zu seiner Politik verbessert hatten. Doch der Rundumschlag gegen nationale Denkmäler wie NFL- und NBA-Stars könnte auch diejenigen Trump-Fans ins Grübeln bringen, die bislang jeden seiner umstrittenen Aussagen begrüßt haben. Dem Präsidenten selbst scheint es gleich zu sein. Er verteidigte seine Aussagen. Seine Angriffe hätten nichts "mit Rassen oder irgendetwas anderem zu tun", twitterte er. "Das hat etwas mit Respekt für unser Land zu tun und mit Respekt für unsere Fahne."
Was treibt Trump um?
Es darf also wieder spekuliert werden: Warum zur Hölle …? Ist er gelangweilt oder überfordert vom komplexen wie frustrierenden Regierungsalltag? Treibt ihn einfach nur einer seiner vielen Launen um? Oder bricht er einen Streit vom Zaun, um seine zuletzt etwas enttäuschte Basis wieder aufzuputschen? Die Antwort auf diese Fragen, die sich Amerika seit ein paar Tagen stellt, lautet vermutlich und wie so oft: So ist eben Donald Trump. Oder in den Worten der US-Seite "The Daily Beast": "Murmeltiertag. Schon wieder."